Nackt unter Wölfen
erschrak heftig. Er tastete um sich, fühlte Nässe und Kälte, und seine Hand stieß gegen etwas Körperhaftes. Das machte Kropinski völlig wach. Obwohl es dunkel um ihn war, wusste er, dass er sich in der Zelle befand und der Körper, den er ertastet hatte,Höfel war. Noch eine Weile brauchte Kropinski, bis er die Herrschaft über seinen zerschlagenen Körper erreicht hatte. Mühselig richtete er sich auf den Knien hoch.
Er wollte sprechen und entdeckte, dass seine Lippen unmäßig geschwollen waren. Gurgelnd rief er Höfel an: »André …«
Der rührte sich nicht, und erst, als ihn Kropinski an der Schulter rüttelte, gab Höfel ein hohles Stöhnen von sich.
»André …«
Kropinski wartete auf die Antwort, er fühlte übermäßig das Pulsen der Striemen in seinem Gesicht. – Unvermittelt begann Höfel zu weinen, schütter und trocken. Kropinski tastete Gesicht und Körper Höfels ab und wusste nicht zu helfen.
»André …« Höfel verstummte. Er lag noch einen Augenblick starr und still, dann richtete er sich hoch. Es kostete ihn große körperliche Mühe. Erschöpft stützte er sich auf die Hände und ließ den Kopf hängen wie ein Übermüdeter. Wasser tropfte an ihm herunter. Er griff sich an den schmerzenden Hinterkopf, das Haar war verklebt. Nur vorsichtig konnte er über die Stellen streichen, wo die Knute getroffen hatte, die Berührungen schmerzten. Was ihm von hinten her über die Wangen tropfte, war kein Wasser … Höfel wischte mit dem Handrücken über den Mund hinweg und stöhnte. »Marian …«
»André?«
»Was haben sie mit dir gemacht?«
Spitzatmig antwortete Kropinski und versuchte, Höfel zu trösten.
»Ich wieder sein – schon – ganz – gesund …«
Sie schwiegen. Nur ihr Atem ging hörbar. Sie lauschten in sich den überstandenen Erschütterungen nach. –
Plötzlich ging an der Zellendecke die elektrische Glühbirne an. Die Tür wurde aufgerissen, und Kluttig trat hastigein. Hinter ihm Reineboth und der Mandrill, der ein paar Stricke in der Hand hielt.
»Aufstehen!« Unbarmherzig riss Kluttigs schneidende Stimme das schützende Alleinsein hinweg wie eine Decke, und die Sinne der beiden, nackt und bloß, bebten kommenden Martern entgegen. Mit Mühe hielten sie sich aufrecht. Kluttig war voller Gier, er schrie Höfel an: »Wer sind die anderen von eurer geheimen Organisation?« Höfel durchfuhr ein eiskalter Schreck. »Willst du reden?« Kluttig packte Höfel hart an der Brust und schleuderte ihn gegen die Wand. Höfel knickte nieder. Der Mandrill warf sich über ihn, presste ihm die Hände auf dem Rücken zusammen, band sie mit dem Strick fest und riss Höfel hoch. Dieser spürte Kluttigs Atem in seinem Gesicht, der ihn wieder anschrie: »Wer sind die anderen? Rede, Mensch! Ich bringe dich um!«
Höfel ächzte. Klatschend schlug ihm Kluttig die Hände ins Gesicht und schrie in einem fort: »Wer sind die anderen? Sag die Namen!« Reineboth ließ Kluttig eine Weile schlagen, dann schob er den rasenden Lagerführer beiseite und sagte mit eindringlicher Gelassenheit: »Rede, Höfel, oder wir lassen dich baumeln, bis du nach der Mutti schreist.«
Jetzt wusste Höfel, was sie von ihm wollten, und wusste aber auch, was er zu erwarten hatte, wenn er schwieg. Er presste alle Kraft in sich zusammen und wand sich stöhnend unter der Last der inneren Qual. Reineboth beobachtete den Kampf, der sich in Höfels Gesicht abzeichnete, und als er glaubte, dass die Krise herannahte, gab er dem Mandrill einen Wink. »Hängen!«
Höfel durchfuhr es wie ein Feuerstoß. Er stieß einen langgezogenen Schrei aus. Die Angst vor der entsetzlichen Tortur machte seinen Körper so nackt, als wäre er ohne Haut. Schreiend stemmte er sich gegen den Mandrill, der ihn zum Fenster zerrte und den Strick durch das Gitter warf. Eben wollte der Mandrill anziehen, als ihn Reineboth daran hinderte.Höfels irres Schreien übertönend, brüllte er: »Sag zwei Namen! Sag einen, hörst du, nur einen! Los! Sag!«
Noch einen Augenblick wartete Reineboth. Gleich musste die Angst den Damm des Willens zerreißen und ihn überfluten.
»Los, schnell! Rede!« Doch Höfel hörte nicht. Er schrie. Warf den Kopf in den Nacken und bewegte ihn konvulsivisch hin und her. Da zog der Mandrill den Strick mit einem Ruck zu.
Höfels Arme wurden nach hinten hochgerissen, die Schultergelenke knackten. Er baumelte! – Sein Geschrei ging in einen pfeifenden Ton über. Die bis zum Platzen gespannten Nackenmuskeln wurden eisenhart und
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