Nackt schlafen ist bio
Wegwerf-Zungenspatel, Plastikaufsätze am Otoskop, Einwegspekula und Einmalspritzen.«
Ging es dabei nur darum, Geld zu sparen? Das schien mir ein bisschen übertrieben.
»Na ja, nicht nur«, meinte meine Mutter. »Man muss heute eben auch besonders darauf achtgeben, keine Krankheiten zu übertragen, und die Patienten mögen die papiernen Kittel und Tücher, weil sie wissen, dass sie von niemand anderem benutzt wurden und supersauber sind. Ich war selbst mal in einer Praxis, wo man mir einen verknitterten Kittel zum Anziehen gegeben hat, und obwohl er gewaschen war und so, war es doch ein bisschen eklig – man fragt sich: Wie gründlich ist er gewaschen worden?«
»Na gut«, erwiderte ich. »Aber könnten wir diese Neurose bezüglich Bakterien und Keimen nicht überwinden? Sogar manche Ärzte plädieren dafür, keine antibakteriellen Handseifen zu benutzen.«
»Schon, andererseits: Wenn wir wieder zu Stofftextilien zurückgehen würden, hieße das, dass man sie waschen muss, und zwar bei wirklich hohen Temperaturen, um alle Viren abzutöten. Anschließend muss man sie für den Transport in einen anderen Stoff stecken, dann wiederum bei sehr hohen Temperaturen dampfsterilisieren, und öffnen darf man sie nur mit Handschuhen.
Und wenn man zum Einsatz von Metallspekula und anderen Instrumenten zurückkehren will, muss man diese in Seifenlauge reinigen, danach in eine Antivirenlösung einlegen und autoklavieren, um sicherzugehen, dass alles keimfrei ist. Die dafür aufzuwendende Zeit muss ebenfalls bezahlt werden, das kann also schnell teuer und unwirtschaftlich werden. Sogar aus ökologischer Sicht ist es fragwürdig: Man braucht viel Energie, um diese hohen Temperaturen zu erzeugen, und die Antivirenlösungen sind unglaublich giftig, das heißt, man muss sie nach Gebrauch ordnungsgemäß entsorgen. Ich denke, letztlich läuft es wahrscheinlich auf dasselbe hinaus. Aber man könnte zu Tüchern aus Recyclingpapier übergehen, die wachsartige Beschichtung weglassen und sie nicht unnötig einfärben, das wäre immerhin ein Fortschritt.«
Liebe Leserinnen und Leser, darf ich vorstellen: meine Mutter, eine Umweltschützerin.
19. JUNI , 111. TAG
Das Umweltbewusstsein durch Aufkleber, Blogs und andere Medien stärken
Das Prinzip Aktivismus ist für mich untrennbar mit einigen peinlichen Sekundärerscheinungen verbunden. Ich denke etwa an Leute, die vor der Brust und auf dem Rücken Protestplakate voller Rechtschreibfehler tragen, an überflüssige Lärmbelästigung in Form von rhythmischen Rufen und kindische Reimschemata, die für Demo-Slogans herhalten müssen.
Doch ich habe eine Aktionsform gefunden, die mir zusagt: Aufkleber. Ich habe einige Aufkleber mit der Aufschrift »Aus Bäumen gemacht« bei einer nichtkommerziellen Organisation erstanden, die die Einnahmen nach Abzug der Versand- und Bearbeitungskosten dem Sierra Club zukommen lässt. Letztlich sind die Aufkleber selbst wahrscheinlich auch aus Bäumen gemacht, aber ich finde, ihre Wirksamkeit in puncto präventivem Umweltschutz gleicht das mehr als aus. Deshalb habe ich begonnen, sie auf die Papierhandtuchspender in öffentlichen Toiletten zu kleben, was meine ersten Gehversuche in Sachen Vandalismus sein könnten. Ist das eigentlich Vandalismus? Ich bin mir nicht sicher. Aber der Nervenkitzel – irgendwie kann ich es gar nicht fassen, dass ich noch nicht erwischt worden bin, dass mir noch keine Toilettenfrau im Kino oder Restaurant nachgerannt ist und mir mit der Polizei oder gleich mit einer Zivilklage gedroht hat! Ich habe zu viele Skrupel, um eine dieser Plaketten in einer Toilette an meinem Arbeitsplatz anzubringen, aber wenn sie demnächst wieder einmal Al Gore in einem ihrer haarsträubenden Leitartikel verteufeln, dann klebe ich ihnen wirklich eine!
21. JUNI , 113. TAG
Kater auskurieren, ohne Pillen und Kotztüten aus Plastik zu benutzen
Spielen wir eine Partie Familienduell. Ich bin die Moderatorin.
Die erste Frage lautet: Was sind die Fragen, die Vanessa in letzter Zeit am häufigsten gestellt werden … die häufigsten Fragen an Vanessa … denken Sie nach …
Ach, vergessen Sie’s, ich sage es Ihnen:
1. Wie geht es dir mit deinem Öko-Trip?
2. Hast du schon das ganze Jahr vorausgeplant?
3. Wie willst du dir 365 Öko-Maßnahmen ausdenken?
4. Was war dein heutiger Öko-Schritt?
5. Wie behältst du den Überblick darüber, was du schon getan hast und was du noch vorhast?
6. Geht es dir gut?
7. Nein, im Ernst: Geht es dir gut?
In
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