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Naechte am Rande der inneren Stadt

Titel: Naechte am Rande der inneren Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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sind sie. Macht nichts, habe ich noch gestottert, ich hab’s sowieso eilig. Was gar nicht stimmte.
    Ich sah ihnen hinterher und dachte, ich hätte fantasiert.
    Es muss in jenem Winter gewesen sein, der so kalt war, dass viele Rohre brachen; der erste Winter, in dem Eva mit Robert schlief.
    Es war der kälteste Winter seit langem; viele Menschen fanden den Tod; ich liebte ein Mädchen namens Eva und hatte noch nicht
     aufgegeben, dass es fürs ganze Leben war.
    Sanft fielen die Flocken auf Evas Mantel, ihre Wimpern, ihr Gesicht, im November, im Dezember, ich zählte nie die Tage, nur
     mein Herz zog Striche wie ein Gefangener an der Wand seiner Zelle. Ich küsste sie leicht auf die Wangen, die Stirn, es wurde
     nie mehr, es war, als gäbe es eine Barriere zwischen ihren Lippen und meinen. Ich weiß nicht, wie ich es aushielt; und seltsamerweise
     sehe ich immer, wenn ich an diese Tage und Nächte denke, eine großartige Stadt in Weiß, sehe sanfte |181| Schneeflocken auf einem geröteten Gesicht und spüre das Echo eines Glücksgefühls. Ein endloser Winter, der einem endlosen
     Sommer folgte.
     
    Zwei Schritte vor, zwei zurück...
    Am Anfang dieses Winters schien alles noch offen.
    Ich dachte, es würde wieder, mit ihr und mit mir. Es gab Indizien; wir waren oft zusammen. Wir schliefen nur nicht miteinander.
     Die anderen Männer waren Episoden, mich brauchte sie. So dachte ich.
     
    Eva erholte sich. Die neue Wohnung schien ihr zu helfen, die neue Umgebung. Die Pestalozzistraße, der Savignyplatz, die Buchläden,
     die Technische Universität am Ernst-Reuter-Platz. Die Universität der Künste am Steinplatz. Dort ging sie allerdings nicht
     mehr so oft hin; sie belegte überwiegend Seminare und Vorlesungen bei den Kunsthistorikern an der Freien Universität. Sie
     stürzte sich in Arbeit, schrieb Referate und besuchte weiter die Ateliers. Ich begleitete sie nicht mehr. Ich gestand ihr,
     wie fremd ich mich dort fühlte. Sie nickte nur. Ich büffelte und bestand gleich zu Beginn des Semesters mehrere Klausuren,
     jeweils sechs Stunden lang, zu meinem eigenen Erstaunen und mit einem »voll befriedigend«. Das ist in unserem Fach so gut
     wie eine Eins.
    Robert zeigte Eva gegenüber manchmal eine seltsame Aggressivität und machte mokante Bemerkungen über Künstler. Manchmal gingen
     wir zu dritt ins Kino, diskutierten danach im »Hegel« über den Film und tranken Wodka dabei. Wir schlenderten zusammen nach
     Hause, es war ja jetzt gleich um die Ecke, Eva oder Robert öffneten die schwere Tür mit dem Durchsteckschlüssel; wir durchquerten
     zusammen den breiten dunklen Flur, eine leichte Nervosität machte sich bemerkbar, die uns schweigen oder aufgeregt reden ließ;
     doch dann nickte Robert und wandte sich nach links, an den Mülltonnen und kahlen Büschen vorbei, zu seinem Treppenhaus, während |182| Eva und ich zum zweiten Hinterhof weitergingen. Manchmal küsste er Eva zum Abschied auf die Wangen, manchmal aber auch dicht
     an den Mund. Ich sah es und blickte zur Seite. Dann saß ich bis um halb drei, drei bei ihr im Zimmer. Im Allesbrenner glühten
     die Eierkohlen, das Feuer warf einen rötlichen Schein auf die weißen glänzenden Dielen. Josef saß auf einem Fell, das Eva
     ihm gekauft hatte, und putzte sich. Ich fragte mich, ob sie an Robert dachte. Wie er sich auszog, die Sachen ordentlich über
     den Stuhl hängte, sich wusch, sich unter seiner Decke ausstreckte, vielleicht noch eine Zeile las oder schrieb.
    Eva und ich redeten, ich legte Kohlen nach, sie las mir vor. Wir kochten Tee auf der Ofenplatte; die Küche beheizte sie nur
     soviel, dass die Rohre nicht einfroren. Wir blieben im Zimmer. Sie trug weite Hemden über ihren Jeans und lose lange Strickjacken
     darüber. Manchmal fing sie an zu malen. Es tat mir immer ein bisschen weh, wenn sie die
Jaxon -
Kreiden auspackte oder das Ölzeug. Ich sah ihr niemals über die Schulter, von meinem Platz aus beobachtete ich ihre Bewegungen.
    Langsam begannen die Dinge sich zu verändern. Robert schob Zettel unter ihrer Tür durch. Er wurde wütend, wenn er erfuhr,
     dass ich die halbe Nacht bei ihr gesessen hatte. Er klingelte, wenn er um zwei Uhr Licht sah. Einmal machte Eva es aus und
     kicherte, einmal schickte sie ihn weg, und dann wieder gefiel es ihr, ihn hereinzubitten. Sie kochte indischen Tee mit Milch
     und Honig oder holte eine Flasche billigen Rosé aus dem Kühlschrank und goss ihn in drei Gläser. Extremsekt, sagte sie und
     grinste. Wir

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