Nackt schlafen ist bio
Dharmalaya-Yogazentrum, unserem letzten Zeltplatz in Eugene, benutzen würden, machte ich mich auf einige Hygieneprobleme gefasst und nahm mir vor, während des Aufenthalts dort Ballaststoffe zu meiden.
Tatsächlich aber sind diese Toiletten – die aus einem einfachen, mit Sägespänen gefüllten Eimer bestehen können, ebenso gut aber auch aus einem komplexen Hightech-Apparat mit automatischem Abluftsystem und Temperaturkontrolle – sagenhaft sauber und geruchlos und kommen ganz ohne Wasser aus. Wenn eine bestimmte Füllmenge erreicht ist, werden die Exkremente in Dünger umgewandelt, und zwar entweder in einer separaten, beheizten Kammer oder in einem Komposter im Freien. Dieser menschliche Kompost-Dünger kann nach einem Jahr, wenn er steril geworden ist, bedenkenlos im Garten verwendet werden. Nachdem ich Komposttoiletten benutzt hatte, wunderte ich mich, dass die Hersteller von mobilen Toilettenkabinen nicht längst pleitegegangen sind. Warum ärgern sich Bauarbeiter und Konzertbesucher mit dieser widerlichen blauen Flüssigkeit, giftigen Lufterfrischern, Pumpmechanismen und anderem herum, wenn sie im Grunde nur einen Eimer und Sägemehl brauchen?
Bevor ich nach Oregon geflogen war, hatte ich zu Hause als Öko-Maßnahme des Tages eine Wasserflasche in meinen Toilettenspülkasten gelegt. Dadurch wurden jedes Mal, wenn sich der Kasten füllte, etliche Zentiliter Wasser verdrängt und bei der nächsten Spülung eingespart. Ich konnte keinen Unterschied feststellen, als ich die Spülung betätigte, von daher war es ein einfacher, erfolgreicher Schritt. Jetzt war ich jedoch davon überzeugt, dass nur Trottel überhaupt eine Wasserspülung brauchten, und wenn es eine Möglichkeit gab, in meiner Wohnung eine Komposttoilette zu installieren, wollte ich das baldmöglichst tun.
»Und sie sieht nicht mal eklig aus«, hörte ich mich zu Andrew sagen. Meine Güte, laberte ich immer noch davon? Zeit für eine neue Strategie. Ich schaltete auf Journalistenmodus um und begann, Fragen mit offenem Ausgang zu stellen, die anfingen mit: »Was denkst du über …« und mit irgendetwas anderem als »… Komposttoiletten?« endeten. Damit hoffte ich die Tür zu weiteren Themen aufzustoßen, hin zu weniger fäkal orientierten Gesprächsgegenständen, etwa der Bedeutung von Bio-Landbau und fairem Handel, oder besser noch, wie hübsch ich heute aussah trotz Stretchradlerhose und Bandana. Oder – das absolute Traumszenario – dass es hier nachts so kühl war und mein Schlafsack so dünn und dass wir es uns warm und gemütlich machen könnten, wenn wir heute Nacht ein bisschen in seinem Zelt kuschelten.
Mag sein, dass ich in Sachen Konversation ein bisschen behindert bin und unkontrolliert über Kacke brabble, aber zu meinem Glück bin ich immerhin eine gute Journalistin: Mein Plan ging auf. In jener Nacht schlief ich in Andrews Zelt – nein, auch diesmal nicht nackt. Dazu war es viel zu kalt, außerdem lagen noch zwei andere Leute gleich neben uns. Also passierte die ganze Nacht über nichts, aber als am Morgen alle anderen schon beim Frühstück waren, rollte ich mich zu ihm hinüber. Er schlang einen Arm um mich, zog mich an sich, und bald hielten wir Händchen, schmiegten uns aneinander und küssten uns schließlich. Es war komisch, sich zu küssen, noch ehe man richtig wach war, mit ungeputzten Zähnen und Schlaf in den Augen. Aber es war süß und zärtlich und leise, unser kleines Rendezvous am letzten Tag der Radtour – nichts Hitziges oder Hektisches, nichts unterhalb der Gürtellinie. Es erinnerte mich daran, dass meine Beziehungen zu realen Menschen ebenso wichtig sind wie mein ideologisches Verhältnis zu Gaia, sei es beim gemeinsamen Staunen über das Wunder der Komposttoiletten oder bei einem Kuss in einem warmen, raschelnden Zelt.
14. AUGUST , 167. TAG
Nur Schuhe aus nachhaltiger, ethisch einwandfreier Produktion kaufen
Ich kaufe mir keine Birkenstock-Sandalen. Nein, ich kaufe mir keine Birkenstock-Sandalen. Nein … Obwohl ich zugeben muss, dass sie jetzt irgendwie weniger scheußlich aussehen als noch vor sechs Monaten.
17. AUGUST , 170. TAG
Einwegkittel in der Arztpraxis ablehnen
Langsam mache ich mir darüber Gedanken, wie viele meiner grünen Veränderungen noch darauf hinauslaufen werden, keine Kleidung zu tragen, und wie mir das im nächsten Winter bekommen wird. Vielleicht sollte ich mal ein Interview mit Nudisten machen und dazu gründlich recherchieren.
Wenn ich es mir recht überlege, genügt aber
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