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Naechte am Rande der inneren Stadt

Titel: Naechte am Rande der inneren Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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vor mich hin.
    Ich kündigte bei den Flughafenleuten und übernahm die Kanzlei im Wedding.
     
    Eva wurde
Milena
.
    Einmal hockte sie in ihrem Sessel, ich hatte mir einen Stuhl aus der Küche geholt, weil ich mich nicht auf ihr Bett setzen
     wollte, die Matratze mit dem grünen Überwurf. Die weißen Dielen leuchteten im Kerzenlicht. Es roch nach dem Ofen, nach Kohle
     und Asche. Draußen im Hof herrschte nächtliche Stille.
    Ich habe Benno erzählt, dass ich Robert geküsst habe, sagte Eva und sah mich zutraulich an. Mein Herz begann zu rasen.
    Hör auf, Eva, sagte ich.
    Es ist nichts, sagte sie, beruhige dich doch! Ich sagte ihm, dass ich mich von Robert habe küssen lassen, und er sagte, das
     wäre ein doppelter Betrug, weil er dachte, dass Robert ihn mag.
    Ich fing an zu lachen. Sie sah mich fragend an, dann fing auch sie an zu lachen.
    Da kennt er ihn aber schlecht, was?
     
    Benno war einmal hereingeschneit, als wir zu dritt Extremsekt tranken. Er hatte versucht, mit Robert über Literatur zu sprechen.
     Robert hatte seine Lider müde gesenkt und ihn etwas von oben herab angesehen. Eva nannte das den
von-Mann-zu-Mann-Blick
. Und Benno hatte sich ins Zeug gelegt und wie ein Wasserfall geredet. Immer wieder hatte er den Arm um Eva gelegt, und immer
     wieder hatte Eva ihn abgeschüttelt. Irgendwann steckte Eva sich zu unserer Verblüffung eine Zigarette an. Sie rauchte und
     sah uns dabei schweigend an. Dann stand |186| sie auf und ging hinaus. Wir dachten, sie ginge aufs Klo; doch dann hörten wir die Haustür ins Schloss fallen.
    Dieser Julius, sagte Robert, nachdem Benno aufgebracht hinter ihr her gestürzt war, dieser
Julien
, das ist ein Übergangsphänomen, nichts Ernstes. (Er sagte
Schülijään
.)
    Ich dachte, er heißt Benno, sagte ich.
    Robert lachte. Lies mal ›Rot und Schwarz‹ von Stendhal, sagte er, dann weißt du, was ich meine.
    Jetzt soll ich auch noch Romane lesen, sagte ich, du spinnst ja.
     
    Benno hat gedacht, sagte Eva jetzt und räkelte sich vergnügt in ihrem Sessel, wenn er Robert einwickelt, hat der kein Recht
     auf mich! Zur Strafe habe ich ihm erzählt, dass ich mich mit Robert anregend über Seidenwäsche unterhalten habe.
    Sie lachte böse. Ich schluckte. So kannte ich sie gar nicht. Sie sah plötzlich ganz fremd aus.
    Vielleicht hätte ich ihm noch erzählen sollen, dass wir auch vom Verschlingen sprachen, von Seelenschlingen und Fallstricken,
     brüllte sie und hielt sich vor Lachen die Rippen.
    Der Arme, sagte ich. Mir wurde schlecht.
    Er kränkelt herum, erzählte sie weiter, alles strengt ihn an, er hat keine Lust auf gar nichts. Er ist genauso anfällig für
     Lebensmüdigkeit wie wir alle, und hinter seinem wild entschlossenen Arbeiten steht der Wunsch, nicht in depressive Löcher
     zu fallen. Alles getan haben wollen, nichts versäumen, dann muss es ja klappen mit Karriere und Anerkennung. Er hat Angst
     vor der Zukunft, was er nie zugeben würde. Weißt du, was er über Robert gesagt hat?
    Ich schüttelte den Kopf. Ich hörte nur noch halb zu, denn ich fragte mich, wann Robert und Eva solche Gespräche führten. Und
     was für eine Art Kuss das gewesen sein mochte.
    Er findet ihn hysterisch, sagte sie und grinste.
     
    |187| Einmal stand ich mit Robert vor einem Buchladen; wir stöberten in den Ramschkisten, da entdeckten wir Eva im Laden. Sie starrte
     Robert an; es war unheimlich; er wurde rot und sah sie ebenfalls unverwandt an. Plötzlich kam Benno herausgestürzt, packte
     Robert am Kragen, zog ihn dicht an sich heran und stieß ihn wieder fort. Dann ging er zurück in den Laden und bezahlte sein
     Buch.
    Verdutzt sahen wir hinter ihm her.
    Und Eva? Eva war verschwunden.
    Es ist so schwer, die Liebe mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was gut für einen ist.
     
    Silvester stand vor der Tür. Die Spannung zwischen Robert, Eva und mir wurde unerträglich. Ich vermied es, Robert allein zu
     sehen. Eva tänzelte, war überkandidelt, wie Opa das genannt hätte, im Grunde war sie unausstehlich.
    Wir organisierten zu dritt eine Silvesterparty, in Evas Wohnung. Wir hatten Bier und Wein, Baguette und Käse gekauft, alle
     möglichen Leute hatten Salate mitgebracht. Überall standen Kerzen herum, alle rauchten, Eva hatte haufenweise Leute eingeladen,
     unsere Jungs, Harro, Oliver, Lukas, Studenten, Maler, Mädchen, Männer. Die Männer trugen Jeans und die Mädchen schräge Fummel
     vom Flohmarkt und glitzernde Ketten aus Strass. Benno tauchte auf. Die ganze Nacht kamen

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