Nadel, Faden, Hackebeil
unverbindlich im Mordfall Lambert von Bellingen umgehört.«
»Aha.«
Olga hatte den Boretsch aus der roten Tupperdose im Kühlschrank fertig aufgewärmt, klatschte eine ordentliche Portion Sahne obenauf und stellte den Teller auf das Tablett, auf dem schon eine Thermoskanne mit dem restlichen Kaffee stand. »Ich bringen meine Freundin Irmgard Frühstück ans Bett. Sie zwei kommen zurecht ohne mich?«
Susanne und Seifferheld nickten.
»Was war sonst noch?«, sinnierte Seifferheld. »MaC hat die Grippe.«
Susanne trank pustend und vorsichtig schlürfend ihren heißen Pfefferminztee.
»Ach ja, die Jungs und ich haben heute Abend ein Wettkochen in der Arena Hohenlohe. Hm, was noch?«
Seifferheld sah zur Decke, als müsste er sich sehr anstrengen, noch weitere Neuigkeiten aus seinem Gedächtnis zu kramen.
»Und … ach ja … Karina ist schwanger.«
Susanne ließ die Teetasse fallen und sprang auf.
Inmitten von Scherben und dampfenden Teepfützen brüllte sie: »Dieses verdammte Miststück! Immer klaut sie mir meine Pointe!«
07 : 03 Uhr
Kinder machen keinen Krach –
Kinder machen Zukunftsmusik.
Wenn Kinder wirklich die Musik der Zukunft waren, wollte Fela Nneka bitte taub werden.
»Fela, Fela.« Mozes zerrte am Oberarm seines Bruders, der eben noch im Tiefschlaf gelegen hatte.
»Fela, ist Bibo aus der Sesamstraße ein Mann oder eine Frau?«
»Mozes, geh wieder schlafen. Es ist noch zu früh.«
»Bestimmt ein Mann, oder?«
Fela erklärte ihm, dass es mit Bibo wie bei Vetter Obufo sei und dass es auf manche Fragen einfach keine eindeutigen Antworten gebe.
Mozes dachte kurz darüber nach.
Fela war wieder am Wegkippen.
Mozes rüttelte seinen Bruder erneut am Arm wach.
»Du, Fela, da ich doch Spinnenmann werde, habe ich mir jetzt eine Spinne gefangen. Im Treppenhaus. Darf ich die behalten?«
»Jaja.«
»Dann geh ich jetzt mit ihr frühstücken.«
»Ja, mach das.«
Mozes klopfte auf Felas Bett herum.
»Fela, ich kann sie nicht mehr finden. Sie ist weggelaufen!«
Fela Nneka, 1 Meter 90 pralle schwarze Männlichkeit, Spitzenfotograf, Ausdauerjogger, hätte das nicht weiter beunruhigt.
Das 1 Meter 70 große, blauhaarige Etwas neben ihm beunruhigte diese Information umso mehr. Es schrie gellend auf.
Mit einem Satz war Karina aus dem Bett und wischte sich mit beiden Händen über den Körper. »Mozes, ich bring dich um!«, brüllte sie.
Irgendwo in Deutschland schüttelte die Supernanny missbilligend den Kopf.
09 : 44 Uhr
Wenn Küssen gesundheitsschädlich wäre,
wie Gesundheitsapostel immer wieder behaupten,
wäre ich schon längst tot.
Brigitte Bardot
Es stand in der Zeitung. Das Leben konnte manchmal ja so einfach sein. Und so abwechslungsreich. Eben wollte man sich noch vor lauter Montagmorgenüberdruss in die heiße Wanne legen und sich die Pulsadern aufschneiden – auch wenn es gar nicht Montagmorgen war –, und nun präsentierte einem das Schicksal den Namen von Arnfried Kolbs Freundin auf einem Silbertablett, und schon schien wieder die Sonne im Herzen.
Seifferheld schnappte sich Onis und den Teddy und zog los. Wie schön, dass manche Menschen noch im Telefonbuch zu finden waren. So auch Ulla Zeeb, Am Friedensberg 21 c.
Jetzt könnte man ja denken, ein wildfremder Mann mit Gesichtsverfärbung und sein kniehoher Hund hätten keine Chance, sich auf ein Gespräch Zutritt in die Wohnung einer alleinstehenden Frau zu verschaffen.
Aber es ließ sich nicht leugnen, dass Siggi Seifferheld mit seiner Gehhilfe und Onis mit dem rosa Plüschteddy in der Schnauze keine Unze Gefahr ausstrahlten, im Gegenteil.
Kaum hatte Ulla Zeeb die Haustür geöffnet, ging sie auch schon in die Hocke und streichelte Onis über den bernsteinfarbenen Hundeschädel. Dann sah sie zu Seifferheld hoch, bemerkte, wie sehr er schnaufte (der Friedensberg war die höchste Erhebung in Schwäbisch Hall, und das tägliche Gassigehen im flachen Stadtpark hatte Seifferheld nicht das nötige Lungenvolumen für den Steilanstieg antrainiert), legte besorgt die Stirn in Falten und sagte: »Ach, kommen Sie doch bitte herein. Trinken Sie eine Tasse Tee mit mir, das wird Ihnen guttun!«
Zack, war er drin.
Während Ulla Zeeb den Tee aus der Küche holte, sah sich Seifferheld in ihrem Wohnzimmer um. Kerzen, überall. Vorhänge mit Troddeln. Räucherstäbchen, die nach Sandelholz und Patschuli stanken.
Und dann kam Ulla Zeeb mit einem dampfenden Kräutertee, setzte sich ihm gegenüber, streckte die mit Hennaranken
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