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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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nach.
    »Hier ist vieles paradox«, meldete sich eine andere Stimme links von mir. Es war Janet, die sehen wollte, was wir so trieben, und mit einem Kaffee-Pappbecher in der Hand zu uns herübergekommen war.
    »He, Sie auch!«, sagte ich. »Der ist aber nicht recycelbar, oder?«
    »Nein«, räumte sie ein, »aber es ist Koffein, und es ist kostenlos, also schlage ich zu.«
    Je mehr ich mich mit Janet unterhielt, desto deutlicher spürte ich, dass sie eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten war. In der Welt der Ökos – oder zumindest in meiner Öko-Welt – ist so etwas Gold wert.
    »Was wollten Sie über Paradoxien sagen?«, fragte ich. »Ich meine, mir sind hier schon etliche Kaffeebecher aufgefallen, ganz zu schweigen von all dem Wasser in Plastikflaschen, das verteilt wird.«
    Als besonders absurd erschien es mir ja, dass man hier am Umwelttag so elementare Dinge wie Plastikflaschen oder Zeitungen nicht zum Recycling abgeben konnte. Wir nahmen nur das an, was bei den wöchentlichen Leerungen der Müllabfuhr nicht als normaler Recycling- oder Restmüll abgeholt wurde.
    »Wissen Sie«, meinte Janet, »es ist schon komisch, dass diese Leute Styropor, Altreifen, Lackfarben und so weiter ewig aufbewahren, dann alles in ihren Wagen packen, hierher fahren und den Motor zehn Minuten im Stand laufen lassen, während sie herumgehen und ihr Zeug an den jeweiligen Stellen abgeben.«
    Ich nickte, während ich zu den Reihen abgestellter Autos hinüberschaute. Andererseits konnte man all diese Sachen ja schlecht per Fahrrad transportieren. Das war ein gewisses Dilemma.
    »Dann gibt es die Unmengen von Merkblättern, Broschüren und Listen, die wir hier verteilen, damit die Leute alle Infos bekommen, dafür wird noch mal Papier verbraucht«, fuhr Janet fort.
    Wieder nickte ich verständnisvoll, hatte aber auch keine Idee, wie dem Problem beizukommen sei. Ein Umwelttag ließ sich wohl kaum rein virtuell durchführen.
    Mittlerweile war zu Regen und Kälte auch noch böiger Wind gekommen. Janet griff in eine Kiste unter einem der Infotische und zog einen blauen Plastikponcho mit dem TEV -Logo darauf hervor, den sie mir gab.
    »Hier«, meinte sie. »Der gehört Ihnen. So bleiben Sie trocken.«
    »Aber ich habe doch schon eine Windjacke an.«
    »Ja, aber nehmen Sie ruhig noch eine. Kostet nichts.«
    Na prima, dachte ich mir und legte den Poncho unauffällig beiseite, damit ich ihn am Ende der Schicht unbenutzt zurückgeben konnte. Noch mehr kostenloser Mist, noch mehr Paradoxien, und jetzt sogar noch mehr Zweifel, ob diese Freiwilligenarbeit irgendetwas brachte.
    8. OKTOBER , 222. TAG
    Die Temperatur an meinem Boiler herunterdrehen
    Im Lauf der letzten Jahre habe ich mich mit verschiedenen undichten Stellen, mit defekten Lichtschaltern, kaputten Heizgeräten und anderem herumgeschlagen und dabei allmählich immer mehr über die Geräte gelernt, dank deren ich mich waschen kann, wenn ich schmutzig bin, die mich wärmen, wenn ich friere, mich abkühlen, wenn mir zu heiß ist, mir zu Essen und Getränken verhelfen und mir bei Dunkelheit Licht spenden.
    Ich bin fest davon überzeugt, dass es eines der größten Defizite unseres modernen Erziehungssystems ist, unser elementarstes Umfeld außer Acht zu lassen, nämlich Häuser und ihre Funktionsweise. Da lernt man, welche Geschwindigkeit der Zug A, der von X nach Y fährt, zum Zeitpunkt der Begegnung mit Zug B hat, der von Y nach X fährt, allerdings nur mit zwei Drittel der Geschwindigkeit von A und nur halb so vielen Passagieren an Bord – aber man hat keine Ahnung, wie die eigene Wohnung beheizt wird oder was passiert, wenn man die Toilettenspülung drückt.
    Nehmen wir beispielsweise meinen Warmwasserbereiter. Ich habe 221 Veränderungen in meinem Leben vorgenommen, die alle auf eine Verringerung meines ökologischen Fußabdrucks abzielen und von denen 19 mit Wasser zu tun haben. Und während der ganzen Zeit verbarg sich ein Energie fressendes Monster in meiner Besenkammer und heizte mit viel Strom einen großen Tank voll Wasser auf, das weitaus heißer war, als ich es je brauchte.
    Eben erst hatte ich erfahren, was es mit diesen Boilern auf sich hatte, daher wollte ich mir den meinen mal genauer ansehen. Die Temperatur war auf 60 Grad Celsius eingestellt. Bei meinen Online-Recherchen stieß ich auf widersprüchliche Informationen darüber, auf welche Temperatur man gefahrlos herunterregeln kann. So entschied ich mich für 43 Grad, was bedeutet, dass das Wasser immer noch schön

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