Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
Vom Netzwerk:
dagegen, dass mein Verhalten streng genommen gar nicht heuchlerisch sei, weil ich den Leuten ja nicht predigte, sie sollten nicht fliegen, sondern sie lediglich aufforderte, ihre eigenen Kopfhörer ins Flugzeug mitzunehmen. Aber alle Schönrednerei ändert nichts an der Tatsache, dass die Heuchelei nun einmal da ist, omnipräsent und unvermeidlich, und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass sie in geringer Dosis durchaus gesund ist.
    Wenn ich demnächst in einen Magnolia-Cupcake beiße, werde ich zweifellos nicht nur Zucker und Glasur zu schmecken bekommen, sondern auch Monokultur und Schuldbewusstsein. Aber wunderlicherweise kann auch das süß schmecken. So wichtig es ist, bei meinem Öko-Vorhaben vorwärts- und weiterzukommen, ab und zu muss ich mich auch mal gehen lassen. Das entspricht mehr der Haltung Que sera sera als Carpe diem, aber auf lange Sicht ist es meiner Meinung nach zukunftsträchtiger.
    Womit ich wieder bei den Flugzeugtoiletten wäre.
    Dass die Menschen auch künftig fliegen werden – und ich ebenfalls –, ist unvermeidlich, daher habe ich mich für eine weitere kleine, aber trotzdem nicht unwesentliche Neuerung entschieden (neben dem Bestellen eines vegetarischen Essens, dem Reisen mit leichtem Gepäck und dem Mitbringen eigener Kopfhörer), nämlich zu pinkeln, ehe ich das Flugzeug besteige.
    Vor kurzem machte ein Artikel auf Treehugger darauf aufmerksam, dass diese Flugzeugtoiletten zwar äußerst wassersparend sind und hauptsächlich auf Sogwirkung basieren, die für jeden Spülvorgang erforderliche Energie jedoch eine Emission von mehr als sechs Kilogramm Kohlendioxid bedeutet, was etwa 10 Kilometern Fahrt mit einem durchschnittlichen Auto entspricht. Und wenn, rein theoretisch betrachtet, jeder Passagier mit voller Blase losfliegt, ist zudem eine höhere Schubkraft, also mehr Treibstoff, erforderlich.
    In Anbetracht dieser Fakten halte ich mich gerne an die Vorschrift, wonach man keine Flüssigkeiten mit an Bord nehmen darf.
    26. DEZEMBER , 301. TAG
    Ein Kurbelradio benutzen
    »Burn out the day! Burn out the night! I can’t s…
    … to put up a fight. I’m livin’ for …«
    Ich hatte viel Spaß mit meinem Kurbelradio, einem der ökologisch sinnvollen Geschenke, die mir meine Mutter zu Weihnachten gekauft hatte. Bis ich zum Flughafen losmusste, blieb mir etwas Zeit, also beschloss ich, noch ein bisschen bei meinen Eltern abzuhängen. Der Classic-Rock-Sender spielte gerade einen meiner alten Lieblingssongs, I’m Burnin’ For You von Blue Öyster Cult, und ich war noch nicht dazu gekommen, die Batterie aufzuladen, was hieß, dass nur Musik ertönte, solange ich die Kurbel drehte. Was mir wiederum das Gefühl gab, als sei ich die Herrin über die Radiowellen.
    »Himmel, das ist ja, als ob man einem Kind ein Spielzeug schenkt und nicht bedenkt, wie viel Lärm es damit machen kann«, murrte meine Mutter. »Kaum zu glauben, dass ich auf meine alten Tage noch immer nicht schlauer geworden bin.«
    Das Radio war, ebenso wie meine anderen Geschenke, in Zeitungspapier eingewickelt gewesen, um meinem Vorsatz gerecht zu werden, wonach kein neues Geschenkpapier gekauft werden soll. Meine Eltern hatten sogar bei jedem meiner Geschenke darauf geachtet, dass es meinen grünen Standards entsprach: alte Rührschüsseln aus Pyrex-Glas, eine antike Kaffeedose und ein klassischer Eisportionierer, Bambussocken, Lidschatten auf mineralischer Basis und natürliches Rouge, Bienenwachskerzen, fair gehandelter Kakao; außerdem hatten sie für unser Weihnachtsessen einen Truthahn aus Freilandhaltung, biologisch angebautes Wurzelgemüse und Blattgemüse vom Bauernmarkt gekauft und einen Apfelstreuselkuchen gebacken. Die einzige Regel, die ich an diesem Tag missachtet habe, ist die, mit der ich am häufigsten Probleme habe, nämlich nur alkoholische Getränke aus regionaler Produktion zu konsumieren – ich war meinen Eltern und meiner Schwester nur zu gern dabei behilflich, eine Flasche Veuve Clicquot Rosé zu leeren, was ich, ehrlich gesagt, nicht gerade bedauert habe.
    Natürlich gehört nicht viel dazu, sich beschenken zu lassen. Die Herausforderung war es in diesem Jahr, für meine Familie Geschenke zu besorgen, die in irgendeiner Form ökologisch korrekt waren und die ihnen trotzdem Freude machten. So konnte ich meinem Vater schlecht Wein im Karton aus Ontario, meiner Mutter ein T-Shirt aus Hanf und meiner Schwester einen wiederverwendbaren Kaffeethermobecher schenken. Das

Weitere Kostenlose Bücher