Nackt schlafen ist bio
doch recht gern mit jemandem zusammen, vorausgesetzt, dass mindestens 80 Prozent unserer Idiosynkrasien kompatibel sind und ein gewisses Hygieneniveau nicht unterschritten wird. Damit gab es in diesem Fall keine Probleme – Mark ist gepflegt, er hat vernünftige Schlaf- und Wachzeiten, man kann mit ihm etwas unternehmen, aber auch abhängen, und natürlich halfen seine täglichen Massagen, alle eventuell aufgetretenen Spannungen abzubauen. Außerdem störte er sich nicht an meinen Öko-Regeln, da die meisten davon sowieso zu seinem Lebensstil gehören, und ich hinterließ ihm täglich, wenn ich zur Arbeit ging, eng beschriebene Notizzettel mit Bitten, dies und das zu erledigen. Als ich einen Tag zu Hause arbeiten musste, befürchtete ich, er würde mir auf die Nerven gehen, aber nein, er setzte sich mit seinem Notebook einfach still neben mich auf die Couch und erledigte seinen eigenen Kram. Nach ein paar Stunden erhob er sich und machte uns einen Imbiss – Reiswaffeln mit Hummus und Gurke – und brachte mir einen Teller davon. Danach räumte er auf, spülte und setzte sich wieder hin, wobei er eine Hand sacht auf meinen Fuß legte.
Es war der Inbegriff häuslichen Glücks. Diesem Mann lag nicht nur das Wohlergehen der Erde, sondern auch das anderer Menschen am Herzen, er brachte mir Reiswaffeln mit Hummus, massierte mich und konnte zärtlich sein, ohne abzulenken. Was wollte ich mehr?
Aber trotzdem … trotzdem … konnte ich wirklich mit jemandem glücklich sein, der keinen Kaffee trank? Der nicht wusste, was ein Mini war? Der Monogamie für völlig überholt hielt?
Ich beschloss zu tun, was jeder zaudernde Perfektionist tut, der Dinge stets gründlich durchdenkt. Ich legte eine Liste an.
Nachdem ich den Bildschirm so gedreht hatte, dass Mark nicht draufschauen konnte, erstellte ich ein Textdokument mit dem kryptischen Namen »Pro/Contra«. Nach etwa zehn Minuten sah es so aus:
Dinge, die ich an Mark mag:
• wunderbare Massagen
• fährt gern Rad
• ist umweltbewusst
• bringt mir Reiswaffeln mit Hummus
• kann meistens meine Computerprobleme lösen
• hat tolle Sonnenbräune und ist schlank
• benutzt als Gleitmittel Kokosöl
• ist gut im Bett
• sehr, sehr gute Massagen
Dinge, die mich an Mark stören:
• es dauert immer ewig, bis er was sagt, weshalb ich nie weiß, ob ich einfach weiterreden oder 30 Sekunden peinliches Schweigen ertragen soll
• er liest keine Romane
• trägt seine Trekkingsandalen nicht als ironisches Zitat
• hat noch nie von Joy Division gehört, geschweige denn sich eine Meinung dazu gebildet, ob er sie mag, dasselbe gilt für Das Büro . Als ich ihn neulich zwang, sich eine Folge davon anzusehen, meinte er, er verstehe nicht, was daran witzig sein solle, und außerdem könne er Popkultur auf den Tod nicht ausstehen.
• hat manchmal Mundgeruch
• benutzt als Gleitmittel Kokosöl
• kann Katzen nicht leiden – Sophie jedenfalls nicht
• sagt Sachen wie »vermaledeit«
Ich weiß immer noch nicht, was ich tun soll.
5. SEPTEMBER , 189. TAG
Kleider erst nach zweimaligem Tragen waschen
Wenn ich morgens die Zähne geputzt und wieder mal eine lauwarme Dusche im Dunkeln hinter mir habe, trete ich vor den Kleiderschrank und entscheide, was ich anziehen will. Dazu überfliege ich normalerweise die Regale mit den Hosen, ziehe ein paar Schubladen auf und zu und versuche mir vorzustellen, was zusammenpassen könnte. Doch mit Mark in der Wohnung fiel mir wieder ein, wie die meisten Männer die tägliche Kleiderwahl treffen: Sie heben auf, was auf dem Boden liegt, schnüffeln daran und ziehen an, was noch am frischesten riecht.
Ich bin viel zu ordentlich, um meine Oberteile irgendwo anders als im Schrank aufzubewahren, aber mir wird klar, dass man auch durchaus etwas zweimal anziehen kann, solange es nicht müffelt. Erst neulich habe ich ein Sweatshirt sogar drei Tage hintereinander getragen, als ich im Norden beim Zelten war – besser gesagt, als ich mit Mark im Norden beim Zelten war.
Auf diese Weise wollte ich herausfinden, was ich wirklich für ihn empfand. Am besten, so hatte ich mir überlegt, unterzog ich ihn einer zweifachen Prüfung: zum einen mit einem Kurzurlaub an einem entfernteren Ort, sodass man bei der Autofahrt dorthin gewisse Zeit auf engem Raum miteinander verbringen musste; zum anderen, indem ich ihn Meghan, Ian und meiner Familie vorstellte.
Und so entschieden wir, über ein langes Wochenende in Algonquin zu zelten. Dazu mussten wir
Weitere Kostenlose Bücher