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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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lächelte:
    »Wird nicht sterben Apparat, werden sterben nur ich!«
    Dagegen {lärmten} alle auf. Bogorski wurde böse. Gefahr sei immer da, sagte er, oder wäre es etwa ungefährlich, {hier zu sitzen und zu beraten? Ungefährlich,} einen großen Apparat mit internationalen Widerstandsgruppen aufzuziehen und {ungefährlich,} Waffen zu besitzen?
    »Wir haben gemacht großen Schwur, wird sterben jeder, wenn er kommt zu SS, und nichts verraten. Haben wir gemacht Schwur oder haben wir gemacht nicht? Charascho! Nun, ich wollte nur sein treu zu Schwur, ihr verstanden?«
    In diesem Sinne sei er nicht geleistet worden, widersprach Bochow.
    »Haben wir andere außer uns?«, fragte Bogorski.
    »Ja«, entgegnete Bochow und machte die Genossen mit Krämers Angebot bekannt, das ihm selbst, solange er darüber nachgedacht hatte, immer vertrauter geworden war. Auch die Genossen erkannten die Vorteile, zumal keine neuen Verbindungen hergestellt werden mussten und Bochow mit dem Lagerältesten ständig Kontakt hatte. Selbst Bogorski gab seinen Plan auf. Er hob beide Hände und lächelte liebenswürdig: »Nun, ich lassen mich, wie sagt man, überzeugen …«
    Die Besprechung hatte keine halbe Stunde gedauert, und die Genossen verließen einzeln und unauffällig den Tagungsort. Sie verteilten sich auf ihre Blocks.
    Krämer war gerade im Begriff, nach dem Revier zu gehen, um den Sanitrupp zusammenzustellen, der aus Pflegern des Reviers gebildet werden musste, als Bochow zu ihm kam. Es bedurfte nur weniger Worte zwischen ihnen. Bochow teilte Krämer mit, dass die Genossen mit seinem Vorschlag einverstanden seien. Er solle den Sanitrupp übernehmen. Sie berieten, welche von den Pflegern Krämer auswählen sollte. Es mussten alles zuverlässige und erprobte Genossen sein. Später begab sich Krämer zum Revier. Auf dem langen Korridorvor dem Ambulanzraum drängte sich der Elendshaufen kranker Häftlinge zusammen.
    Krämer zwängte sich durch die Wartenden in den Ambulanzraum hinein. Hier herrschte Hochbetrieb. Schubweise wurden die Kranken hereingelassen, immer zehn Mann zugleich. Der saure Ichthyolgeruch und der von Körperwärme aufdringlich ausgedünstete Wundgestank machten die Luft im Raum zum Atmen kaum noch brauchbar. Häftlingspfleger in abgetragenen weißen Leinensachen fertigten die Kranken ab. Stumm und routiniert wurde gearbeitet. Sie zerrten die verschmutzten und zerflederten Papierbinden von den Gliedmaßen, reinigten die Wunden, die, von einem schwarzen Krustenring verhärteter Ichthyolsalbe umgeben, brandig klafften. Mit dem Holzspatel strichen sie einen Klecks frischen Ichthyols über der Wunde breit. Schnell und geübt wurde eine neue Kreppbinde umgewickelt, wie die Papiermanschette um den Blumentopf. Kaum ein Wort wurde dabei gesprochen.
    Die knappe Zeitspanne zwischen Abendappell und dem Abpfeifen für die Nacht musste genutzt werden. Mit einem sanften Druck ins Kreuz schob der Pfleger den Patienten von sich fort.
    »Fertig, der Nächste.«
    Dieser Nächste hatte die Hosen schon heruntergelassen und zeigte dem Pfleger in wortloser Bitte ein schwarzblaues Ekzem auf dürrem Schenkel. Er wurde ausgesondert und humpelte, die rutschenden Hosen festhaltend, in die Reihe derjenigen, die bereits am Operationstisch warteten.
    Erich Köhn, der Erste Pfleger, Kommunist und einstmaliger Schauspieler, war der Operateur. Er hatte keine Zeit für einen Blick auf den Kranken, der auf dem Operationstisch, einer stabilen Holztafel mit einem Kopfkissen aus schwarzem Wachstuch, für ihn zurechtgelegt wurde. Köhn sah nur Geschwüre und Beulen, und noch während seine Operationsassistentendie Äthermaske auflegten, taxierte er die Geschwülste nach Längs- und Kreuzschnitt, und schon knirschte sein Skalpell in das kranke Fleisch hinein. Mit beiden Daumen drückte er den Unrat heraus und reinigte die Wunde. Der Pflegerassistent stand schon mit Ichthyol und Kreppbinde bereit{. Mit Ruckzuck} wurde verbunden.
    Ein zweiter Assistent richtete den Operierten in Sitzstellung auf und machte ihn mit ein paar kräftigen Ohrfeigen, links und rechts um die Backen, munter. (Nimm’s nicht krumm, Kumpel, wir haben nicht Zeit, bis du dich selber besinnst.)
    Noch völlig im Rausch, kroch der so jäh Ermunterte vom Tisch und torkelte ohne Orientierung für das, was um ihn herum geschah, zur Bank an der Wand. Hier konnte er sitzen bleiben und mit den anderen, die es ebenfalls hinter sich hatten, seinen Rausch verdösen. Keiner kümmerte sich um sie. Von Zeit

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