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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herangeflogen werden, und dann beginnt die Kacke zu dampfen. Dann müssen Sie längst über alle Berge sein. Übrigens –«, Brahms lächelte breit und klopfte Brockmann auf die Schulter, »in Tobruk wartet jemand auf Sie. Ich wollte es Ihnen erst im Flugzeug sagen, aber nach vier Schlucken Tee mit Gin sind Sie stark genug, das zu ertragen.« Er machte eine lange Pause, während ihn Brockmann erstaunt ansah.
    »Mich erwartet jemand?« fragte Alf kopfschüttelnd.
    »Ja. Mittelgroß. Blonde Haare. Wohlgeformte Figur mit Rundungen überall da, wo sie hingehören. Und ein mutiges Geschöpf dazu, das keinen Teufel fürchtet und sich durch die Hölle beißt, nur um zu seinem Alf zu kommen, an dessen Tod es nie geglaubt hat.«
    Brockmann setzte fast der Herzschlag aus. Das ist nicht möglich, dachte er. Das ist eine Verwechslung. Birgit liegt in Bir Assi. Unter einem Malvenstrauch steht ihre wundervoll ziselierte, kupferne Urne. Mit einem Flugzeug ist sie aus Deutschland gekommen. General Assban hat sie selbst gebracht … So etwas gibt es ja gar nicht –
    »Na?« sagte Hauptmann Brahms mit breitem Lächeln. »Nun jubeln Sie mal, Brockmann.«
    »Das ist nicht wahr«, stammelte Alf. »Das kann nicht wahr sein …«
    »Es geschehen noch Wunder. Ich habe Ihr wundervolles Weib selbst nach Tobruk gebracht. Ja. Glauben Sie es nur. Birgit wartet auf Sie.«
    »Sie ist tot. Ihre Urne …«
    »Ich weiß. Sie haben sie mir ja gezeigt. Ein ganz übler Trick von Assban. Man wollte Sie für immer in Ägypten festhalten, Ihre Vergangenheit auslöschen, alle Brücken zu Deutschland hinter Ihnen abbrechen. Darum mußte Ihre Birgit für Sie sterben, wie Sie ebenfalls durch einen Unfall ums Leben kamen und man Ihrer Frau auch eine Urne aushändigte – mit Ihrer Asche. Nur glaubte Ihre tapfere Frau nicht an Ihren Tod und machte sich auf, Sie zu suchen.«
    »Und um sie zurückzuhalten, wurde mein Jörgi entführt …«
    »Genauso war es.«
    »Und Birgit lebt?« Brockmann schloß die Augen. Tränen rannen unter seinen geschlossenen Lidern über seine eingefallenen, zuckenden Wangen und gruben schmale Rillen in den dicken Staub, der sein Gesicht bedeckte. »Sie lebt wirklich?«
    »Sie wartet in Tobruk auf Sie, sie wollte erst mitfliegen, aber ich habe sie mit Gewalt zurückgehalten.«
    Brockmann nickte. Er war jetzt unfähig, zu sprechen.
    Birgit lebt, dachte er nur immer wieder. Sie lebt. Sie lebt. Meine Birgit!
    Und dann wandte er den Kopf weg, als wenn Brahms sehen könnte, was jetzt in seiner Seele tobte.
    Was wird aus Lore, dachte er und spürte, wie sein Herz zentnerschwer wurde. Was wird aus Aisha? Lore liebt mich, und sie hat ihre Augen für mich geopfert. Und Aisha ist meine Geliebte geworden, vor zwei Tagen, im weichen Bett des Wüstensandes.
    Aber Birgit lebt!
    O mein Gott, wie konnte ich so etwas ahnen?
    Hauptmann Brahms schwieg. Er empfand selbst, daß jetzt Worte nicht mehr helfen konnten.
    Niemand hörte, wie hinter ihnen Lore Hollerau zurück durch die Steine und das Geröll kroch. Der Motorenlärm des näher kommenden Fieseler Storchs deckte alle anderen Geräusche zu.
    Birgit lebt, dachte sie. Ihr schönes Gesicht mit den leblosen, braunen Augen zuckte. Sie hatte alles mitangehört.
    Mein Gott, laß mich sterben. Schmerzlos und schnell … denn schlimmer als mein Herz jetzt blutet, kann es nicht werden.
    Jemand ergriff sie an den Schultern, richtete sie auf, lehnte sie gegen eine Felswand.
    »Wie sehen Sie denn aus?« fragte eine Stimme.
    Aisha.
    Lore Hollerau tastete mit beiden Händen nach vorn und bekam Aishas Brust zu fassen. Ihre Finger schlossen sich, sie krallte sich in dem weichen Fleisch fest.
    »Sie lebt …«, keuchte sie. »Sie lebt … seine Frau … Sie wartet auf ihn in Tobruk … Brahms hat es eben erzählt … Birgit Brockmann lebt.«
    Aisha verbiß den Schmerz, den Lores Finger an ihrer Brust aufrissen. Wie Eis war plötzlich ihr heißes Blut. Es schien ihr, als erstarre sie von innen.
    Sie lebt, dachte sie.
    Die selige Nacht in der Wüste werden wir vergessen.
    Die Einsamkeit wird wieder um mich sein, wie früher und immer. Es wird kein Glück mehr geben. Was aber ist das Leben ohne Glück?
    »Aisha!« Lores Kopf fuhr vor. »Was willst du tun?«
    »Ich will nicht mehr leben«, antwortete Aisha ruhig.
    »Dann nimm mich mit«, flüsterte Lore. Ihr Kopf fiel auf die Brust. »Laß mich nicht zurück in dieser fürchterlichen Welt.«
    Aisha nickte. »Komm!« sagte sie mit fester Stimme, legte den Arm um Lores

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