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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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und hob das Kind auf den Arm.
    Als er gehen wollte, strich Höfel dem Kind über das weiche Haar.
    Kropinskis Gesicht erwärmte sich hoffnungsvoll, er nickte Höfel ermunternd zu, und in seiner Stimme lag viel Bittendes.
    »Musst dir richtig ansehen kleines, kleines Kind«, sagte er weich. »Hat so schönen Augen und so kleinen Näschen, ganz kleinen Näschen und kleinen Ohren und kleinen Händchen … Ist alles noch so klein …«
    Höfel wurde es heiß und eng um die Brust, er {strich noch einmal zart und abschiednehmend über das Köpfchen und} ließ die Hand sanft herabgleiten, als zöge er etwas Verdeckendes über das Gesicht des Kindes {Dabei stöhnte er}: »Jaja, ein kleines polnisches Judenkind …«
    Kropinski, lebendiger werdend, schüttelte den Kopf.
    »Was heißt Kind aus Polen! Kind ist auf der ganzen Welt überall! Man muss liebhaben und beschützen …«
    Gepeinigt begann Höfel zu fluchen.
    »Verdammt noch mal! Ich kann doch nicht anders! Krämer hat mir … er verlangt, ich soll das Kind …«
    Kropinski fiel ihm schnell ins Wort, seine Augen glänzten hell auf: »Du nicht hören auf Krämer. Krämer ist harter Mann. Du sehen auf Rote Armee. Kommen immer näher, immer näher und auch Amerikaner. Immer näher. Nun, was wird sein? Noch ein paar Wochen und Faschisten alle weg und wir frei … auch kleines Kind.«
    Höfel presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie weiß wurden. Er starrte vor sich hin, als wären die Gedanken aus ihm geglitten. Endlich erwachte er und machte eine wegwischende Bewegung, als wollte er die rumorenden Gedanken beiseiteschieben.
    »Ich habe es mir überlegt«, sagte er völlig verändert, »du kannst das Kind jetzt nicht zu dem Polen bringen. Was soll er mit ihm anfangen? Bei einem Transport geht alles drunter und drüber. Warte bis zum Nachmittag.«
    Kropinski atmete erleichtert auf.

Unterdessen war Krämer nach dem Revier gegangen, wo in einem Raum bereits die sechzehn für den Sanitrupp bestimmten Pfleger auf ihn warteten. Noch wussten sie nicht, zu welchem Zweck sie bestellt worden waren, das sollte Krämer ihnen sagen, der hastig den Raum betrat. Er begann ohne Umschweife:
    »Kameraden, ihr seid ab heute ein Sanitrupp.«
    Die Pfleger umringten ihn neugierig. Er kannte sie alle, sie waren jung, kühn und zuverlässig und schon lange im Lager.
    »Was ist das, ein Sanitrupp?«
    Krämer erläuterte in knappen Worten den Sinn ihres Einsatzes. Bei einem Angriff auf das Lager würden sie als Sanitäts-Hilfspersonal für die SS eingesetzt werden.
    »Wir sollen sie wohl trockenlegen{, wenn sie sich die Hosen vollgemacht haben}?«, meinte einer der Pfleger sarkastisch. Die anderen lachten und horchten dann interessiert zu, als Krämer bekanntgab, dass sie mit Stahlhelmen, Gasmasken und Verbandskästen ausgerüstet werden würden und ohne Bewachung außerhalb der äußeren Postenkette …
    Junge, Junge, rumorten die Pfleger durcheinander, das ist noch nicht da gewesen. Krämer kniff die Lippen zusammen und nickte ihnen zu.
    »Es geht dem Ende entgegen«, sagte er.
    »Und die da oben scheinen nervös zu werden, was?«, fragte ein anderer. Wieder nickte Krämer.
    »Ich brauche euch nicht viel zu erzählen, ihr werdet selber wissen, worauf es ankommt.« Er sah jeden Einzelnen an und fuhr fort:
    »
Wir
haben euch ausgesucht und nicht die da oben. Für die seid ihr nichts anderes als der Sanitrupp, verstanden?«
    Er hielt inne. Die sechzehn hatten sofort erkannt, dass es hier um Besonderes ging, und als Krämer fortfuhr, gedämpfter und eindringlicher als zuvor, begriffen sie.
    »Macht die Augen auf, guckt euch um, ihr kommt überallhin.Was ihr entdeckt, teilt ihr Erich Köhn mit, der übernimmt das Kommando. Alles Weitere habe ich bereits mit ihm besprochen.«
    Köhn nickte zustimmend.
    »Hört zu!« Krämer wandte sich im Kreise.
    [»Ich bringe euch nachher zum Tor. Und dann noch was, Kameraden, hört zu …«
    Hier wurde Krämer unterbrochen. Papa Berthold, der Kommandoführer des Häftlingsreviers, kam ins Zimmer. Keiner der anwesenden Häftlinge hielt es für nötig, die vorgeschriebene militärische Haltung anzunehmen. Berthold schien es auch nicht zu erwarten. Er scharrte den Dreck von seinen wulstigen Knobelbechern.
    »Ihr macht wohl ’ne Versammlung?«
    Sein Faltengesicht verzog sich zu einem Grinsen. Er stapfte in sein Zimmer und legte den Mantel ab, kam aber sofort wieder herüber und streifte sich den weißen Kittel über.
    »Was iss ’n das hier?«, fragte er mit

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