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Naechte am Rande der inneren Stadt

Titel: Naechte am Rande der inneren Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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dann nicht an unsere Nächte denkt? (So wie ich an meine Nächte mit Konrad? O Gott, ich denke nie
     an meine Nächte mit Konrad, wenn ich mit Jackson zusammen bin!)
    Soll er doch fahren. Er hat schlecht geschlafen, ohne mich.
    Mädchen, sagt er, Mädchen.

    |133| Ein letztes Mal sind wir zusammen, in der ausgeräumten Wohnung im Abendlicht, Halbschatten, auf einem Federbett auf dem Boden,
     durchsetzt von Traurigkeit.
    Ging’s dir gut mit mir? frage ich.
    Extrem, sagt er.
    Ich stichele wegen seiner Untreue, in diesem Moment ist mir die Vorstellung einer anderen Haut auf der seinen, eines anderen
     Körpers auf seinem, unerträglich. Mösenzucken bekomm ich davon. Im Kopf weiß ich von der Einmaligkeit unserer Konstellation.
     Aber mein Bauch flippt aus.
    J. sagt: Was ist schon ein Jahr? Dann bin ich ja wieder da.
    Ja, sage ich, mit Verena. Oder verkaufst du sie im Busch?
    Auf seine Weise wird er mir treu sein wie ich ihm. Es würde mich selbst überraschen, bliebe ich asketisch. Allein um mich
     zu retten. Oder?
    Ich weiß nicht, wieso ich das denke, sage ich, aber es könnte ziemlich gut gehen mit uns. Hmm, zustimmendes Grummeln aus dem
     ernsten Gesicht. (Warum nur denke ich, es wäre ihm mit keiner anderen so gut gegangen wie mit mir??)

    Jackson ist weg. Die Eltern bringen ihn nach Frankfurt. Von dort geht morgen sein Flug. Er hat versprochen anzurufen. Den
     ganzen Tag lauere ich am Telefon, schleiche in der Wohnung herum, rufe Hallo, wenn es klingelt, und falle zurück, wenn es
     andere sind. Kein Anruf.
     
    Im Traum eine riesige Explosion.
    Mitten in der Nacht. Geh auf den Balkon, guck hoch in den Himmel, seh die Sterne, leg mich wieder hin. Es nützt ja nix, mit
     anderen zusammen zu sein. Ich kann nur arbeiten.
     
    |134| Morgens um sieben. Aufstehen. Lesen. Notizen machen. Josef schnurrt. Im Traum wollte ich in eine ausländische Schule aufgenommen
     werden, dann fiel mir plötzlich ein, dass ich schon studiere. Ach und weh, ich bin allein.
    Ich gehe den ganzen Tag nicht aus dem Haus, weil ich auf Jacksons Anruf warte. Bevor er in Frankfurt losfliegt. Sein Flug
     geht um zwanzig Uhr mitteleuropäischer Zeit.
     
    Früher Abend auf meinem Sommerbalkon. Jemand Neues im Mittelhaus hört klassische Musik, Mozart. Mozart! Ich habe Angst. Vor
     der Unzuverlässigkeit meiner Gefühle, von der Jackson überzeugt ist und in die er mich damit schickt. Wie denkt er sich das?
     Er geht zu Verena, und ich soll zuverlässig sein? Was meint er denn damit? Wiederkommen? Was soll das heißen? Was ist nur
     in den wenigen Wochen geschehen?
    20:15.   Er sitzt im Flugzeug. Sein Flug ging vor fünfzehn Minuten. Er hat nicht angerufen. Meinen Körper durchzuckt es immer wieder.
     Ich habe Angst, dass ich mich irre. Wie er zu mir steht. Es bedeutet keinerlei Absicherung, nicht verliebt zu sein. Es ist
     viel schlimmer. Ein heimliches Abwarten im Inneren, was mit mir sein wird.
    Konrad klingelte plötzlich am späten Nachmittag an der Tür, als hätte er es gerochen, dass ich allein bin. Ich konnte seine
     Unbeholfenheit kaum ertragen. Er wollte, dass wir zusammen essen, ich sagte, ich kriege bei der Hitze nichts runter, ich muss
     arbeiten; ich wollte ihn unbedingt loswerden, falls Jackson anrufen würde. Ich hätte es nicht ertragen. Ich konnte mich deswegen
     nicht ausstehen, und ich konnte ihn sowieso nicht ertragen. Seine unglückliche Art, in einem Körper leben zu müssen, sein
     Unglück wegen mir, ich hielt es nicht aus.
    Er hat Jacksons Bild an der Wand gesehen und war bestürzt. Jackson hat es mir geschenkt. Es ist ziemlich groß.
    Es hängt über meinem Bett.
     
    |135| 20:27.   Josef sitzt im Blumenkasten und macht fiepige Katzengeräusche. Man kann aus Freude verstummen. Wenn dich einer trifft, mitten
     ins Gewebe. Wird Jackson sich in Briefen öffnen, wie in den Nächten, nach und nach? Ich muss nur auf die Straße gehen, die
     Stadt liebt mich und trägt mich; es gibt lautes Glück und leises. Jeder Morgen, an dem ich aus Jacksons Haus kam, beantwortete
     alle Fragen nach einem Sinn. Die Sehnsucht nach einem anderen Reden verbarg sich hinter unseren saloppen Sätzen. Sie verbargen
     unsere Verwundbarkeit, die bei einem einzigen falschen Satz aufreißt und uns nackt macht.
     
    20:38.   Ist die Liebe eine Struktur wie ein Bild? Wie Natur? Ich kann nur sagen, was schön ist, was mich glücklich macht. Deine Augen
     zu sehen, azurtürkis, auf deiner Haut zu schwimmen, Weiß auf Rotbraun, deine flapsigen

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