Nackt
längst nicht so fett wie der Allerwerteste deiner preisgekrönten Färse, die sich die drei Sack Klee einhilft, die sie vom Vorgartenrasen der Kazmerzacks abgeerntet hat, du Muttersöhnchen.»
Meine Mutter hatte eine wohlhabende Tante, eine berechnende und ehrgeizige Frau, welche die Gründer zweier Warenhäuser in Cleveland geheiratet hatte. Die Frau starb verfolgungswahnsinnig und kinderlos und hinterließ den Großteil ihres Besitzes meiner Mutter, ihrer Schwester und einer Handvoll Nichten. Eigenes Geld verlieh meiner Mutter zusätzliche Hebelwirkung. Sie gewöhnte sich an, in einem weißen Nerzumhang durch das Haus zu wandern und dabei laut aus den verschiedenen Immobilienbroschüren vorzulesen, mit denen sie von einem Manne versorgt wurde, der eines Nachmittags erschien und sich als ihr Broker vorstellte.
«Die hier hat eine geräumige Sauna aus Redwood-Holz, separate Schlafzimmer für jedes meiner Kinder und unverbaubaren Blick auf ferne Vulkane. Hier steht: ‹Besonders geeignet für geschiedene Damen, keinerlei Griechen zugelassen.› Das hört sich ja allerliebst an! Meint ihr nicht?»
Das Geld machte sie gefährlich, und innerhalb eines Monats war es beschlossene Sache, dass die Ya Ya in ein Altersheim geschickt werden sollte. Mein Vater packte ihre Effekten in den Kombi, wir folgten im Cadillac meiner Großtante und zankten uns darum, wer den Sitzbezug aus Webpelz behalten durfte.
Zuerst kam sie in eine private Einrichtung, wo sie sich ein Zimmer mit einem weißhaarigen, wahnsinnigen Kobold namens Mrs. Denardo teilte, welcher spät nachts aus dem Bett krabbelte, um in den Präsentkorb zu scheißen und das Gebiss der Ya Ya im Wasserkasten der Toilette zu verstecken, wo es schön frisch bleiben sollte.
«Ich bin Jesu Christi Stiefschwester und wurde zurückgesandt auf Erden, um all die faulen, gottverdammten Nigger zu verhaften und ihnen beizubringen, dass sie Rippchen so braten sollen, wie sich das gehört, verdammt noch mal.» Wir waren entzückt und gaben ihr die Geschenke, die wir der Ya Ya mitgebracht hatten.
«Was ist das? Ein Säckchen Mandeln, sagt ihr? Die könnt ihr euch ins zum Kuss geschürzte Pupsloch stecken, soweit es mich betrifft. Ich will bodenlange Gardinen und dazu passende Schuhe.»
Die Ya Ya beschwerte sich unermüdlich, aber meine Geschwister und ich, in der energisch vorgetragenen Saga ihrer Zimmergenossin verloren, hörten gar nicht hin. Wir organisierten einen bunten Abend, ganz auf Mrs. Denardos exotischen Geschmack zugeschnitten, und übten wochenlang, von dem Lied «Getting to Know You» bis hin zu einer Dramatisierung des Massakers am St.-Valentins-tag.
«Eure Show war die allerletzte Scheiße», schrie sie, von einem Publikum aus strahlenden älteren Mitbürgern umgeben. «Ihr wisst doch einen Scheißdreck von der ganzen Kacke, ihr Nigger.»
Das Privatkrankenhaus hatte sieben Kreise der Hölle, und als Mrs. Denardo nach oben in deren dampfenden Kern verlegt wurde, verloren mein Bruder, meine Schwestern und ich das Interesse an der Ya Ya.
Sobald der Bau vollendet war, zog die Ya Ya in ein funkelnagelneues Gebäude ausschließlich für alte Leute, ein Hochhaus namens Capitol Towers. In den Apartments gab es metallisch glänzende Tapeten und modisch asymmetrisch Zimmer und die durchgehenden Panoramafenster boten Aussicht auf die neue Einkaufspassage. Niemand in Raleigh wohnte in einem Hochhaus und zunächst waren wir von dem Glanz geblendet. Meine Schwestern und ich missgönnten einander die Gelegenheit, eine Nacht im fetzigen Klubhaus der Ya Ya zu verbringen, und abwechselnd standen wir nacheinander vor dem eingefärbten Fenster, ließen die Eiswürfel in unserem alkoholfreien mocktail klirren und taten, als wären wir vom Lichterglanz des Stadtteils North Hills ganz gebannt und hin.
Mir machte es Spaß, so zu tun, als wäre dies mein Apartment und die Ya Ya nur zu Besuch.
«Hier kommt die Hausbar hin», sagte ich und deutete auf ihre schäbige Essecke. «Der Filmprojektor kommt neben die Andachtsecke und die Trennwand hauen wir weg; da machen wir eine Kommunikationsmulde draus.»
«Okay», sagte die Ya Ya und betrachtete ihre gefalteten Hände. «Du mache Mulde.»
Wieder hoffte mein Vater, die Ya Ya werde Freundschaften schließen, aber die Frauen in den Capitol Towers waren eher kurzhaarige moderne Großmütter mit Kompaktautos und stilvollen Hosenanzügen aus Jeansstoff. Sie hielten sich mit Ehrenämtern auf Trab und organisierten Busfahrten nach Ocracoke und
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