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Nacktbadestrand

Nacktbadestrand

Titel: Nacktbadestrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Vavrik
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beeilen.
    Diesen beiden zuzusehen ist besser, als ins Kino zu gehen.
    Bis auf diese Familie scheint das ganze Lokal ausschließlich von Pärchen besetzt zu sein. Sie sitzen bei kleinen Tischchen, zwischen ihnen brennt jeweils eine Kerze, sie lächeln einander an, hin und wieder geben sie sich einen Kuss. Sie lassen sich gegenseitig von ihren Speisen kosten. Die Lippen der Frauen sind voll, wenn sie an den kleinen Bissen von den Gabeln ihrerBegleiter kauen, die Männer sind frisch rasiert, und duften bestimmt alle noch nach Rasierwasser.
    Mein Schnitzel ist da. Es ist ausgezeichnet. Zartes Fleisch, knusprige Panier, genauso, wie ich es mir erhofft habe.
    Am Nebentisch zu meiner Linken sitzt eine junge Gesellschaft. Auch alles Pärchen, ich habe aus Neugier nachgezählt. Weinflaschen, Weingläser, Bierkrüge bilden auf ihrem Tischtuch ein hübsches Stillleben. Alle sind sie gut gelaunt, Küsse werden gegeben, man umarmt einander, man lacht.
    Nur ein junger Mann unter ihnen sieht bedrückt aus. Er schweigt, starrt mit seinen blauen Augen das Weinglas vor sich an, einige Locken seines schwarzen, glänzenden Haars fallen ihm ins Gesicht. Nicht einmal sein tailliert geschnittenes, blaues Sakko und sein bunt kariertes Hemd können seine traurige Stimmung verbergen. Das Mädchen, das neben ihm sitzt, unterhält sich währenddessen bestens mit der gesamten Runde, umarmt hin und wieder ostentativ ihren anderen Sitznachbarn. Eigentlich unverschämt, finde ich. Bei jeder dieser Umarmungen leert der traurige junge Mann sein Glas, um sich sofort wieder nachzuschenken. Das beweist mir seinen Kummer. Liebeskummer? Er tut mir leid.
    Er hebt seine Augen, unsere Blicke treffen sich, ich sehe schnell weg. Ob er erkannt hat, dass ich ihn beobachte? Ich habe ihn tatsächlich sehr lang angestarrt. Das ist mir peinlich. Ich nehme einen Schluck von meinem Apfelsaft, esseein paar Bissen vom Schnitzel, vom Salat, nehme wieder einen Schluck. Endlich wage ich es wieder, zu ihm zu sehen. Seine Augen sind weit aufgerissen, sein Mund steht offen, wie versteinert sitzt er da, sieht zu mir, als ob er sich seit unserem letzten Blickkontakt nicht gerührt hätte. Die Spannung wird groß. Ich habe Angst, dass er sich abwenden könnte. Ich reiße mich zusammen und lächle, er lächelt zurück. Ich sehe mechanisch in meinen Teller, aber sofort hebe ich meinen Blick wieder, lächle ihm noch einmal zu. Er strahlt über das ganze Gesicht, zündet sich eine Zigarette an.
    Ich esse die letzten Stücke meiner Mahlzeit auf.
    Das kleine Mädchen versteckt sich immer noch unter dem Tisch zu meiner Rechten. Es tut so, als würde es mit dem bösen Kapitän über ihre Freilassung verhandeln. Sie gibt an, dass ihr Papa König sei, dass er ihn mit Gold überhäufen würde, wenn sie wieder zu Hause wäre. Dann bettelt sie. Schließlich droht sie. Sie droht mit der Tapferkeit ihres Bruders und mit seiner Geschicklichkeit zur See. Sie erzählt, wie er einen Haifisch, so groß wie ein Wohnhaus, allein und nur mit seinen bloßen Händen bezwungen hätte. Und kaum hat sie es ausgesprochen, kommt der Bruder gelaufen, ficht mit der Luft, macht Geräusche, als würde er aus einer Pistole schießen. Dann hockt er sich neben seine Schwester, löst ihre Fesseln, reicht ihr einen Degen. Der böse Kapitän kommt zu ihnen unter den Tisch.Der Tisch ist seine Kajüte. Ein großes Gefecht beginnt. Der Bruder wird verwundet, muss aussetzen. Lange kann die Prinzessin allein den bösen Kapitän auf Abstand halten, aber jetzt ist sie entwaffnet worden, der Böse kommt immer näher. Sie ruft ihren Bruder um Hilfe. Der rafft sich mit letzter Kraft auf, sticht dem Bösen einen Dolch in den Rücken. Die Schwester sagt ihrem Retter, dass er warten soll, läuft zu einem Tisch, nimmt einen Stoß Servietten. Sie kommt zurück und versorgt damit seine Wunden.
    Dieses Abenteuer ist also gut ausgegangen. Aber wie wird es mir ergehen? Der junge, traurige Mann gefällt mir schon sehr. Es würde mich der Grund seines Kummers interessieren, überhaupt würde mich interessieren, was er so treibt, wie alt er ist, wie er heißt und so weiter. Ich möchte ihn kennenlernen. Mein Mitleid von vorhin ist jetzt völlig diesem neuen Gefühl gewichen.
    Aber wie soll ich es anstellen? Allem Anschein nach liegt die Notwendigkeit der Initiative in diesem Fall bei mir. Aber er

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