Nächte in Babylon

hinausging, sagte Babe zu ihm: »Das war’s. Sein letzter Auftrag.«
    Er nickte stumm.
    »Und von wegen seine Schuld. So leicht kommen Sie mir nicht davon.«
    »Was erwarten Sie von mir?«
    »Dass Sie die verdammte Uhr vierundzwanzig Stunden zurückdrehen und meinem Mann sein Gesicht wiedergeben. Eine Handbreit tiefer, und es hätte seine Halsschlagader erwischt. So was nennt man wohl Glück im Unglück.«
    »Wenn Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie mich oder die Agentur an. Wir kümmern uns um alles.«
    »Walter war vorhin schon da. Mister Aalglatt persönlich. Ihr zwei seid aus demselben Holz geschnitzt. Egoshooter, alle beide. Zum Kotzen. Kein Wunder, dass Ihnen die Frau abgehauen ist.«
    Spandau nickte und nickte. Wozu sollte er sich streiten? Sie hatte ja völlig recht.

16
    Er klingelte, und das Tor schwang auf. Die beiden Ex-Marines, die Spandau noch am selben Tag angeheuert hatte, erwarteten ihn schon, als er aus dem Wagen stieg. Während er noch einmal ihre Anweisungen mit ihnen durchging, kam Anna aus dem Haus.
    »Wie geht es Ihrem Freund?«
    »Man hat ihn zusammengeflickt und unter Medikamente gesetzt. Er wird einen guten plastischen Chirurgen brauchen.«
    »Das übernehme ich. Zumindest daran herrscht in Hollywood ja nun wirklich kein Mangel.«
    Sie gingen in die Küche und setzten sich an den Tisch. Anna goss zwei große Becher Kaffee ein. Plötzlich hatten beide das Gefühl, als wären sie in eine der Ranchküchen zurückversetzt worden, die sie aus ihrer Kindheit kannten.
    »Es ist meine Schuld«, sagte Anna. »Weil ich nicht auf Sie gehört habe. Ich hätte da nicht hingehen dürfen.«
    »Nein, ich bin dafür verantwortlich. Ich habe die Aktion organisiert.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Haben Sie nicht manchmal Lust, Ihr Büßerhemd an den Nagel zu hängen?
    »Ich habe manchmal Lust, die Narrenkappe abzunehmen«, sagte Spandau.
    »Soll ich Ihnen jetzt vielleicht heile, heile Gänschen vorsingen? Tut mir leid, aber ich habe keine einzige mütterliche Ader im Leib. Wir haben die Sache zusammen in den Sand gesetzt. Sie und ich. Können wir in Sachen Schuld nicht halbe-halbe machen? Dann hält man es gleich viel besser aus. Ich kümmere mich darum, dass Ihr Freund die bestmögliche Behandlung bekommt.«
    »Darum geht es doch gar nicht.«
    »Aber worum dann?«, fragte sie. »Suchen Sie einen Grund, um auf sich einzuprügeln? Seit ich Sie kenne, warte ich immer nur darauf, wann Sie sich das nächste Mal selbst ins Knie schießen. Das fing doch schon am ersten Tag an. Das habe ich noch nie gesehen, dass sich jemand solche Mühe gibt, sich sein eigenes Grab zu schaufeln. Was hat Spandau denn verbrochen, dass Spandau ihn so hasst? Eine spannende Frage.«
    »Haben Sie mich deshalb engagiert? Wegen meines Unterhaltungswerts?«
    »Was dachten Sie denn? Ich bin ein abgetakelter Filmstar, der sonst nichts mehr zu tun hat. Außerdem haben Sie sich in mich verguckt.«
    »Ach ja?«
    »Ach ja«, sagte sie. »Sie stehen total auf mich, aber Sie packen die Sache leider ganz falsch an. Sich unbeliebt zu machen, funktioniert nur in der Grundschule. So nach dem Motto: Mädchen ärgern.«
    »Gibt es eine bessere Methode?«
    »Aber natürlich. Und vielleicht verrate ich sie Ihnen sogar irgendwann. Eines steht jedenfalls fest: Sie sind fix und fertig. Ich könnte Ihnen unser Gästezimmer anbieten. Für eine Nacht kann ich meine sündigen Begierden schon mal zügeln. Vor mir wären Sie also sicher.«
    Spandau trank seinen Kaffee aus und stand auf. Die Erschöpfung stand ihm ins Gesicht geschrieben, und er wirkte regelrecht wie zusammengesunken. Anna wollte nicht, dass er ging. Dass sie nicht die Absicht hatte, ihn zu bemuttern, war eine glatte Lüge gewesen. Kaum zu fassen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich zuletzt um einen Mann hatte kümmern wollen, statt mit ihm zu vögeln. In diesem Augenblick hatte sie nur den Wunsch, ihn nach oben zu bringen, ins Bett zu packen, sich vielleicht zu ihm zu legen und dem Ein und Aus seines Atems zu lauschen, während er in ihren Armen schlief. Mehr nicht.
    »Dann gehe ich jetzt mal«, sagte Spandau.
    »Bravo, so spricht der wahre Cowboy. Mein Gott, wie Sie mich an meinen Dad erinnern. Er sah aus wie Randolph Scott. Hat sich sogar die Zigaretten selber gedreht. Wir hatten eine winzige Ranch in der Nähe von Waco. Er war ein knochenharter Typ. Einmal hat er sich beim Brettersägen den kleinen Finger abgeschnitten und den ganzen Tag mit dem Ding im Handschuh