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Nacktes Land

Titel: Nacktes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: West Morris L.
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war.
    Ein plötzliches Geräusch unterbrach den Lauf seiner Gedanken, ein Krachen und Splittern, ein lautes Plätschern, dann ein Glucksen im Wasser.
    »Krokodil, Boss!« sagte Billy-Jo aufgeregt.
    Aber Adams hatte sein Gewehr schon in der Hand und entsichert, während er den Schatten auf der anderen Seite des Flusses anstarrte. Mary Dillon bewunderte seine schnelle, automatische Reaktion.
    »Da drüben, Boss, bei Treibholz.«
    Die scharfen Augen des Spurenlesers hatten einen Schimmer von Mondlicht auf schuppiger Haut eingefangen.
    »Ich sehe schon. Ein großer Bursche.«
    Drei Sekunden später feuerte Adams, und die große Echse schlug um sich und warf sich im Wasser hin und her, ihr Schwanz fegte die angeschwemmten Steine in alle Himmelsrichtungen. Nach einer Weile ließen die Schläge nach, das Krokodil rollte auf den Rücken, so daß sein bleicher Bauch zu sehen war, und blieb in dem Stauwasser unter den Pandangwurzeln liegen.
    Ohne eine Aufforderung abzuwarten, stürzte sich Billy-Jo in das flache Wasser und watete durch den Fluß. Krokodilhäute waren Gold wert, und da ein Polizist keinen privaten Handel treiben durfte, gehörte dieser Nebenverdienst ihm. Plötzlich blieb er im Wasser stehen, das ihm bis zur Taille reichte, und sie sahen, wie er etwas herausfischte. Darauf kehrte er sich von der toten Bestie ab und prüfte das angesammelte Treibholz. Sie sahen, wie er es auseinanderbog, in dem Durcheinander herumwatete und dann lange den dunklen Bereich dahinter erforschte.
    Nach fünf Minuten stand er wieder am Lagerfeuer, tropfnaß, doch siegesbewußt. In seinen Händen hielt er Dillons Hemd und Hose und die lange gezackte Spitze von Mundarus Speer.

7
    Mary starrte entsetzt auf die zerrissenen Kleidungsstücke, die Adams im Sand ausbreitete und mit professioneller Gründlichkeit untersuchte. Er stieß einen leisen Pfiff aus, und seine hellen Augen leuchteten vor Bewunderung auf.
    »Ihr Mann ist wirklich unglaublich, Mary.«
    »Ich – ich verstehe nicht ganz.«
    Punkt für Punkt erläuterte er ihr seine Schlußfolgerungen. »Genau hier haben wir seine Spur verloren, wissen Sie noch? Er muß den Fluß überquert und sich hinter dem Treibholz da drüben versteckt haben. Er hatte eine Verletzung an der Schulter …« Mary schnappte erschrocken nach Luft, als er ihr den Riß und die Blutflecken in Dillons Hemd zeigte. »Er hat die Speerspitze herausgezogen und ins Wasser geworfen. Vermutlich hat er sein Hemd zu Streifen gerissen, um sich zu verbinden …«
    »Und dann?« Spannung lag in ihrer Stimme. »Was hat er dann gemacht? Warum hat er seine Sachen zurückgelassen?«
    Adams legte beschwichtigend eine Hand auf ihren Arm.
    »Beruhigen Sie sich, Mary. Wir müssen alles der Reihe nach durchgehen. Nehmen wir an, er ist im Hellen an den Fluß gekommen, vielleicht gestern nachmittag. Er war verwundet und schwach und wußte, daß er sich am Tag nicht ins offene Land wagen durfte. Was tat er also? Er versteckte sich an dem Platz da drüben und wartete, bis es dunkel wurde. Wir wissen, daß die Myalls ihn suchten, und weil sie ihn nicht gefunden hatten, schliefen sie am Flußufer und warteten den Sonnenaufgang ab. Lance könnte gegen Mitternacht aufgebrochen sein.«
    »Aber warum ohne seine Kleider?«
    Adams rieb nachdenklich sein stoppliges Kinn.
    »Ich weiß nicht. Da stehe ich auch vor einem Rätsel. Was meinst du, Billy-Jo?«
    Der Spurenleser zuckte die Achseln.
    »Boss Dillon graben Löcher in Abhang. Klettern rauf. Vielleicht Kleider verhaken in Wurzeln. Vielleicht naß und zu schwer für kranken Mann. Ich weiß nicht. Jedenfalls großer Fehler.«
    »Warum?«
    »Nacht, keine Kleider, gut. Tag, heiße Sonne, weißer Mann verbrennen, aus.«
    Adams runzelte die Stirn. Dieser Gedanke war ihm auch schon gekommen, aber er hätte ihn lieber unausgesprochen gelassen.
    »Kann sein. Vielleicht wollte er sich aber auch im Wasser flußabwärts durchschlagen. Wenn wir morgen früh seine Spur aufnehmen, wissen wir sicher mehr. Zwei Dinge stehen jedenfalls fest – er lebte, als er an den Fluß kam, und er lebte, als er ihn verließ.« Er lächelte Mary zu. »Können wir jetzt bitte essen? Ich habe Hunger.«
    Seine Ungezwungenheit war entwaffnend, auch wenn ihr klar war, daß er nur Zeit zum Nachdenken gewinnen wollte. Aber das war schließlich sein Recht, und sie war zu müde, um darüber zu diskutieren. Sie teilte das Essen aus: Büchsenfleisch, dicke Scheiben gedämpftes Brot, das typische Brot der Buschleute, Kaffee

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