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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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der weit vorgereckte Hals starr und steif wie Stein. Nachdem der Mandrill den Strick am Gitter verknotet hatte, stürzte er sich auch auf Kropinski, der angstvoll in einer Ecke zusammengekrochen war.
    »Ich gar nichts wissen«, weinte er auf. Er wurde gefesselt, zum Fenster gezerrt und neben Höfel hochgezogen. Sie schrien beide wie Tiere. Reineboth kannte den Ablauf des Prozesses.
    Länger als zwei Minuten hielten die Schreie selten an, dann war die Kraft verbraucht und reichte nur noch zu einem kindhaften Wimmern. Kluttig stand mit hüftgestützten Fäusten vor den Hängenden. Seine Augenlider zitterten. Solange die beiden schrien, hatte es keinen Zweck, mit ihnen zu sprechen, sie hörten doch nichts. Man musste warten. Der Mandrill zündete sich eine Zigarette an.
    Alle drei benahmen sich wie bei einem Experiment. Höfels Kopf sank zuerst auf die Brust. Er röchelte nur noch. Jetzt war es so weit.
    »Hör zu, Höfel! Wir binden dich jetzt ab; wenn du nicht aussagst, was du weißt, dann baumeln wir dich so lange auf, bis aus dir ein Hampelmann geworden ist.« Reineboth tratzu Kropinski. »Das gilt auch für dich, Pole!« Zur Bekräftigung seiner Drohung fasste Reineboth beiden an den Hosenbund und riss daran wie an einem Klingelzug. Jeder Ruck, der die Last der hängenden Körper um Zentner vermehrte, ließ die beiden messerscharf aufschreien. Ihre Gesichter verfärbten sich. Reineboth begleitete das teuflische Spiel mit freundlichen Worten: »Damit ihr seht, dass wir keine Unmenschen sind, binden wir euch jetzt los. Ich rate euch, dafür dankbar zu sein.« Auf seinen Wink hin löste der Mandrill die Stricke, und die beiden sackten zu Boden.
    Reineboth wechselte mit Kluttig einen Blick, der nickte zustimmend. Der Mandrill richtete die Körper an der Wand zu halb sitzender Stellung auf. Reineboth schob Höfels herunterhängenden Kopf mit der Stiefelspitze hoch.
    »Was weißt du über Krämer?« Höfel hielt die Augen geschlossen. {Einen Augenblick lang empfand er die Stiefelspitze unter dem Kinn sogar als Erleichterung.} Reineboth wartete eine Weile, dann ließ er Höfels Kopf fahren, der auf die Brust zurücksank. »Gut«, sagte er dabei, »fangen wir von der anderen Seite an. Was hast du uns über dich selber zu erzählen?«
    Die sekundenlange Stille des Wartens wurde durch Kluttig zerrissen, der in gellender Wut losbrüllte und wie ein Fußballspieler auf die beiden eintrat.
    »Wollt ihr reden, ihr Halunken?«
    Reineboth, klüger und beherrschter als Kluttig, hielt diesen von weiteren Misshandlungen zurück und bedeutete ihm durch ein Zeichen, ihn gewähren zu lassen. Er beugte sich zu den beiden, die am Boden lagen. »Hört zu. Wir lassen euch jetzt in Ruhe. Wir kommen bald wieder. Schnappt inzwischen Luft und überlegt es euch genau. Entweder ihr erzählt uns, was wir wissen wollen, und bleibt am Leben, oder wir hängen euch am Halse auf, und dann hat euer kleines Kind keine lieben Onkels mehr.«
    Reineboth richtete sich auf und sagte höhnisch: »Kommen Sie, meine Herren, die Patienten brauchen Ruhe zum Nachdenken.« –
    Der Schlüssel knackte unbarmherzig hart im Schloss, das Licht erlosch. –
    Gütig war die Nacht. Ihre schützenden Stunden glitten lautlos, wie heilende Hände, über die beiden hinweg. Förste brauchte nicht mehr zu lauschen, er wusste, für heute war es vorbei.
    Er schlief ein. In der Zelle aber, unweit der seinen, hatte es zu flüstern begonnen, so leise, dass die Luft im Raum kaum davon bewegt wurde.
    »Was sie wollen wissen für Namen von uns?«
    Höfel antwortete nicht auf Kropinskis Frage. Aneinandergestützt, hatten sie sich an der Wand aufgerichtet, um in ihren nassen Sachen auf dem eisigen Zementboden nicht zu erfrieren.
    »Du es mir nicht wollen sagen?«, begann Kropinski nach einer Weile wieder. Doch Höfel schwieg noch immer. Er ließ den Kopf hängen, und die Dunkelheit schützte ihn davor, dass Kropinski sein Gesicht sehen konnte. Dessen Fragen waren wie eine Pflugschar in Höfel eingedrungen und hatten die alte Schuld aufgeworfen wie Erdreich. Der Schmerz seines Herzens floss zusammen mit den Schmerzen des zerschundenen Körpers. Höfel zerbröckelte wie morsches Gestein. Nun hatte er Kropinski mit hineingerissen! Um seiner Schuld willen musste der Schuldlose alle Qualen mit erdulden und ging mit ihm in den sicheren Tod. Aus dieser Zelle führte kein Weg wieder hinaus.
    Im Glauben, des Kindes wegen hier zu sein, fragte ihn der Ahnungslose, warum wohl Namen von ihnen erpresst

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