Nackt schlafen ist bio
war nichts, womit sie etwas anfangen konnten. Es würde aussehen, als hätte ich mir keine Gedanken gemacht.
Am Ende war ich aber doch ganz zufrieden mit mir: Für meine Mutter kaufte ich über die Wohltätigkeitsorganisation Heifer in ihrem Namen einer südamerikanischen Familie einen funktionsfähigen Bienenstock und eine Imkerausrüstung, außerdem bekam sie ein paar antiquarisch erworbene Romane; meiner Schwester schenkte ich verschiedene Naturkosmetika und sexy Dessous im Stil der Siebzigerjahre von einem ökologisch und ethisch korrekten Hersteller; und für meinen Vater, der wie immer der schwierigste Fall war, wählte ich am Ende ein ziemlich skurriles, aber zumindest unvergessliches, experimentelles Geschenk: einen Fleischerkurs. Er würde Ende Januar in einer Gourmet-Metzgerei stattfinden, die sämtliches Fleisch von hiesigen, nachhaltig wirtschaftenden Höfen bezog, mit Kühen aus Weide- und Hühnern aus Freilandhaltung. In diesem Kurs würden wir beide lernen, woher genau unser Fleisch kommt.
Meine grünen Geschenke waren nicht nur ein durchschlagender Erfolg – als ich online meinen Kontostand prüfte und mich auf einen Tiefschlag gefasst machte, was meine Ausgaben in diesem Monat betraf, stellte ich überrascht fest, dass ich noch eindeutig in den schwarzen Zahlen war. Meine Öko-Einschränkungen in Sachen Geschenke hatten zur Folge, dass ich innehalten und nachdenken musste, bevor ich die Geldbörse zückte, womit ich Spontankäufe vermied. Bei der Durchsicht alter Kontoauszüge stellte ich zudem fest, dass sich seit Monaten ein zunehmend größeres Guthaben ansammelte. Viele meiner Leser fragen mich, wie ich mir teure Bio-Lebensmittel, Kleidung aus Bambusfasern und Einkaufstaschen mit Designer-Siebdruck leisten kann. Die Antwort lautet: Ich besitze kein Auto mehr.
Seit ich es im Juni verkauft habe, haben sich die monatlichen Abhebungen und Lastschriften von meinem Bankkonto um beinahe die Hälfte verringert. Selbst wenn ich meinen Bugaboo verschenkt hätte, würde ich immer noch Hunderte von Dollar sparen, die sonst für Sprit, Versicherung und anderes draufgegangen wären. Wenn ich gelegentlich mit dem Kauf eines Bambuskleids über die Stränge schlug, war das nichts im Vergleich zu den Reparaturkosten für einen kaputten Blinker oder den Parkgaragengebühren, wenn ich für ein paar Stunden ins Kino ging. Dazu kam, dass alles, was ich jetzt kaufte, in meinen Fahrradkorb passen oder den ganzen Weg nach Hause per U-Bahn oder Tram transportiert werden musste, deshalb achtete ich bei meinen Einkäufen sehr viel mehr auf Mengen und Größen.
Letztlich schien also die Verkleinerung meines ökologischen Fußabdrucks eine Vergrößerung meines Bankguthabens bewirkt zu haben.
27. DEZEMBER , 302. TAG
Keine Textmarker mehr
Das klingt wieder einmal nach einer unnötigen Maßnahme: keine Textmarker mehr. Doch wer mich kennt, weiß, dass ich Wert darauf lege, gut organisiert zu sein, zu strukturieren und zu ordnen. Das ist nicht unbedingt ein Segen; oft fühle ich mich unwohl, wenn meine unterschiedlichen Freundeskreise bei einer Party aufeinandertreffen oder wenn jemand ein Buch in mein Regal zurückstellt, ohne die alphabetische Reihenfolge zu beachten. Gerade bei Büchern bin ich besonders pingelig – meine Bibliothek zu Hause ist nicht nur alphabetisch, sondern auch nach Genres geordnet, und die Buchrücken schließen exakt mit dem Rand des Regalbretts ab. Außerdem will ich nur Bücher lesen, die mir auch gehören, damit ich später jederzeit darin nachschlagen kann (was bedeutet, dass Büchereien für mich nicht infrage kommen, sehr zum Verdruss meiner Hippie-Leserschaft). Als ich einmal John Irving interviewte und er mir mein Exemplar von Owen Meany signierte und ich danach auch signierte Werke von Salman Rushdie und Timothy Findley ergattern konnte, musste ich mich sehr beherrschen, keine obsessive Sammelleidenschaft für signierte Bücher zu entwickeln. Und als ich bei einer Online-Auktion eine wunderbare gebundene Ausgabe von Tom Jones aus dem Jahr 1886 günstig ersteigerte und dazu eine der ersten nordamerikanischen Ausgaben von Lolita , wäre ich beinahe dem Laster des Sammelns antiquarischer Bücher verfallen.
Während des Studiums musste ich mich durch eine Lektüreliste nach der anderen arbeiten und entwickelte dabei folgende Lernmethode: Wichtige Passagen mit Textmarker hervorheben; Haftnotizen mit weiteren Analysen auf die Seiten kleben, die im Seminar besprochen wurden; im Text
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