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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Schlafsaals, Krämer musterte die Betten.
    »Was nun? – Die sollen umgelegt werden, das ist klar.«
    Krämer strich eine Decke glatt. Bochow sog schwer den Atem ein. Nun fügte sich ein neues Glied an die Kette der Gefahren. – Wer hatte die 46 verzinkt? Aus welcher Richtung kam das? Kluttig – Reineboth – Zweiling?
    Oder hatte der Zinker aus der Effektenkammer …
    »Was nun, sag doch«, drängte Krämer. Sie blieben stehen.
    »Ja, was nun?«, seufzte Bochow. Das Stück Papier in seinerHand forderte Entscheidungen, wie sie vielleicht in all den Jahren seiner Haft noch nicht gefällt worden waren, und sie drängten sich auf den engen Raum weniger Stunden zusammen. Morgen früh war alles schon zu spät. Jetzt musste er mit den Genossen des ILK sprechen. Wie aber sie verständigen? In dieser Stunde noch musste das ILK zusammenkommen. Und nicht in der Fundamentgrube, die nur im Schutze der Dunkelheit betreten werden konnte.
    Bochow rieb sich die Stirn, das Nachdenken quälte ihn. »Ich muss mit den Genossen sprechen, jetzt, sofort«, sagte er. »Wir müssen den Fliegeralarm ausnutzen, anders geht es nicht.«
    Immer um die Mittagszeit, nicht früher, nicht später, flogen amerikanische Bomberverbände nach Thüringen, Sachsen und Brandenburg ein, seit Wochen schon. Man konnte die Uhr danach stellen, so pünktlich zogen sie über das Lager. Bei Sonnenschein blinkten die Schwärme hoch oben am Himmel, wie Vögel, nur ihr sonores Singen verkündete, wie gefährlich sie waren. Jeden Tag gab es darum Alarm. Für die Arbeitskommandos war es zur Gewohnheit geworden, sich zum schnellen Abmarsch ins Lager bereitzuhalten, noch im Jaulen der Sirene rannten sie über den Appellplatz. Bereits wenige Minuten später war das Lager wie ausgefegt. Auf den Türmen nur standen die Posten und spähten in den Himmel hinein. Oft erst nach Stunden heulte die Sirene ihre Entwarnung {und ihr nach oben schrill werdender Ton klang wie Schadenfreude. Ätsch, wieder mal gut abgegangen}.
    Dann belebte sich das Lager aufs Neue.
    Bochow schien mit etwas fertigwerden zu müssen. Er sah Krämer an. »Du musst mir dabei helfen. – Ich darf eigentlich keinen Namen der Genossen preisgeben, aber … was bleibt mir übrig?«
    Krämer empfand, wie schwer es Bochow fiel, und sagte: »Habe keine Bange, ich merke mir die Namen nicht. Ich begreifedich, und die Genossen werden es auch verstehen. Es geht um Leben und Tod.«
    Bochow nickte Krämer dankbar zu.
    »Also höre. Ich gehe sofort nach dem Revier und spreche mit dem Kapo, der weiß Bescheid. Er muss uns einen Raum frei halten, in dem wir ungestört sein können, das teile ich dir dann mit, und du musst für mich … siehst du, so ist das nun … also, du musst für mich nach dem Bad gehen – ich kann mich dort nicht sehen lassen.«
    »Nun sag schon, wen soll ich bestellen?«
    »Bogorski.« Leise nannte Bochow den Namen. »Er soll bei Alarm nicht in seinen Block gehen, sondern nach dem Revier kommen.«
    »Gut«, nickte Krämer.
    »Wie verständigen wir uns, damit ich dir den Raum angeben kann?«, überlegte Bochow und meinte:
    »In zehn Minuten treffen wir uns auf dem Revierweg in der Nähe meiner Blockreihe.«
    Krämer war einverstanden.
    Auf Riomand, der bei Alarm »draußen« blieb, musste für diese Besprechung verzichtet werden. Van Dalen war leicht zu benachrichtigen, Kodiczek und Pribula konnten unterwegs abgefangen werden.
     
    Krämer kam Bochow schon entgegen, als dieser, vom Revier kommend, zu seinem Block zurückging. Auf einen kurzen Gruß blieben sie beieinander stehen.
    »OP 2«, sagte Bochow flüchtig, Krämer nickte, und jeder ging seinen Weg. OP 2 war der zweite Operationsraum, und da er im oberen Geschoss des vor Jahren erbauten Erweiterungsbaus vom Revier lag, blieb er bei Alarm unbesucht.
    Pünktlich, fast auf die Minute, heulte die Sirene. Es gab das übliche Durcheinander auf dem Appellplatz und auf den Wegen zwischen den Blocks.
    Bochow stand auf seinem Posten und spähte nach Kodiczek und Pribula aus. Er erwischte sie, als sie gemeinsam ihren Blocks zustrebten.
    »Mitkommen«, raunte Bochow ihnen zu.
    »Was ist?«
    »Mitkommen«, suggerierte Bochow und rannte los.
    Die beiden hatten gestutzt, eilten aber dann Bochow nach, der im Gewimmel der Häftlinge den Revierweg hinunterlief.
    Noch niemals hatten die Genossen des ILK so unter dem Druck einer Spannung gestanden wie heute.
    Glogau war gefallen! Beiderseits Tecklenburg im Teutoburger Wald tobten heftige Kämpfe. Auf Herford

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