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Nadel, Faden, Hackebeil

Nadel, Faden, Hackebeil

Titel: Nadel, Faden, Hackebeil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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sekündlich explodieren konnte. Sein Hund war gestört. Und seine Freundin saß nicht mit ihm am Frühstückstisch, um ihm die Hand zu halten. Seifferheld gestand es sich selbst nicht ein, aber im Grunde nahm er es MaC übel, dass sie ausgerechnet jetzt grippekrank werden musste, da er sie doch so dringend an seiner Seite gebraucht hätte. Nicht, dass sie zusammen in Löffelchenstellung hätten schlafen können. Er musste sein Bett ja mit seinem Bruder teilen, während Marcella bei Irmi schlief. Die Anzahl der Betten im Haus war nun einmal begrenzt, wohingegen sich die Anzahl der Hausbewohner täglich zu erhöhen schien.
    Alle schliefen noch.
    Bis auf ihn und Putzfrau Olga.
    Letzteres sagte ihm die kleine Rauchwolke, die unter der Küchentür hereindrang.
    Kettenraucherin Olga – nach sechswöchigem, selbstgenehmigten Urlaub in der alten kasachischen Heimat – im Anmarsch. Olga bestimmte ihre Anwesenheitszeiten im Haus selbst. Von Arbeitszeit konnte nicht die Rede sein. Meistens saß sie nur rauchend daneben, während Irmi putzte.
    Seifferheld schloss seinen Morgenmantel etwas enger. Und da ging auch schon die Tür auf, und da stand sie: Olga, in ihrer türkisen Kittelschürze, die Fluppe im Mundwinkel, den Staubsauger in der Hand. Keine Sekunde lang glaubte Seifferheld, dass sie morgens um halb sieben staubsaugen wollte. Den Staubsauger von einem Zimmer ins andere zu tragen, war nur ihre Art, der Familie zu zeigen, dass sie ihr Geld wert war.
    »Ah, schöner Mann in Küche, besser kann Morgen nicht werden«, sülzte sie. »Ich uns machen Kaffee!«
    Seifferheld nickte dankbar. Olgas Kaffee war – im Gegensatz zu Irmis – der pure Genuss. Wenn ihn etwas aus seiner Depression reißen konnte, dann Olgas Kaffee.
    »Sie nicht sehen glücklich aus«, konstatierte sie, während sie den Wasserkocher anwarf.
    In diesem Moment wollte er ihr sein Leid klagen, wollte ihr jedes noch so dunkle Geheimnis, selbst seine Stickleidenschaft, verraten, aber er hörte, wie der Schlüssel in der Haustür umgedreht wurde.
    Onis krabbelte unter dem Küchentisch hervor und lief mit dem unvermeidlichen rosa Teddybären im Maul in den Flur.
    »Ja hallo, ihr zwei beiden«, hörte er seine Tochter Susanne sagen. »Hallo Teddy, hallo du süßer Wuffschnuff.«
    Immerhin, wieder eine Sorge weniger. Seine Tochter war heil zurück von ihrer Spontantour.
    Gleich darauf stand sie auf der Schwelle. Ein Bild blühenden Lebens. Die Haare verwuschelt, die Wangen rot. »Papa«, rief sie, lief zu ihm und nahm ihn fest in den Arm. Komisch eigentlich. Susanne neigte sonst nicht zu Gefühlsausbrüchen.
    »Kaffee?«, fragte Olga.
    »Morgen, Olga. Nein danke, für mich bitte eine Tasse Pfefferminztee«, bat Susanne und setzte sich neben ihren Vater.
    Onis legte sich mitsamt Teddy zwischen die beiden und schnurrte. Seine Welt war nunmehr in Ordnung, das Rudel war wieder komplett.
    »Olaf schläft oben in deinem Zimmer seinen Birnenschnapsrausch aus«, sagte Seifferheld. »Er hat sich Sorgen gemacht. Ich habe Mimi zu ihm ins Bett gelegt, damit er was zum Umarmen hat.«
    »Wer ist Mimi?«, fragte Susanne streng.
    »Eine Art Schmuseteddy für erwachsene Männer, du wirst es ja sehen, wenn du gleich zu ihm hochgehst«, sagte Seifferheld. »Wo bist du gewesen? Und warum hast du dich nicht bei Olaf gemeldet? Er liebt dich wirklich, weißt du.«
    »Ich musste mal raus und über alles nachdenken«, erklärte Susanne lapidar, ohne das näher auszuführen. Sie sagte nur: »Ich liebe Olaf auch. Verrückt, nicht?« Susanne hatte bislang nur für ihre Karriere gelebt, und wenn sie sich wirklich einmal mit einem Mann visualisiert hatte, dann mit einem Alpha-Rüden, einem Erfolgsmenschen, einem Macher, der gekonnt auf der Klaviatur der internationalen Wirtschaft spielte. Ein Mann, den der Duft der Macht umgab. Und dann verliebte sie sich in einen Physiotherapeuten mit Pferdeschwanz, der nach Tibeträucherstäbchen roch.
    Olga brachte ihr den dampfenden Pfefferminztee. »Schuss Wodka?«, fragte sie.
    Susanne schüttelte lächelnd den Kopf.
    Lächelnd!
    Seifferheld staunte. Er wollte fragen: »Wer sind Sie, und was haben Sie mit meiner Tochter gemacht?«, tat es aber nicht.
    »Und? Habe ich was verpasst?«, fragte Susanne. »Hat MaC dir mit einem gezielten rechten Haken den Laufpass gegeben?«
    »Was? Nein, nein, das war Fippa von Sölln.« Seifferheld tastete vorsichtig seine Nase ab. Sie strahlte an diesem Morgen in fröhlichem Dunkelblau und Schwarz. »Ich habe mich ganz

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