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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er mit der Oma. Niemand wußte, wohin. »Wir wollen allem vorbeugen«, sagte der Leiter der politischen Polizei. »Ziel unbekannt, das ist der beste Schutz.«
    In einem kleinen Schwarzwalddorf an der Guttach krochen Berta Koller und Jörgi unter. Sie mieteten zwei Zimmer in einem der breit hingeduckten Schwarzwaldhäuser, gleich am Waldrand, ein Haus ohne Telefon, ohne Fernsehen, ohne Radio.
    Sie schlossen sich völlig ab von der Welt. Und warteten.
    Warteten auf das Wunder, daß Alf und Birgit Brockmann wiederkommen würden.
    Bis heute weiß noch keiner, woher ein Reporter Wind von dieser Sache bekam. Plötzlich erschien ein großer Bericht über die Rückkehr Jörgi Brockmanns, mit Bildern aus Sassenberg und Warendorf, mit Fotos des Bauern und des Pfarrers.
    Und alle Zeitungen übernahmen diesen Sensationsbericht. Auch die libysche Zeitung, die in Tobruk verkauft wurde.
    *
    Hassan blieb stehen. Das etwas einfältige Grinsen in seinem Gesicht täuschte nicht darüber hinweg, daß er ganz genau wußte, wie ernst die Worte Aishas waren.
    »Allah sei mit dir, wilder Wüstenfalke!« sagte er. Es sollte spöttisch klingen, aber in dieser Situation mischte sich ein lauernder Unterton ein.
    Aisha hielt die Pistole von sich gestreckt. Der Lauf zeigte auf die Brust Hassans, der Zeigefinger lag am Abzug.
    »Einer von uns wird sterben«, sagte sie völlig ruhig. »Das siehst du doch ein, Hassan.«
    »Ich sehe es nicht ein. Warum du oder ich? Es geht um deinen weißen Freund.«
    »Oulf und ich sind eins. Wer ihn töten will, muß erst mich töten.«
    Schweigen. Hassan stand leicht geduckt im Sand. Hinter ihm schnaubte das Kamel. Am blaßblauen Himmel kletterte die Sonne empor. Eine weißgelbe Scheibe. Ein neuer Tag begann. Ein Tag unbarmherziger Glut.
    »Du hast keine Waffen?« fragte Aisha, als Hassan wie eine Säule stand.
    »Auf dem Kamel.«
    »Dann hole sie.«
    »Warum?«
    »Ich erschieße keinen Wehrlosen.«
    Schweigen. Hassan sah sich um. Dann blickte er hinüber zu dem kleinen Lager. Dort rührte sich nichts.
    »Warum kommt dein weißer Freund nicht?« fragte er laut. »Ist er zu feig? Hat er sich zitternd ins Zelt verkrochen und überläßt es einer Frau, sein Leben zu verteidigen?« Hassan hob sich auf die Zehenspitzen. »Komm heraus, du feiger Hund! Zeige dich, du weißer Affe!«
    »Er hört dich nicht, Hassan«, sagte Aisha ruhig. »Er braucht nicht auf den Tod aus deiner Hand zu warten … er ist schon auf dem Weg zu Allah.«
    »Das lügst du!«
    »Ein Skorpion hat ihn gestochen.«
    Hassan drückte das Kinn an. Er wußte in diesem Moment, daß Aisha die Wahrheit sagte. Und eine unbändige Freude überkam ihn, ein Gefühl des Triumphes, ein mächtiger Stolz des Siegers.
    »Ich kann ihn retten«, sagte er mit plötzlich belegter Stimme. »Ich habe Serum bei mir. Ich habe daran gedacht, als ich dir nachritt. Beim Barte des Propheten, ich könnte ihn retten!«
    »Und was verlangst du?« fragte Aisha nüchtern.
    »Nichts!« schrie Hassan. »Ich will sein Leben! Ich kann ihm sein Leiden verkürzen, indem ich ihm den Schädel einschlage. Wenn du ihn liebst, Aisha, dann geh zur Seite und halte dir die Ohren zu.«
    »Das Serum, Hassan!«
    »Du bekommst es nicht.«
    »Das Serum –«
    »Nein!« schrie Hassan hell.
    »Das Serum –«
    »Und wenn es Allah fordern würde für diesen Zweck: Eher soll mich der Teufel holen!«
    Ohne ein weiteres Wort drückte Aisha ab. Der Schuß zerflatterte in der Weite der Wüste, wurde aufgesaugt von der beginnenden Hitze. Hassan fiel in die Knie, sein Gesicht verzerrte sich, mit beiden Händen hielt er seinen linken Oberschenkel fest. Zwischen den Fingern sickerte Blut hervor und tropfte in den Sand.
    »Das Serum«, sagte Aisha kalt und trat vor ihn hin.
    »Nein! Nein! Nein!« brüllte Hassan. »Bring mich um, du Hure!«
    Aisha schüttelte den Kopf. Mit dem Pistolenknauf schlug sie Hassan gegen die Stirn, und er kippte um wie ein gefällter Baum. Dann zerrte sie das weiße Hedschaskamel in die Ruhelage, schnallte das Gepäck vom Sattel und durchwühlte es. In einer Blechdose fand sie eine flache Schachtel mit fünf Ampullen. Dazu eine alte Spritze und zwei dicke Nadeln.
    Das Serum.
    Das Leben Alf Brockmanns.
    Die nächste halbe Stunde war Aisha mit Hassan beschäftigt. Sie verband seinen Oberschenkel, eine Fleischwunde, die schnell heilen würde. Dann sortierte sie von Hassans Gepäck alles aus, was nicht mehr nötig war, schnallte von seinem Wasservorrat nur noch zwei Fellsäcke auf und

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