Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
Vom Netzwerk:
mit einigen Genossen hinausgelaufen und blickte den davonjagendenFlugzeugen nach. Neben ihm stand Pribula mit verkniffenen Lippen, die Hände in den Taschen.
    »Warum du nur immer warten bis auf letzte Minute?«, sagte er finster.
    Bochow antwortete nicht, in ihm zerrte die Spannung. In immer kürzer werdenden Abständen erfolgten die Einschläge. Maschinengewehrfeuer knatterte nah und fern. –
     
    Um 9 Uhr kam Zweiling ins Lager. Müller und Brendel vom Lagerschutz, die sich in der Nähe der Effektenkammer aufhielten, da sie den Auftrag hatten, bei Freigabe der Waffen die von Pippig versteckten Pistolen zu holen, hatten Zweiling beobachtet. Was wollte der Kerl in der Kammer? –
    Um 9.30 Uhr brachte, noch atemlos vom Lauf, ein {Beobachtungsposten} des Lagerschutzes die Meldung zu Bochow, dass vom Nordhang her auf einer weit entfernten Bergkuppe Panzerbewegungen zu sehen waren. Was für Panzer? Faschistische? Amerikanische? Waren es Bewegungen der Flucht oder des Angriffs? – Das hatte sich nicht feststellen lassen. Also hieß es weiter warten. –
     
    Zweiling hatte vergeblich auf Kluttigs Rückkehr gewartet. Als es Morgen wurde, gab es für den Geprellten keinen Zweifel mehr, dass ihm die Frau mit dem Hauptsturmführer auf und davon gegangen war. In der Siedlung herrschte höllisches Durcheinander. Zwischen vollgepackten Autos drängten sich Scharführer, Frauen und Kinder mit Geschimpf und Geschrei. Sich selbst überlassen, stand Zweiling im Zimmer. Nun musste er auf eigene Flucht und Sicherheit bedacht sein. Ratlos blickte er sich um und fluchte sich seine Erbitterung vom Halse: »Gemeines Pack.« Mit böser Handbewegung wischte er die Wut hinweg, ihn kriegten sie nicht unter; ein Gedanke war ihm gekommen undhatte ihn nochmals nach der Effektenkammer getrieben. Im Schreibbüro wühlte er in den Personalpapieren der Häftlinge herum. Eine halbe Stunde schon suchte er mit zitternden Fingern in dem Wust von Dokumenten, die er auf den Tisch geschüttet hatte. –
     
    Noch immer saß Förste in seiner Zelle auf demselben Platz. Er wagte sich nicht vom Fleck zu rühren. Für ihn gab es keinen Ausweg mehr und keine Rettung. Mit tiefer Wehmut im Herzen musste er sich eingestehen, dass ihn die Jahre des Lemurendaseins im Bunker nicht hart gemacht hatten und dass er alles andere war als ein Kämpfer. Dennoch blieb ihm eine Genugtuung: Er war ein guter Mensch geblieben, und in bescheidener Freude überdachte er, was er Höfel und Kropinski, die nun mit ihm sterben würden, Gutes getan. Mit seinem Tod würde er zu dem großen Heer zählen, das ohne Namen war und ohne Zahl, Humusboden, auf dem einstmals eine schönere Welt erblühen wird. Vielleicht lag darin der Sinn, nach dem er suchte. Wenn das Tor des Lagers gesprengt wurde, war er schon dahin …
     
    Eine kurze Stunde nachdem die Jabos über das Lager hinweggerast waren, tauchte ein Flugzeug auf, das die Häftlinge noch niemals gesehen hatten. Langsam und in nur geringer Höhe zog es hin und her. Auf den Türmen blickten die Posten unruhig danach, sie riefen sich erregte Bemerkungen zu. Die Häftlinge zwischen den Blocks starrten auf die seltsame Erscheinung. Das amerikanische Flugzeug war ein Artilleriebeobachter, der die Ziele ausmachte. Er versetzte nicht nur die Häftlinge, sondern auch die SS in Aufruhr. Motorradfahrer der SS rasten um den Zaun, den Posten auf den Türmen Befehle zuschreiend, letzte Befehle, von Kamloth ausgegeben.
     
    Zweiling hatte gefunden, wonach er gesucht. Doch nicht nur mit falschen Papieren wollte er sich tarnen. Aus einem Haufen alter Häftlingskleidung hatte er sich einen Anzug hervorgeholt und ihn mit der Uniform vertauscht.
    Plötzlich fuhr er in tiefem Schreck zusammen. Hinter ihm stand ein Mensch. Wurach! Zweiling sträubten sich die Haare wie beim Anblick eines Gespenstes. »Was wollen Sie hier?«
    Wurach, der aus seinem Versteck hervorgekrochen war und den Hauptscharführer in Häftlingskleidung sah, fauchte:
    »So machst du es also, du Hund …« Zweiling sprang zurück: »Verschwinden Sie!«
    Wurach zog drohend den Kopf ein. Da riss Zweiling die Pistole aus der Tasche.
    Müller und Brendel hörten die Schüsse. Was war das? Sie sahen sich an. »Los, rein!«
    Sie stürzten ins Gebäude, jagten die Treppen hinauf, die Kammer war verschlossen. Mit kräftigen Tritten wuchteten sie die Tür ein.
    »Hände hoch!«
    Noch mit der Pistole in der Hand hob der überraschte Zweiling die Arme. Die Lagerschutzler sprangen ihn an. Der

Weitere Kostenlose Bücher