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Nächsten Sommer

Nächsten Sommer

Titel: Nächsten Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Rai
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ein«, sagt er schließlich.
    Als wir reingehen, sagt er: »Nachher fahren wir noch in die Strandbar – ein bisschen mit den Füßen im Sand scharren.«
    »Okay«, antworte ich. »Muss dir sowieso was erzählen.«
     
    Es dauert eine halbe Stunde, bevor mein letzter Satz zu Marc durchdringt. Die 85. Spielminute läuft. Zoe sitzt im Sessel, Bernhard, Marc und ich sitzen auf dem Sofa. Auf dem Rasen passiert noch weniger als in Bernhards Wohnzimmer. Bernhard rutscht unruhig hin und her. Er hätte uns gerne ein spannendes Spiel geboten, und jetzt fühlt er sich irgendwie schuldig, weil es so langweilig ist. Es gibt Beck’s Level 7 mit Korkuntersetzern – eine Art Doping-Bier für Leute, die durchs Trinken ihre Muskeln aufbauen wollen. Will ich nicht. Aber ich trinke ja auch nicht. Außerdem fettreduzierte Paprikachips und gestiftelte Möhren, Gurken und Zucchini, die sich im Kreis um eine Schale mit Kräuterdip versammelt haben. Bernhard ist die perfekte Mutti. Nicht, dass Marc oder ich eine bräuchten, aber Muttis sind nun einmal Muttis. Ob du sie brauchst oder nicht, interessiert sie nicht wirklich.
    »Du musst mir was erzählen?«, fragt Marc.
    Ein Spieler ist ausgerutscht und bekommt einen Freistoß. Plötzlich herrscht mehr Hektik auf dem Spielfeld als die gesamten Minuten davor.
    »Gefährliche Entfernung«, ruft Bernhard.
    »Kann ich dir auch nachher sagen«, antworte ich.
    |8| Während der Schiedsrichter eine Linie andeutet, entlang der sich die Mauer aufstellen soll, überlegt Marc, was er von meiner Antwort zu halten hat.
    »Vergiss es«, sagt er. Inzwischen sieht auch Zoe mich an. »Wir kennen uns seit fünfzehn Jahren, und noch nie
musstest
du mir was erzählen. Also: Spuck’s aus.«
    Jetzt blickt auch Bernhard zu mir. Der Spieler hat sich den Ball zurechtgelegt. Ich bin der Einzige, der sieht, wie er Anlauf nimmt. Zoe beugt sich vor: »Mach’s nicht so spannend.«
    »Mein Onkel hat mir sein Haus in Südfrankreich vererbt«, sage ich.
    In dem Moment fällt das Tor. 88. Minute. Neun Spieler in roten Trikots begraben einen zehnten unter sich.
    »Ach, Scheiße!«, ruft Bernhard.
    »Hab dich nicht so.« Marc stellt sein Bier absichtlich neben dem Korkuntersetzer ab. »Den Freistoß zeigen sie sowieso gleich noch hundertmal.«
    »Ja, aber ich war nicht
dabei

    »
Dabei
warst du sowieso nicht.«
    »Dein Onkel hat dir ein Haus in Südfrankreich vererbt?« Zoe klingt ein bisschen, als hätte sie es erben sollen.
    »Streng genommen habe ich es gar nicht geerbt«, antworte ich. »Es gehört mir offenbar schon seit zwanzig Jahren. Ich wusste bloß nichts davon.«
    Bernhards Brauen kräuseln sich: »Wie soll denn
das
gehen?« Ich erkläre ihnen, dass das Haus nie auf den Namen meines Onkels eingetragen war, sondern dass von Beginn an ich als Besitzer im Grundbuch stand. Den Rest seines Vermögens hat Onkel Hugo einem Waisenhaus in Marseille vermacht. Mein Vater ging leer aus.
    »Und wieso?«, fragt Zoe. »Ich meine, wie kommt dein Onkel dazu, dir sein Haus zu überschreiben?«
    Im Fernsehen zeigen sie aus sechs verschiedenen Blickwinkeln, wie sich der Ball ins linke obere Eck dreht. Dabei beschreibt er eine Flugbahn, die mathematisch nicht zu erklären ist. Jedesmal sieht es anders aus, aber egal, wie es aussieht: Jedesmal steht es danach eins zu null.
    |9| »Ich weiß es nicht«, antworte ich.
    Es dauert einen Moment, dann ruft Zoe: »Wow! Du bist Hausbesitzer!«
    »Ist nichts Besonderes, glaube ich, das Haus.«
    »Warst du nie da?«, will Bernhard wissen.
    Ich schüttle den Kopf. »Meine Mutter wollte da mal Urlaub mit uns machen, aber mein Vater hat gesagt, dass ihn keine zehn Pferde dahin brächten.«
    »Muss der gekotzt haben!«, ruft Marc. »Der ist doch garantiert total abgegangen – Mann, Bernhard, jetzt mach doch mal die Glotze aus.«
    Das Spiel ist vorbei, inzwischen läuft Werbung.
    Bernhard greift sich die Fernbedienung, dreht aber nur die Lautstärke runter. »Die bringen gleich die Analyse«, erklärt er. Marc schnaubt: »Analyse kannst du haben: neunzig Minuten getrabte Langeweile, unterbrochen durch ein Freistoßtor von Ribery in der achtundachtzigsten. Bayern ist weiter. Und jetzt mach aus.« Er wendet sich an mich: »Ist dein Alter nicht an die Decke gegangen?«
    Ich ziehe den Schlüsselbund aus der Hosentasche, den ich seit heute Nachmittag mit mir herumtrage. »Als der Notar mir den über den Tisch geschoben hat, wäre er mir, glaube ich, gerne an den Hals gesprungen.«
    Zoe weiß nicht viel

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