Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
Vom Netzwerk:
von seiner linken in seine rechte Hand bugsieren wollte.
    Die Spinne landete im Dekolleté von Karina, bekam einen Schreck und krabbelte auf allen acht Beinen panisch davon. Direkt hinein in Karinas Bluse.
    »Hoppla«, sagte Mozes.

16 : 02  Uhr
    Die schönsten Überraschungen sind die, die man nicht hat!
     
    »Ich weiß nicht, es geht alles so schnell.«
    »Aber Irmgard, das ist doch ein Fingerzeig des Schicksals, das müssen Sie zugeben.« Pfarrer Hölderlein hielt Irmis Hand und drückte fest zu. »Zwischen uns herrschte ja schon immer …« Ihm fehlten die Worte. Er war kein großer Redner vor dem Herrn, was man auch an seinen Predigten merkte, aber er hatte ein gutes Herz, und dieses gute Herz schlug nur für Irmgard. »Da war doch schon immer etwas. Wir waren nur zu scheu, um es uns einzugestehen. Und jetzt begegnen wir uns über eine Dating-Agentur … Das ist doch …« Kismet, wollte er sagen, fand das dann aber unlutherisch. Er presste ihre Hand noch fester.
    Und Irmgard ließ sich von ihm die Hand pressen. Was bei ihr so viel hieß, wie wenn eine andere Frau ihn vom Scheitel bis zur Sohle mit leidenschaftlichen Küssen überzogen hätte.
    »Irmgard …«, setzte er an und wollte eines der drei Zitate aus den Liebesbriefen großer Männer anbringen, die er sich extra für dieses Treffen mit ihr handschriftlich notiert hatte, als heftig an ihre Zimmertür geklopft wurde.
    »Nicht schon wieder!«, sagte Irmgard und stand auf. Reichte es nicht, dass ihr Bruder mit geschwollener Nase aufgetaucht war, mitten in dem romantischen Kaffee mit ihrem Helmerich. An diesen Vornamen würde sie sich erst noch gewöhnen müssen. »Was ist?«, verlangte sie hinter geschlossener Tür zu wissen.
    »Wo bewahren wir denn die Strohhalme auf?«, rief Siggi vom Flur. Er konnte nicht aus einer Tasse trinken, seine Nase schmerzte zu sehr.
    »Mein Gott, Siegfried, du bist doch kein kleines Kind mehr!« Damals mit der Kugel in der Hüfte hatte er sich nicht halb so angestellt. Sie spürte Helmerichs Blick in ihrem Rücken und gemahnte sich zu christlicher Nächstenliebe. Die Tür öffnend, rief sie: »Entschuldigen Sie mich kurz, Herr Pfarrer. Mein Bruder ist in Not.«
    Siegfried, der zwar einerseits ein kompetenter Ex-Kommissar und angesehener Bürger der Stadt war, war andererseits auch ein Bruder, ein ganz normaler Bruder, weshalb er an Irmis Tür gelauscht hatte, bevor er daran klopfte. Er wusste nun, dass die beiden über »Pfarrer Hölderlein« und »Frau Seifferheld« längstens hinaus und bei »Helmerich« und »Irmgard« angekommen waren. Er schmunzelte in sich hinein. »Danke, Irmi.«
    In der Küche riss Irmi die linke obere Buffetschublade auf. »Komisch, keine Strohhalme … Ach, bestimmt hat Karina für Mozes neue gekauft und sie in die Vorratskammer gelegt. Mit Absicht. Eigentlich weiß sie ganz genau, wo ich die Strohhalme aufzubewahren pflege. Freches Ding!«
    Mit Schwung riss Irmi die Tür zur Vorratskammer auf, wie es sie bei den alten Haller Häusern noch für jede Küche gab.
    Und sah sich Olaf gegenüber. Er kauerte flennend auf dem Boden der Vorratskammer.
    Sofort kam Onis aus dem Flur gelaufen, legte Olaf seinen rosa Teddy in den Schoß und leckte ihm das Gesicht. Die Mutter Teresa der Hovawarte!
    »Meine Güte, Herr Schmöller!« Irmi hatte sich noch nicht dazu herablassen können, den Masseur ihres Bruders beim Vornamen zu nennen, auch wenn er seit Monaten mit ihr unter einem Dach lebte und regelmäßig ihre Nichte besprang, wie sie es in manch stiller Nacht durch die Heizungsrohre hören konnte.
    »Großer Gott, Olaf. Was ist denn los?« Seifferheld humpelte näher.
    »Sie ist weg. Meine Susanne ist weg.«
    »Susanne ist schon seit Tagen verreist. Das fällt Ihnen jetzt erst auf?« Irmi klang indigniert.
    »Irmi, bitte!« Seifferheld schob seine Schwester beiseite. »Vielleicht solltest du dich wieder um deinen Gast kümmern.«
    Doch mit ähnlicher Spürnase wie Onis, zumindest was eine Seele in Not anging, kam Pfarrer Hölderlein in diesem Moment in die Küche gelaufen. »Kann ich helfen?«
    »Herr Schmöller, reißen Sie sich am Riemen!« Irmi wollte Olaf auf die Beine zerren. Er hing wie ein nasser Sack an ihrem Arm.
    »Was habe ich nur falsch gemacht? Ich liebe sie doch!«
    Onis bellte laut auf. Er verstand den Zweibeiner. Genauso hatte er sich gefühlt, als sein Teddy verschwunden war.
    Seifferheld war die Szene peinlich. Er gehörte noch zu der Generation von Männern, die ihre Gefühle nicht so

Weitere Kostenlose Bücher