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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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sie ihm gerade noch zurufen.
    Und dann ist er auch schon verschwunden. Ein anderer Beamter tritt auf sie zu.
    »Wollen Sie mir bitte folgen, damit ich Ihre Aussage aufnehmen kann!«
    Claire nickt. Aussagen, Protokolle... die übliche Routine beginnt. Der Duft des großen Abenteuers ist vergangen. Die Langeweile ist zurückgekehrt. Natürlich wird sie in ihrer Aussage nichts von all dem erwähnen. Wie soll sie auch jemandem diese Verrücktheit begreiflich machen, wie soll sie etwas erklären, das man nicht wirklich beschreiben kann?
    Sie wird nichts davon sagen, ganz einfach deshalb, weil es nichts zu sagen gibt. Sie wendet sich zu dem Beamten: »Ich hoffe, daß es schnell geht. Ich werde von meinen Eltern erwartet.«
     

E IN GANZ GEWÖHNLICHES V ERBRECHEN
     
    Es ist acht Uhr morgens im französischen Dörfchen Corvilliers, und man schreibt den 21. Februar 1949. Zu dieser Stunde sind hier auf dem Lande alle längst auf den Beinen, und auch der Dorfplatz ist bereits voller Leute.
    Mehrere Personen beobachten deshalb, wie der Landwirt Grégoire Bosselot vergebens an der Tür von Joséph Pernel läutet, dessen Haus sich genau gegenüber der Kirche befindet. Da niemand erscheint, stößt Bosselot die Tür auf, die nicht verschlossen ist. Er geht hinein, doch das Haus ist leer. Es hält sich niemand im Wohnraum auf, und die Asche im Kamin ist kalt. In der Küche ist alles perfekt aufgeräumt.
    Beunruhigt steigt Bosselot die Treppe hinauf. Joséph Pernel ist siebzig, und in diesem Alter muß man mit allem rechnen. Aber auch im Schlafzimmer, wo das Bett ordentlich gemacht ist, befindet sich niemand.
    Niedergeschlagen geht Grégoire Bosselot wieder hinunter. Er war mit Joséph verabredet und wollte ihn in seinem Wagen nach Beauvais zum Einkaufen mitnehmen. Joséph ist ein alter Freund von ihm, und er kennt ihn gut. Er mag seine Fehler haben, aber er war stets sehr zuverlässig. Eine Verabredung nicht einzuhalten ist überhaupt nicht seine Art. Grégoire Bosselot beschließt daher, den Sohn und die Tochter seines Freundes aufzusuchen. Vielleicht wissen die etwas.
    Der vierundvierzigjährige Philippe Pernel ist ebenfalls Bauer und bewohnt etwas außerhalb des Dorfes einen großen Hof. Er empfängt den unerwarteten Besucher ohne besondere Gemütsbewegung.
    »Na und?« meint er nur. »Er wird einen Spaziergang gemacht haben...«
    »Trotzdem sieht ihm das gar nicht ähnlich. Am liebsten würde ich die Gendarmen verständigen.«
    Jetzt reagiert Pernels Sohn erstmals.
    »Die Gendarmen zu verständigen ist vollkommen unnötig! Gehen Sie lieber nach Hause zurück!«
    Grégoire Bosselot verabschiedet sich. Er teilt Philippes Gleichmut keineswegs. Inzwischen ist er fast sicher, daß etwas geschehen ist. Er begibt sich also zur Dorfschule, weil Pernels vierzigjährige Tochter Honorine mit dem Lehrer Mercadier verheiratet ist.
    Sie zeigt ebensowenig Besorgnis wie ihr Bruder, als sie vom seltsamen Verschwinden ihres Vaters erfährt.
    »Sie hätten gründlicher nachsehen sollen«, erklärt sie nur. »Er war bestimmt im Garten.«
    »Nein, dort war er nicht, denn ich habe extra nachgesehen.«
    »Dann war er vielleicht im Keller.«
    Bosselot entfernt sich mit raschem Schritt. Den Keller hatte er bei seiner Suche ausgelassen.
    Als er zu Pernels Haus zurückkehrt, ist die Tür noch immer offen. Er eilt die Kellertreppe hinunter. Er macht Licht... Ja, Joséph Pernel ist tatsächlich hier, aber er ist tot. Er wurde ermordet!
    Der Täter muß ihn in dem Moment überrascht haben, wo Joséph eine Flasche Wein aus einem der Regale nehmen wollte. Eine der Flaschen ist zerbrochen, und der Inhalt mischt sich mit dem Blut auf dem Boden.
    Der alte Mann wurde von hinten erschlagen. Er hat eine schreckliche Wunde am Schädel. Die Mordwaffe ist zweifellos das alte Stück Eisen, das neben der Leiche liegt. Grégoire Bosselot hastet die Kellertreppe hinauf. Sobald er ins Freie gelangt, trommelt er die Dorfbewohner zusammen, die sich auf dem großen Platz vor der Kirche aufhalten.
    »Kommt schnell, der alte Pernel ist ermordet worden!«
    Wenig später nimmt die Polizei unter Leitung von Kommissar Blanchard den Tatbestand auf. Der Leichnam ist bereits kalt. Der Polizeiarzt kann die genaue Tatzeit noch nicht bestimmen, aber er ist sicher, daß das Verbrechen am Vorabend begangen wurde.
    Nirgendwo sind Spuren eines Kampfes zu sehen. Joséph Pernel muß dem Mörder also selbst geöffnet haben. Er muß mit ihm auf vertrautem Fuß gestanden oder ihn zumindest

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