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Nackt unter Wölfen

Nackt unter Wölfen

Titel: Nackt unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Apitz
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bemerkte scheinbar gleichgültig: »Beim Abendappell streichen Sie zwei als Abgang vom Bestand. Den Höfel und den Polen, den Dingsda …«
    »Den Kropinski.«
    Reineboth wurde unsicherer und ärgerte sich, schnauzte:
    »Jawohl, den Kropinski.«
    Er hatte sich nicht mehr in der Hand und machte Fehler.
    »Da haben die zwei wohl zur rechten Zeit einen kalten Arsch gekriegt?«, sagte er mit verzogenen Lippen, er besaß die Fähigkeit, selbst ein derbes Wort elegant zu servieren. »Darüber sind Sie froh, was?« Sein Blick huschte über Krämers Gesicht.
    »Aber da ist ein kleines Pech passiert. Sie haben vor ihrem seligen Ende noch gebeichtet.« Wieder der huschende Blick.
    Krämer zog die Augenbrauen hoch.
    »Sie haben das Kind also gefunden?«
    Das überrumpelte den Fuchs. Reineboth machte einen weiteren Fehler. »Das Kind? – Ich bin dem Kind sehr dankbar. Es hat uns auf die Schliche geholfen.«
    Jetzt war die Lüge offenkundig!
    »Gebeichtet« haben konnte nur Höfel, Kropinski wusste von nichts. Und Höfel lebte und hatte nichts gestanden.
    Sie redeten um die Sache herum. {Sie deckten sie auf und deckten sie wieder zu.} Reineboth {kam nicht voran, er} fürchtete, sich zu weit nach vorn gewagt zu haben. Um einen letzten Triumph auszukosten, trat er dicht vor Krämer, zielte wieder über Kimme und Korn:
    »Also buchen Sie ab.«
    »Jawohl.« Krämer hielt dem Blick stand, nicht einmal die Lider zuckten ihm. Sie standen sich gegenüber und beherrschten sich unerhört. Reineboths Blick wurde kalt und gefährlich, der Jüngling hörte sich selbst zu, wie er tief innen auf Krämer loszubrüllen begann. Doch davon ließ er Krämer auch nicht durch die geringste Veränderung seiner äußeren Haltung etwas wissen, er gab ihm nur einen kurzen Wink: »Ab!«
    Als Krämer gegangen war, schleuderte Reineboth die Zigarette fort, stieß die Hände in die Hosentaschen und warf sich ungeschickt auf den Stuhl, stierte vor sich hin. Den psychologischen Weg hatte er sich versperrt. –
     
    Wenn sie Höfel nun wirklich umgebracht haben? – Einen Lebenden als tot vom Bestand zu streichen, das hatte es noch nie gegeben. – Krämer ging mit schweren Gedanken in seinen Raum zurück.
    Hatte ihm Reineboth die Wahrheit gesagt? Wo begann sie, wo begann die Lüge? – Es ging ja nicht um das Kind!
    Wie unheimlich und gefahrgeladen waren die Stunden, seit Höfel im Bunker saß! Jede Stunde, die noch verging, konnte wie ein Geschoss explodieren, von innen heraus bersten. Schlagartig würden sämtliche Blockführer ausschwärmen, sich auf die einzelnen Kommandos rund um das Lager und in die Blocks stürzen, dort, wo die Genossen des Apparats zu finden waren. In weniger als einer Stunde wären die Genossen zusammengetrieben. Der Bunker war dann ihre letzte Station!
    Hatte Krämer das Gefühl gehabt, auf dünner Eisdecke zu gehen, als er zu Reineboth eilte, so ging er jetzt den Weg zurück wie auf schmalem Steg über einem Abgrund. Eben bog er um die Schreibstube, als es aus dem Hauptlautsprecher am Tor über das Lager rief: »Der Lagerelektriker zum Tor.« Krämer blieb stehen. Der Befehl wurde wiederholt: »Der Lagerelektriker zum Tor. Tempo!« Krämer machte kehrt und lief in Richtung der Elektrikerbaracke. Schüpp, den Werkzeugkasten über der Schulter, kam ihm schon entgegen.
    »Pass auf, Walter, es klappt.« Sie verständigten sich kurz.
    »Höfel soll tot sein …« Schüpp bekam vor Schreck runde Augen.
    »Mensch, Walter!«
    Und Krämer: »Lauf, Heinrich, vielleicht kannst du was Genaues erfahren.« Schüpp eilte fort, Krämer sah ihm nach. –
     
    Förste hatte Wort gehalten. Auf unerklärliche Art war der Strom im Bunker weggeblieben. Die Sicherungen warendurchgebrannt. Schüpp untersuchte den elektrischen Kocher im Aufenthaltsraum des Mandrill und ließ sich von Förste zur Hand gehen. Der Mandrill stand misstrauisch daneben, er ließ ungern einen Häftling in sein Reich. Zwischen Schüpp und Förste war schweigendes Einverständnis. Schüpp vermied jede Vertraulichkeit. Knapp und sachlich gab er dem Kalfaktor Bescheid, was dieser zu tun hatte. Er musste den Kocher festhalten, als Schüpp die Schrauben löste. Umständlich untersuchte er die Eingeweide des Kochers und fand nichts daran auszusetzen.
    »Der Kocher ist in Ordnung«, sagte er mit einem Anflug von Redseligkeit. »Gewöhnlich ist so ein Ding schuld, wenn es Kurzschluss gibt.«
    Der Mandrill fuhr ihn barsch an: »Quatsch mich nicht voll und bring das in Ordnung.«
    »Jawohl,

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