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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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konventionellen Frischkäse.«
    »Ähm«, versuchte ich verlegen zu erklären, »wenn ich im Urlaub bin, nehme ich es mit den Regeln nicht so genau.«
    Ihn schien das nicht zu stören.
    Als wir am Fenster Platz genommen hatten, packte ich mein als Serviette fungierendes Taschentuch aus und machte eine Bemerkung darüber, wie normal Colin aussehe und dass er erstaunlicherweise keine Wolke stechender Kompostgerüche hinter sich herziehe. Er bekannte, er habe sich zum ersten Mal seit geraumer Zeit wieder Klamotten gekauft und wegen einer anhaltenden Fruchtfliegenplage seinen Komposter hinausgeschmissen. Dann erwiderte er das Kompliment, indem er mir ebenfalls eine unauffällige Erscheinung und das Fehlen von Körpergeruch bescheinigte (so skurril können Höflichkeitsfloskeln unter Berichterstattern von der Öko-Front klingen).
    Das anschließende Gespräch drehte sich hauptsächlich darum, was wir in unserer grünen Zeit gelernt hatten – sei es, dass das Bloggen unglaublich viel Zeit verschlang oder dass immer alle, die zu uns nach Hause kamen, enttäuscht waren, weil es nicht wie in einer armseligen Hippie-Bruchbude aussah, abgesehen von gelegentlichem altbackenen Brot auf dem Küchentresen oder ein paar herumliegenden Naturprodukten.
    Colin war unterwegs zu einer Besprechung, also dehnten wir unser Treffen nicht lange aus. Nachdem er angeboten hatte, mich über den Markt zu begleiten und mir den Weg zum Strand Bookstore zu zeigen, zahlten wir und zogen los. Er fragte mich, ob ich wüsste, wo man nachhaltig gefertigte Laufschuhe finden könne; doch da uns nur noch ein paar Minuten blieben, wollte ich noch einmal auf unseren eine Weile zurückliegenden E-Mail-Wechsel zu sprechen kommen, bei dem wir uns über den Verzicht auf Toilettenpapier unterhalten hatten. In seiner ziemlich knappen Antwort hatte er etwas von einer Schüssel Wasser und seiner Hand erwähnt, aber ich wollte es genauer wissen. Und da wir uns nun näher kannten, schien es mir nicht mehr ganz so unpassend, noch einmal nachzuhaken.
    Doch wie leitete ich von ethisch korrekten Sportschuhen zum Hinternabwischen über?
    Ich versuchte mein Bestes und setzte ganz auf ein spontanes, natürliches Herangehen.
    »Sag mal, Colin … machst du das immer noch … äh, du weißt schon … mit der Hand? Auf dem Klo?«, fragte ich, als wir an einem Stand mit Bio-Obst vorbeischlenderten. Ein nahtloser Übergang.
    »Nein, nein«, antwortete er. »Ich benutze inzwischen wieder Klopapier.«
    Aha! Dann war es ihm wohl doch nicht so ernst damit gewesen. Ich sagte ihm, dass ich derzeit kein Toilettenpapier für das kleine Geschäft verwendete, mich aber zum Totalverzicht nicht so recht durchringen könne. Wieder einmal wollte ich meine Bedenken bezüglich Bakterien zur Sprache bringen, Colin fertigte mich jedoch auch diesmal barsch ab: Darüber müsse ich mich hinwegsetzen, meine westliche Zimperlichkeit hinter mir lassen und es einfach machen.
    »Ich muss jetzt hier lang«, sagte er und zeigte nach links, »zum Strand geht’s dort runter, siehst du’s?«
    Damit war unser Kacke-Gespräch offenbar beendet. Ich dankte ihm, umarmte ihn zum Abschied und bat ihn, mir eine E-Mail zu schicken, falls er umweltfreundliche Laufschuhe auftreiben konnte. Als ich zum Buchladen ging, fragte ich mich, ob Colin mit Absicht so zurückhaltend war. Vielleicht wollte er sich erst in seinem Buch ausführlicher über seine Toilettenhygienegewohnheiten äußern und vorher nichts durchsickern lassen (an Informationen, meine ich natürlich). Sollte das der Fall sein, würde ich mir die entsprechende Buchseite mit Textmarker anstreichen, jawohl.
    31. DEZEMBER , 306. TAG
    Kaltes Wasser zum Gesicht- und Händewaschen sowie zum Geschirrspülen benutzen
    Zum Glück musste ich dank vieler Weihnachtseinladungen und Restaurantbesuche in letzter Zeit nicht oft Geschirr spülen. Und heute Abend, an Silvester, gehe ich wieder aus: Ian, Dimitris, Jacob und ich – und noch ein paar andere gute Freunde – sind bei einem vegetarierfreundlichen Inder verabredet, der von meiner Wohnung aus leicht zu Fuß erreichbar ist. Danach holen wir Meghan ab und fahren dorthin, wo wir mehr oder weniger jedes Silvester verbringen: zum Haus von Jacobs Dad im Norden von Toronto (sein Dad ist eigentlich nie da, es steht also die meiste Zeit leer). Dort tanzen wir im Wohnzimmer, essen Fingerfood, trinken Sekt und vollziehen ein Ritual, das wir »Tortengesichter« nennen. Das ist Ians und Jacobs Spezialität. Sie fahren zum

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