Nackt schlafen ist bio
jeweils etwa zwölf. Kaum etwas, das hier steht, ist teurer als 50 Dollar. Dann brauche ich nur noch ein paar Meter Stoff, einen tüchtigen Polsterer und ein paar Wochen Geduld, und schon habe ich brandneue Polstermöbel fürs Wohnzimmer, die eigentlich gar nicht brandneu sind.
Später, wieder zu Hause, blätterte ich auf der Suche nach einem Polsterer das Branchentelefonbuch durch. Da ich keine Ahnung hatte, welche Firma ich anrufen sollte, tat ich das, was die meisten Menschen in einer solchen Lage tun, und rief den ersten auf der Liste an: Akram Upholstery Ltd.
Akram, oder Mohammad, wie er mit Vornamen hieß, entpuppte sich als ein lustiger Handwerker Ende fünfzig, der seit Jahrzehnten in diesem Beruf arbeitete, mit einer Werkstatt in einem heruntergekommenen Schindelhaus in der trostlosen Dufferin Street.
Kaum hatte er abgenommen, wusste ich, dass ich ein echtes Original an der Strippe hatte.
»Van-ess-aaa, Van-ess-aaa«, gurrte er etwa eine halbe Minute nach Gesprächsbeginn, ich hatte ihm gerade die Sessel beschrieben und um einen ungefähren Kostenvoranschlag gebeten. »Sie wissen, dass ich Ihnen gute Preis mache. Und wissen Sie, warum ich Ihnen gute Preis mache?«
Nein, erwiderte ich, das wisse ich nicht.
»Weil Sie schön sind, Van-ess-aaa.«
Oh Himmel. Das konnte ja heiter werden.
»Woher wollen Sie wissen, dass ich schön bin?«, fragte ich. »Sie haben mich doch noch gar nicht gesehen.«
»Das weiß ich. Wegen dem Klang Ihrer Stimme.«
Dann bat mich Mohammad noch einmal, die Sessel zu beschreiben, und überschlug, wie viel Stoff ich brauchen würde. Er fragte, wann sie fertig sein müssten, und ich erwiderte, es habe keine Eile und reiche auch noch nach Weihnachten.
»Oh, Van-ess-aaa, das ist wundervoll, das ist wundervoll!«, rief er aus. »Denn wissen Sie, ich habe andere Projekte und bin sehr beschäftigt gerade jetzt. Aber für Sie … für Sie ich mache Überstunden.«
»Nein, nein«, sagte ich, »wirklich, das brauchen Sie nicht. Bitte, machen Sie meinetwegen keine Überstunden. Ich habe ein Sofa. Das ist prima. Und die Sessel brauche ich sowieso erst im Februar, also lassen Sie sich ruhig Zeit.«
»Oh, Sie sind so reizend, so reizend!«, rief Mohammad. »Diese Sessel, sie werden aussehen so wunderschön. Nicht so schön wie Sie selbstverständlich, aber sehr wunderschön.«
Ich fühlte mich allmählich genötigt, tatsächlich wunderschön auszusehen – und zwar noch weitaus schöner als der Stoff, den ich für diese Sessel erstehen würde. Was hieß, dass ich entweder einen todlangweiligen Stoff kaufen musste oder keinesfalls vergessen durfte, Lippen- und Augen-Make-up aufzufrischen, bevor ich bei Mohammad aufkreuzte.
Als ich ihm gerade danken und die Sache fixmachen wollte, fragte er mich, warum ich mich entschlossen hätte, alte Sessel neu beziehen zu lassen, statt neue zu kaufen. Da ich keine Lust hatte, ihm mein einjähriges Öko-Abenteuer zu erklären – inzwischen konnte ich das zwar in weniger als 30 Sekunden herunterrattern, aber das würde unweigerlich wieder ein 20-minütiges Frage-und-Antwort-Spiel nach sich ziehen –, erklärte ich nur, dass ich umweltfreundlich handeln wolle.
Ich hatte ja keine Ahnung, dass Mohammad sich ebenfalls ein bisschen als Umweltschützer betrachtete und das sogar auf seine Visitenkarten druckte, auf denen, wie er mir erzählte, in grünen Großbuchstaben stand: »Ihre Möbel restaurieren und damit Bäume retten – das ist unser Anliegen«. Links davon sei ein Baum und rechts ein Lehnsessel abgebildet. Dann gab er mir noch einen gründlichen Überblick darüber, was an seiner Arbeitsweise alles umweltfreundlich sei.
Er war wirklich süß. Aber der Anruf wurde nach Minuten berechnet, ich musste endlich auflegen. Fiel mir nicht ein umweltfreundlicher Grund dafür ein? Letztlich nahm ich doch Zuflucht zu der unfehlbaren Standardausrede.
»Mein Akku ist gleich leer, Mohammad«, sagte ich. »Sie können mir das alles nächste Woche erklären, wenn ich die Sessel vorbeibringe – tschüss!«
29. NOVEMBER , 274. TAG
Schuhe mit Kokosöl putzen
Sowohl aus Neugier als auch um des Kicks willen bin ich schwer versucht, an meinen Schuhen zu lecken, weil ich zu gern wüsste, ob sie nach Piña Colada schmecken. Selbst wenn nicht, schmecken sie zumindest garantiert besser als Terpentin, Ethylenglykol, Lanolin, Gummi arabicum, Wachs und Naphtha – eine leicht entzündliche Mixtur von überwiegend aus Erdöl und Kohlenteer gewonnenen
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