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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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es kalt wird?«, wollte ich wissen.
    »Da dreh ich die Heizung auf«, sagte er gähnend und schlief weiter.
    Als ich eines Nachts, oder vielmehr eines Morgens, in mein eigenes Bett heimkehrte, beschloss ich, die Probe aufs Exempel zu machen. Irgendwie kam es mir unzüchtig, ja lasterhaft vor, nicht einmal einen Slip anzuhaben. Was, wenn mein Vater in ein paar Stunden hereinkam, um mich zum Frühstück zu holen, und ich fläzte rücklings hüllenlos auf der Bettdecke?
    Trotzdem wollte ich es auf einen Versuch ankommen lassen. Also zog ich mich vollständig aus, schlüpfte ins Bett, zog die Decke hoch bis zum Kinn und rollte mich in Embryonalhaltung zusammen. Anfangs war es seltsam, überall am Körper die Laken zu spüren, aber nach einer Weile fühlte es sich ganz angenehm an. Und als ich schließlich aufwachte, fühlte es sich richtig toll an – eben natürlich , dachte ich damals unwillkürlich.
    In der Collegezeit geriet mir diese Angewohnheit aber allmählich in Vergessenheit, und jetzt schlafe ich nur noch in heißen Nächten nackt (wobei heiß durchaus zweideutig gemeint ist, auch wenn es sich seit einem Jahr oder so ausschließlich auf die Außentemperatur bezieht).
    Neulich begutachtete ich jedoch meinen Wäscheberg und dachte darüber nach, wie ich die Menge an Sachen, die alle paar Wochen gewaschen werden mussten, verringern konnte. Und da fiel mir auf, dass meine Flanellschlafanzüge ziemlich viel Raum einnahmen. Wenn ich wieder dazu überging, nackt zu schlafen, könnte ich dadurch Waschmittel, Wasser und Strom sparen. Klar, dann würde ich vielleicht öfter die Laken wechseln müssen, aber letztlich waren ja nur Sophie, ein paar Staubmilben und ich in dem Bett, also musste man es auch nicht übertreiben.
    Andererseits ist das eine ziemlich deprimierende Statistik. Hier gibt es ja tatsächlich nur Sophie, ein paar Staubmilben und mich – was können wir schon bewirken? Selbst wenn nackt schlafen ein Schritt auf die Natur zu ist, was bringt es, wenn es niemand außer einer Verrückten in Kanada tut?
    Leider stecke ich in letzter Zeit in diesem trüben Gedankenlabyrinth fest. Klar, dann und wann kann ich ein paar treue Blog-Leser überzeugen, die Shampoomarke zu wechseln oder ihre Heizung herunterzudrehen, und meine arme Katze muss in puncto Haustierzubehör und -pflege so viele umweltfreundliche Neuerungen über sich ergehen lassen, wie mir nur einfallen. Doch wie mein Freund Lloyd von Treehugger.com vor kurzem sagte, als wir uns bei Fresh trafen und über umweltfreundliche Architektur sprachen (d. h., eigentlich redete er über umweltfreundliche Architektur, während ich ein Stück vegane Rüblitorte aß und zuzuhören versuchte): »Das Ökologischste, was man mit einem Haus tun kann, ist, es vollzustellen.« Im Moment sieht mein Wohnzimmer ziemlich unbewohnt aus, in meiner Küche wird nichts gekocht, meine Schränke sind halb leer, und über der einen Betthälfte hängen schon Spinnweben. Das ist armselig.
    Tatsache ist, dass ich alle möglichen ökologischen Sachen machen und mich nach besten Kräften engagieren kann, aber letztlich bedeutet mir das überhaupt nichts, wenn ich nicht einen Menschen an meiner Seite habe. Das mag melodramatisch klingen, meinetwegen, aber es ist wirklich ermüdend, wenn man sich Tag für Tag anstrengt, der Erde Gutes zu tun und Erfüllung darin zu finden, aber einen zu Hause nichts als Leere empfängt. Manche Leute behaupten ja, wenn man umweltbewusst lebt und nur einen kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlässt, werde dies schließlich mit einer Art spiritueller Erfüllung belohnt. Leider speist sich meine Spiritualität vorwiegend aus Weltlichem – oder zumindest aus Zwischenmenschlichem. Ist meine physische Welt leer, mangelt es ihr an Menschen, an Aktivität, an Nahrung, dann wird meine Gefühlswelt in Mitleidenschaft gezogen.
    Wenn mir auf meinem Öko-Trip etwas gelingt – also beispielsweise ein Omelett aus Eiern von glücklichen Hühnern mit Süßkartoffel-Pommes und nicht tiefgefrorenem Spinat als Beilage, das auch wirklich schmeckt –, dann möchte ich das Erfolgserlebnis mit jemandem teilen und nicht mit stolzgeschwellter Brust an der Küchentheke sitzen und mir selbst zehn Minuten beim Kauen zuhören. Und wenn ich versage – etwa wenn ich nach einem allzu höhnischen Blogeintrag, mit dem ich Menschen zu nahe getreten bin, einknicke, mir genmanipulierte Chicken Wings in Styroporverpackung bestelle, anschließend in einem moralischen Zusammenbruch

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