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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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»ich bin nur um einiges klüger geworden, seit gestern Abend.«
    Das Telefon läutete.
    Kluttig wurde verlangt. Reineboth übergab ihm den Hörer.
    Gay war am Apparat. Reineboth stand neben Kluttig und konnte hören, was gesprochen wurde, da die Stimme durchdrang.
    Gay wollte mit der Kindergeschichte nichts mehr zu tun haben. Einer von dem Gesindel sei ihm in der Nacht unter den Händen gestorben. Den übrigen Schrott wolle er nicht mehr bei sich sehen.
    Kluttig stotterte.
    Reineboth nahm ihm den Hörer weg, meldete sich.
    »Selbstverständlich, Kamerad Gay, wir holen das Gelumpe wieder ab, ich schicke Transportwagen. Gewiss, den sanft Entschlafenen nehmen wir auch mit, der wird bei uns geräuchert.« Er legte auf.
    »Nun haben wir alle wieder beisammen. Bleiben noch Höfel und der Dingsda. Oder hast du die zwei vergessen?«
    »Was nützen sie uns noch?«, knurrte Kluttig. Reineboth öffnete die Tür und rief in den Korridor hinaus:
    »Hauptscharführer Mandrak zum Rapportführer!« Sein Befehl wurde durch die Torwache weitergegeben.
    Reineboth hielt dem Mandrill die Zigarettenschachtel hin, als dieser eingetreten war.
    »Glauben Sie, dass Sie aus Höfel und dem Polen noch was rausquetschen können?«
    Der Mandrill nahm eine Zigarette und schob sie sich hinters Ohr, in seinem Gesicht lag keine Anteilnahme an der Frage.
    Er antwortete gelangweilt: »Ich kann sie nur noch kaltmachen.«
    »Einverstanden, wir brauchen sie nicht mehr. Machen Sie damit, was Sie wollen. Viel Vergnügen dabei.«
    Um den blutleeren Mund des Mandrill flackerte es höhnisch.
     
    Zidkowski war noch immer verstört. Er schwor Krämer, der zu ihm gekommen war, dass das Kind neben ihm gelegen habe, ganz deutlich habe er es an seinem Rücken gefühlt. Um Krämer das Wunder zu demonstrieren, schlug er die Decke auf seiner Lagerstatt zurück. »Hat Kluttig die Decke weggezogen, und auf einmal war das Kind fort.« Die Erregung machte ihm die Lippen zittern, seine Augen flehten: »Wohin ist Kind?«
    Krämer stieß einen kurzen Laut der Verlegenheit aus. »Ha, wenn ich es wüsste … Vielleicht hat es sich irgendwohin verkrochen? Habt ihr überall nachgesehen?«
    »Überall.«
    Nachdenklich schob Krämer die Unterlippe vor.
    »Ist jemand bei euch gewesen? Oder hat sich einer vor eurem Block herumgetrieben, der hier nichts zu suchen hat?«
    Zidkowski verneinte.
    Krämer wusste nichts mehr zu fragen. Er hatte selbst keine Erklärung für das seltsame Verschwinden des Kindes. Dunkel ahnte er, dass hier das ILK … Aber diese Vermutung fasste nicht Fuß, dann würde Bochow davon gewusst haben und hätte ihn nicht so dringlich aufgefordert, nach dem Verbleib des Kindes zu forschen.
    Bochow war nicht minder ratlos, als ihn Krämer im Block aufsuchte und von seinen ergebnislosen Nachforschungen berichtete. Das Kind war verschwunden, mit dieser Tatsache galt es sich abzufinden. Wer aber hatte hier seine Hand im Spiel?
    Weniger das rätselhafte Verschwinden des Kindes, sondern mehr die Tatsache, dass es ohne Wissen des ILK geschehen war, beunruhigte Bochow. Es konnte nur ein Genosse aus diesem Kreis gewesen sein. Wer aber? Etwa der ewig unruhige Pribula? Oder der behäbige van Dalen? Oder der verstandesklare Bogorski? {Es widerstrebte seiner Korrektheit, dass irgendeiner der Genossen auf eigene Faust sichein Husarenstück geleistet und es sträflich unterlassen hatte, das ILK zu verständigen. Das widersprach aller Gepflogenheit und konnte nicht geduldet werden.} Mochte einer der Genossen ein besseres Versteck als die Fundamentgrube ausfindig gemacht haben, so wäre es trotzdem seine Pflicht gewesen, dem ILK davon Mitteilung zu machen. Die eigenmächtige Handlung war Disziplinlosigkeit, und Bochow konnte Krämers Genugtuung über Kluttigs Reinfall nicht teilen.
    »Woher weiß er, dass das Kind auf Block 61 ist?«, fragte Bochow herrisch.
    »Dort
war
es mal«, antwortete Krämer, und seine Augen lächelten aus den Fältchenkronen heraus. »Knurrst du über Disziplinbruch? – Sei lieber darüber froh, dass euer unbekannter Mann das Gras hat wachsen hören. Was wäre geworden, wenn Kluttig das Wurm erwischt hätte …? {Es hat keinen Zweck, darüber zu grübeln. Da glaube ich eher an das Wunder Zidkowskis und freue mich über die – Disziplinlosigkeit in eurer Leitung.«
    In} freundlicher Schadenfreude zog er die Schultern hoch. »Nun weiß keiner mehr, wohin das Wurm geraten ist. Ist das gut?«, fragte er den finster schweigenden Bochow und nickte die Antwort

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