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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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war so stark, dass er nicht fähig war, etwas zu erwidern. Zweiling merkte, dass ihn Höfelverstanden hatte. Vor seiner eigenen Courage erschrocken, wandte er sich von Höfel weg und setzte sich wieder an den Schreibtisch, begann sinnlos im Ablagekasten herumzukramen. Höfels prüfender Blick machte ihn unsicher, aber nun gab es kein Zurück mehr.
    Das Enthüllende war ausgesprochen.
    Noch um einen Ton vertraulicher sagte er:
    »Wenn es hier oben ist, dann ist es sicher …«
    Nun war es noch unzweideutiger ausgesprochen. In Höfel jagten sich die Reaktionen. Alles, was ihn bisher so belastet hatte, war mit einem Schlag hinweggewischt, und er sah die Möglichkeit, das Kind gefahrlos verstecken zu können. Er machte einen hastigen Schritt auf Zweiling zu. Dieser bekam es plötzlich mit der Angst. Er schüttelte heftig den Zeigefinger gegen Höfel und kreischte auf:
    »Wenn Sie erwischt werden, dann sind
Sie
dran und nicht
ich
! Haben Sie mich verstanden?«
    Alle Vorsicht außer Acht lassend, entgegnete Höfel:
    »Ich habe Sie sogar sehr gut verstanden.«
    Zweiling, in Sorge, sich zu weit vorgewagt zu haben, riss sich zusammen, sein gewöhnlicher Befehlston gewann die Oberhand. Er machte eine harte Kopfbewegung nach dem Kind: »Raus damit!«
    Höfel nahm das Kind auf den Arm und wollte das Zimmer verlassen. Schon an der Tür, wurde er von Zweiling noch einmal zurückgerufen. »Höfel!« Sie sahen sich an, schätzten sich mit stummem Blick ab, Zweiling kniff die Augen zu:
    »Sie wollen doch lebend hier herauskommen, was?«
    Eine kurze Pause des gegenseitigen Belauerns, bis Höfel erwiderte: »So wie auch Sie, Hauptscharführer.«
    Hastig verließ er das Zimmer.
    Pippig gewahrte die Erregung, in der sich Höfel befand, als er zur Tafel trat, und hielt sich klugerweise mit neugierigen Fragen zurück. Höfel zwang sich zur Ruhe.
    »Bring es wieder nach hinten«, sagte er zu Kropinski und gab ihm das Kind. Kropinski wollte fragen, doch Pippig zischte ihn an:
    »Weg damit, schnell!«
    Kropinski drückte das Kind an sich und eilte nach hinten.
    Die erwartete Katastrophe war nicht nur ausgeblieben, sondern sie hatte sich zu einer gänzlich neuen und für den Augenblick noch unfassbaren Situation gewandelt. Höfel war nicht fähig, eine Erklärung zu geben, Pippig bedurfte dieser auch gar nicht. In seinem Blick, mit dem er Höfel ansah, lag bereits das Wissen um das, was sich in Zweilings Zimmer ereignet hatte. Sie sprachen kein Wort miteinander. Höfel drehte sich schwer um und ging, als würde er geschoben, in die Schreibstube. Pippig ließ ihn allein und blieb zurück.
     
    Von seinem Fenster aus hatte Zweiling die Vorgänge beobachtet, mit bösen und gehässigen Augen. Die da draußen waren jetzt zu seinen Mitwissern geworden. Es würgte in ihm, sich auf sie zu stürzen und sie anzubrüllen, um im gewohnten Machtrausch seine eigene Unsicherheit zu verstecken. Aber plötzlich fuhr er erschrocken herum, ganz deutlich hörte er in der Ferne das Bumsen und Kollern der Einschläge, einen nach dem andern. Mit schreckhaft offenem Mund starrte er ins Leere hinein und lauschte. Nervös rieb er sich die Backe, als wäre sie nicht rasiert …
     
    Der Fliegeralarm hatte die sechzehn überrascht, als sie in ihrer ungewöhnlichen Maskierung vor dem Dienstzimmer des Kommandanten angetreten waren, um ihm vorgestellt zu werden.
    Im Lager rannten die Häftlinge in ihre Blocks. Auf den Straßen vor dem Lager wurde es lebendig. Arbeitskommandos traten an und rückten im Laufschritt ins Lager ein. SS verzog sich eilig in ihre Unterkünfte.
    Infolge des Alarms waren hohe Chargen im Dienstzimmer des {Kommandanten} versammelt, und als Reineboth eintrat, um den Sanitrupp zu melden, fuhr Schwahl nervös zu dem Rapportführer herum.
    »Wieso? – Ach so.«
    Er machte eine fahrige Armbewegung, jetzt sei keine Zeit zum Redenhalten. Die sechzehn hätten sofort ihren Dienst anzutreten.
    Das Gebrumm der Fliegerverbände erfüllte die Luft ringsum. In der Nähe waren Einschläge zu hören.
    Reineboth trat aus dem Dienstgebäude und gab den Befehl des Kommandanten in seiner schnoddrigen Art an den Sanitrupp weiter.
    »Haut ab, ihr Vögel!«
    Köhn kommandierte: »Sanitrupp, stillgestanden!«
    Die Gruppe erstarrte.
    »Linksum! Im Laufschritt … marschmaarsch!«
    Reineboth sah den Davoneilenden skeptisch nach, seufzte und zog sich hastig in seine Bombenunterkunft zurück.
     
    Weit und breit war niemand mehr zu sehen, als die sechzehn Mann durchs Gelände

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