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Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Depp
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Spandau.
    »Ich stehe hier und quatsche mit dir«, sagte Mel.
    »Ich auch«, sagte Bruce.
    »Spitze. Rumstehen und in eure Manschetten tuscheln. Sehr diskret, sehr professionell.«
    Großes Schweigen im Walde. Spandau schmunzelte. Irgendwann, es musste im Pleistozän gewesen sein, war er auch einmal so jung gewesen. Mel fuhr Motocrossrennen, Bruce hatte eine drei Monate alte Tochter. Beide hatten einen festen Job und konnten den kleinen Nebenverdienst, den ihnen die Agentur zahlte, gut gebrauchen.
    »Wären wir so weit?«, fragte der Kinobetreiber Anna, dann sah er Spandau an. Anna nickte. Gefolgt von Spandau mit Anna dicht auf den Fersen ging der Mann nach draußen und betrat die Bühne. Anna stieg hinter ihm hinauf. Spandau blieb auf der Treppe stehen, hoch genug über der Menge, um sie überblicken zu können.
    Der Kinobetreiber ergriff das Wort.
    »Das sind ja viel mehr Leute, als wir dachten. Ein richtiger Massenauftrieb«, stöhnte Bruce.
    »Was soll ich machen?«, fragte Mel. »Ich stehe am Rand des Getümmels.«
    »Mel, du bleibst, wo du bist«, sagte Spandau. »Wenn sich irgendwas tut, gebe ich dir Bescheid, wo du hin sollst. Bruce, du gehst mitten rein in die Menge, okay?«
    »Verstanden.«
    Es waren fünf-, sechshundert Menschen, doppelt so viele, wie erwartet. Die meisten waren wegen Annas Werbeauftritten gekommen, die anderen waren Schaulustige, die sich aus Neugier dazugesellt hatten. Spandau hoffte, dass es nicht noch mehr werden würden. Für die Überwachung solcher Massen hatte er nicht genug Leute im Einsatz. Zwei Mann reichten bei Weitem nicht aus. Eigentlich reichten sie nicht mal für den Zulauf, mit dem sie gerechnet hatten. Wo war er bloß mit seinen Gedanken gewesen? Das Kino hatte einen eigenen Wachtrupp angeheuert, sechs oder sieben Amateure mit albernen Kappen, die, an ein dünnes gelbes Nylonseil geklammert, versuchten, die Menge zurückzuhalten. Doch die drängte immer weiter in Richtung Bühne, vorwärtsgeschoben von neu Hinzukommenden, die nicht auf der Straße stehen wollten.
    Spandau hielt immer noch von der Treppe aus Ausschau. Dass er dabei zu sehen war, machte nichts. Dann wusste die andere Seite wenigstens, dass er seine Leute in der Menge verteilt hatte. Mel und Bruce waren nirgends zu sehen. Immerhin ein gutes Zeichen.
    Der Kinobetreiber stellte Anna vor; sie trat ans Mikrofon.
    Gut zwanzig Meter entfernt schlängelte sich eine kleine Gestalt mit einer schwarzen Kappe und einer Nascar-Jacke auf die Bühne zu.
    Mist.
    Spandau funkte Mel an. »Kleiner Typ in dunkler Jacke, keine dreißig Meter vor mir. Wirf mal ein Auge auf ihn. Er schiebt sich nach vorne.«
    »Ist das unser Mann?«
    »Keine Ahnung. Kann auch falscher Alarm sein. Sieh ihn dir einfach an. Du schlägst einen Bogen und schneidest ihm den Weg ab. Bruce, halt dich bereit.«
    »Roger«, sagte Bruce.
    Mel kämpfte sich rücksichtslos durch die schimpfende Menge. Als Spandau die dunkle Gestalt sekundenlang aus dem Blick verlor, setzte sein Herzschlag aus. Doch schon im nächsten Moment hatte er den Mann wiedergefunden. So nah vor der Bühne wurde das Gedränge immer dichter, und er kam nur noch langsam voran. Spandau ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Er zwängte sich seitwärts durch die Reihen der Zuschauer, dann blieb er aus irgendeinem Grund plötzlich stehen und sah zu Spandau hoch. Ihre Blicke trafen sich, nur den Bruchteil einer Sekunde, dann riss er sich die schwarze Kappe vom Kopf und tauchte in der Menge unter.
    »Ich glaube, das ist er«, sagte Spandau. »Direkt vor der Bühne. Mel, schnell nach links, von mir aus gesehen. Beeil dich. Bruce, sieh zu, dass du wieder an den Rand kommst, dann kannst du beobachten, wo er sich aus dem Getümmel rauswühlt, und ihn abpassen.«
    »Verstanden«, sagte Bruce. »Bin schon unterwegs.«
    »Ich komme jetzt runter. Mel, du sollst ihn nur abfangen, sonst nichts. Bleib ihm vom Leib. Ich bin gleich da. Sei vorsichtig. Wenn er unser Mann ist, hat er wahrscheinlich ein Messer dabei.«
    »Roger.«
    Spandau sprang von der Treppe und jagte um die Bühne herum, schubste einen der Mietbullen zur Seite, duckte sich unter dem Nylonseil hindurch und stürzte sich in die Menge. Er war trotz seines muskulösen Körpers sehr flink auf den Beinen, und seine knapp eins neunzig kamen ihm in dieser Situation ebenfalls zugute. Bald hatte er die schwarze Jacke im Gewühl erspäht.
    »Er will nach links, zehn Meter vor mir, parallel zur Bühne. Mel, kannst du ihn sehen?«
    »Noch

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