Naechte Der Liebe - Tage Der Hoffnung
in ihrer Fantasie war er perfekt gewesen.
Gabriel war nicht perfekt, ganz und gar nicht. Er konnte schroff und distanziert sein, und Zuwendung von ihm zu erwarten, hieße enttäuscht zu werden. Trotzdem hatte sie sich in ihn verliebt. Auch wenn er nicht perfekt war, er war ein Mann, der in jeder Lebenslage zu ihr stehen würde. Er würde sein Ehegelöbnis und seine Versprechen halten.
Vermutlich würde er es nie zugeben, aber er war ein Mann, der die Fähigkeit hatte, tiefe Liebe zu empfinden und zu geben. Den Beweis dafür hatten ihr ein Kiefernzapfen, ein Sträußchen Gänseblümchen und ein glatter Flusskiesel geliefert.
Sie war nicht so naiv zu glauben, dass er sie liebte, aber Gabriel konnte lieben. Langsam verlor sie jedoch die Hoffnung, den Tag, an dem er ihr seine Liebe schenkte, je zu erleben.
Sie trat vors Fenster. „Der Vorfall eben tut mir leid.“
„Ich glaube, du hast ihm das Herz gebrochen.“
Jessica hatte keine Ahnung, ob er das spöttisch meinte. „Er wird darüber hinwegkommen. Das tut er immer.“ In vieler Hinsicht war der Freund aus ihrer Kindheit immer noch genau das – ein Kind. Sie erkannte nun, dass das der Grund war, weshalb es so schwer für sie gewesen war mit ihm zu brechen. Solange es Mark in ihrem Leben gab, konnte sie so tun, als hätte sich nichts geändert, als wäre alles wie früher. „Und wenn er einen Funken Verstand hat, wird er versuchen, seine Ehe zu retten.“
„Harte Worte.“ Gabriel legte ihr die Hände auf die Schultern.
„Was willst du, Gabe?“ Jessica starrte auf die glitzernden Lichter der Stadt. „Ich habe zugegeben, dass ich ihn nicht liebe. Reicht das nicht?“
„Ich würde nie handgreiflich gegen dich werden.“
Dass er so unerwartet auf Marks Anschuldigung zu sprechen kam, überraschte Jessica. „Was hat er wegen deiner Eltern gemeint?“
„Mein Vater liebte meine Mutter“, sagte Gabriel bitter. „Er liebte sie so sehr, dass er sie ganz für sich allein wollte. Selbst wenn er sie dafür im Keller einschließen musste.“
Jessica legte tröstend eine Hand auf seine. Sie wusste, dass Gabriel so etwas nie tun würde. „Hat er auch dir und deinen Geschwistern etwas angetan?“
„Angelica war zu klein“, war seine indirekte Antwort. „Er hätte auch nie versuchen sollen, ihr ein Haar zu krümmen.“
„Ihr wart alle zu klein.“
„Ich möchte nicht über die Vergangenheit reden. Sie ist tot und begraben.“
„Aber sie hat die Angewohnheit wieder aufzuerstehen, wie wir heute gesehen haben“, sagte sie leise. „Ich bin deine Frau. Behandle mich so, als würde dir das etwas bedeuten.“
Unerwartet legte Gabriel die Arme um sie und zog sie an sich.
„Ich hätte nie gedacht, dass du der Typ bist, der einen anderen Mann schlägt“, sagte sie leise. Beherrschung bedeutete ihm schließlich alles.
„Gewalt liegt in meiner Familie.“
„Du bist zu clever, um eine so einfache Erklärung gelten zu lassen.“ Jessica lehnte sich Schutz suchend an ihn und wehrte sich nicht länger gegen die Wirkung, die er von jeher auf sie hatte. „Jeder hätte zugeschlagen nach dem, was er gesagt hat.“
„Verteidigst du mich, Jessie?“
„Ich sage nur die Wahrheit.“
„Das tat Mark auch. Obwohl man den Standpunkt vertreten könnte, dass mein Vater meine Mutter so gut wie nie wirklich geschlagen hat. Um sie zu brechen, zog er andere Methoden vor, die keine sichtbaren Verletzungen hinterließen. Ich glaube, er hatte es beinah geschafft, doch dann schleppte er eines Tages Angelica in den Keller.“
Jessica wagte kaum zu atmen.
„Meine Mutter drehte durch, obwohl mir das damals nicht klar war. An jenem Abend, nachdem mein Vater betrunken auf der Couch eingeschlafen war, gab sie uns allen ein Glas Milch.“
„Du magst doch keine Milch“, sagte Jessica ohne nachzudenken.
Er umarmte sie fester. „Ich wusste gar nicht, dass du das weißt.“
„Ich bin deine Frau.“ Und sie würde weiter dafür kämpfen, damit dieses Wort bedeutete, was es bedeuten sollte.
„Meine Mutter wusste das auch, und normalerweise zwang sie mir keine Milch auf.“ Gabriel klang ruhig, aber Jessica spürte, wie angespannt er war. „Als sie mir den Rücken zukehrte, leerte ich das Glas in einen Blumentopf aus.
„Später, als alle eingeschlafen waren, schlich ich mich weg, um einen Teich etwa eine Meile vom Haus entfernt zu erkunden. Als ich zurückkam, stand das Haus in Flammen, und als ich versuchte hineinzulaufen, holten mich die Leute, die zum Löschen
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