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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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Zweiling schob die Zunge wieder auf die Unterlippe. »Hoffentlich vergessen Sie das nicht.«
    »Nein, Hauptscharführer …« Höfel ekelte es vor seiner eigenen Erwiderung, aber welche Antwort blieb ihm übrig? Er wurde sich plötzlich selbst widerwärtig, und die Sache mit dem Kind kam ihm vor wie ein schmutziges Geschäft.}
    Zweiling lehnte sich im Stuhl zurück: »Dann sagen Sie also Ihren Leuten, dass sie die Schnauze halten sollen.«
    »Jawohl, Hauptscharführer.« –
     
    Pippig hatte dem Kind eine Tasse warmer Kaffeebrühe gebracht, in die er einige Löffel Rübensaft verrührt hatte. Das Kind nahm einen Schluck und schob die Tasse von sich.
    Pippig seufzte sorgenvoll: »Mir würde das Zeug auch nicht schmecken.«
    »Was sollen wir geben kleinem Kind?«, hob Kropinski hilflos die Schultern, »es haben so dünne Ärmchen und so dünne Beinchen …«
    Pippig griff den kleinen Körper prüfend ab. »Viel ist nicht dran …«
    »Kleines Kind muss haben Brot, weißes, und Zucker und Milch.«
    Pippig lachte auf: »Milch? Mensch, Marian! Ich habe doch keine Mutterbrust.« Kropinski wiegte sorgenvoll den Kopf. Pippig rieb sich mit beiden Händen den kurzgeschorenen Schädel und platzte plötzlich heraus: »Na klar, der Junge muss Milch haben.«
    »Woher du willst nehmen?«
    Doch Pippig schien schon einen Plan zu haben, und hatte er einmal einen Entschluss gefasst, dann vertrug er keinen Zweifel. »Pippst du oder pipp – ich? Ich pippe!« Das war bös gesagt, doch gleich kauerte sich Pippig zu dem Kind nieder und tätschelte dessen Händchen: »Nun pass mal auf, mein Kleiner. Morgen geht Onkel Pippig auf eine große Weide, da sind viel Kühe, und die machen Muuuuh …« Das Kind lächelte. Erfreut nahm Pippig das Gesichtchen zwischen dieHände: »Du lernst noch lachen bei uns, Kleiner.« Dem staunenden Kropinski aber drückte er den Finger auf die Schulter: »Und du legst ihn dir morgen an die Brust, verstanden?«
    Im Schreibbüro machte Höfel nicht viel Worte über die veränderte Situation. Das Kind würde auf der Kammer verbleiben, die Sache ginge bereits in Ordnung, erklärte er mit einer bezeichnenden Kopfbewegung nach Zweilings Zimmer. Die Häftlinge des Kommandos hatten ihn sofort verstanden.
    »Redet im Lager nicht darüber, dass bei uns auf der Kammer …«, den Schluss des Satzes ergänzte er mit einer – die »Sache« überdeckenden Handbewegung. Damit war alles gesagt.
    {Nur Rose knurrte, ihm passte das nicht. Pippig kam gerade dazu, als die Häftlinge gegen Rose aufbegehrten. Es hagelte Schimpfworte: »Du alter Hosenschiss! Speckjäger, Muselmann! Mensch, wenn du auch nur ein Wort nach außen quatschst, dann hauen wir dir die Jacke voll!« Pippig zwängte sich durch den Haufen der erbosten Häftlinge.
    »Was hast du gegen das Kind?«, fragte er Rose, der im Gegensatz zu den Übrigen am Tisch saß und demonstrativ arbeitete, er sah feindselig zu Pippig auf. »Ich habe nichts gegen das Kind«, verteidigte er sich. »Aber wenn es herauskommt …« Pippig beugte sich gemütlich über Roses Arbeitsplatz.
    »Wenn es herauskommt, dann hat einer von uns gequatscht …«
    Rose entrüstete sich: »Meinst du mich damit?« Pippig grinste ihn vielsagend an.
    Höfel wollte es zwischen den beiden nicht zu einer Auseinandersetzung kommen lassen, er schob Pippig beiseite und sagte versöhnend: »Sei nicht so ängstlich, August, und habe mehr Vertrauen zu uns.«
    Die Übrigen waren anderer Meinung. »Wenn es ihm bei uns zu brenzlig wird, kann er sich ja ein anderes Kommando suchen.«
    Rose fuhr heftig auf: »Ich lasse mich nicht verjagen.« Einige der Häftlinge lachten geringschätzig. »Der ist froh, dass er hier seinen warmen Arsch hat.«
    Rose erhob sich halb von seinem Stuhl und trommelte mit den Fingerknöcheln auf die Tischplatte: »Ich mache meine Arbeit, sonst nichts! Hört ihr?«
    Der Streit schien bedrohlich zu werden. Höfel drückte den aufgebrachten Rose auf den Stuhl zurück: »Dich vertreibt niemand. Ruhe, Kameraden! Rose ist kein Zinker.«
    »Aber ein Hosenschiss«, lachten und schimpften sie durcheinander.
    Rose, von Höfel besänftigt, setzte mit verbissenem Gesicht seine Arbeit fort, die Hände zitterten ihm, als er weiterschrieb.}
     
    Nach Arbeitsschluss {auf dem Block} saß Höfel allein am Tisch. Pippig war nicht da. Viele Häftlinge waren schon in die Betten gekrochen. Hinter Höfels Tisch saß eine Gruppe zusammen, eifrig flüsternd.
    In Höfel rumorten die Gedanken. Ein beklemmender Druck lag

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