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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eine solche Frau noch einmal? Wann schenkt das Leben einem noch einmal solch ein Glück?
    Nach sechs Stunden Fahrt schlief Birgit ein. Omar hielt kurz an, bettete sie auf den Hintersitz, tankte den Wagen wieder aus Reservekanistern voll und fuhr weiter.
    Die ganze Nacht hindurch ratterte er über die alte Wüstenpiste, die schon seit Jahrhunderten von den Karawanen benutzt wurde. Dreimal hielt er an, trank heißen Kaffee aus einer Thermosflasche und schwang sich dann wieder auf seinen harten Fahrersitz.
    Weiter. Weiter. Nach der Oase Uau-el-Chebir. Dort war der Markt der schönen Frauen. Mädchen aus Nubien und dem Sudan, vom Niger und aus Mauretanien, aus dem Tschad, das die ›schwarzen Perlen‹ lieferte, und aus Mali. Und jetzt kam er. Omar Sharifan. Mit einer schneeweißen Perle. Mit der schönsten Frau, die je auf dem Markt von Uau-el-Chebir gestanden hatte.
    Gegen Morgen wachte Birgit aus einem unruhigen Schlaf auf. Sie richtete sich auf dem Hintersitz hoch und starrte durch die vergilbte Zelluloidscheibe hinaus.
    Wüste, Sand, durchsetzt mit Geröll, vereinzelte, windzerzauste, staubige Bäume mit bizarrem Astwerk. Sie kannte ihre Namen nicht, aber daß hier Bäume wuchsen, bewies, daß die langen Pfahlwurzeln auf Wasser stießen.
    Sie beugte sich vor und tippte Omar auf die Schulter.
    »Wo sind wir?«
    »Wir sind gleich da, Miß.« Omar drehte sich grinsend um. »Noch vier Stunden vielleicht.«
    »Aber hier ist ja keine Wüste mehr.«
    »Doch, Miß.«
    »Da stehen Bäume.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe mir sagen lassen, daß an der Grenze im Umkreis von Hunderten von Kilometern nicht ein grüner Halm wächst.«
    »Das war ein Irrtum, Miß. Sie sehen es ja.«
    »Wohin fahren wir denn?«
    »In die richtige Richtung.«
    Birgit kauerte sich auf den Rücksitz. Sie wußte keine Erklärung dafür, aber plötzlich kam ihr die Fahrt unheimlich vor. Ihre Panik steigerte sich, als sie die ersten Kamele sah. Träge zogen sie durch den Sand. Die Kameltreiber saßen nicht auf, sondern gingen zu Fuß vorweg. Ein Beweis, daß man nicht weit von einer Siedlung war. Dort aber, wo Alf sein sollte, gab es keine Menschen mehr. Nur Sand. Endlosen Sand.
    Birgit beugte sich wieder vor.
    »Wo sind wir?« rief sie.
    Omar drehte sich wieder um. »In Uau-el-Chebir, Miß.«
    »Wo haben Sie mich hingebracht?« schrie Birgit.
    Sie wollte die Wagentür öffnen, aber Omar Sharifan schlug ihr die Hand weg. Dann hielt er, griff unter den Sitz und holte eine Peitsche mit einem kurzen Griff, aber einer langen, dünnen geflochtenen Schnur hervor. Er legte sie neben sich und sah Birgit aus kalten Augen an.
    »Sie werden jetzt alles tun, was ich Ihnen sage, oder ich peitsche Sie aus.«
    Birgit preßte die Lippen zusammen. »Nein«, antwortete sie. »Ich werde schreien.«
    »Schreien?« Omar lächelte. »Hier achtet niemand mehr auf das Schreien einer Frau. Es gehört zum täglichen Geräusch. Hier haben schon tausend Frauen geschrien, und die Männer standen herum und freuten sich, daß sie so gesunde Stimmen hatten. Sie aber sollten still sein, Miß. Es paßt nicht zu Ihnen, laut zu schreien. Ihre weiße Schönheit sollte voll Demut sein. Goldenes Haar und die Sanftmut eines gezähmten Vogels … das macht einen guten Preis.«
    »Preis?« Birgits Augen weiteten sich voller Entsetzen. Omar nickte.
    »Ich werde Sie verkaufen, Miß. Auf dem Sklavenmarkt von Uau-el-Chebir.«
    »Es gibt doch keinen Sklavenhandel mehr!« schrie Birgit.
    »Nicht offiziell. Aber überall in Afrika werden noch Mädchen und junge Männer verkauft. Man muß nur wissen, wo. In Uau-el-Chebir ist jede Woche Markt. Sie werden nicht allein sein. Miß.«
    In diesem Augenblick begann Birgit zu schreien. Sie schlug um sich, trat gegen Omar, der sich über sie warf, spürte einige Peitschenschläge über ihren sich krümmenden Körper. Sie riß die Tür auf, sprang aus dem Wagen, aber Omar riß sie zurück und drückte sie auf den Sitz. Verbissen rangen sie miteinander, bis Birgit spürte, wie die Kraft in ihr nachließ und alles Kratzen und Beißen und Treten nichts half vor der Stärke Omars und seinen großen Händen.
    Nach einem Schlag gegen die Schläfe sank sie in einen Dämmerzustand. Sie sah und spürte, wie Omar sie fesselte, aber sie hatte keine Kraft mehr, sich dagegen zu wehren. Durch den Schlag war sie wie gelähmt.
    So fuhren sie in die Oase Uau-el-Chebir ein, von keinem beachtet, denn man kannte den Geländewagen Omar Sharifans und wußte, daß er wieder Ware

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