Naechtliche Versuchung - Roman
dich?«
Bedrückt musterte Amanda die Kleidung, die Kyrian trug - schwarze Jeans, ein schwarzes Hemd und Stiefel. So wie immer, wenn er die Finsternis durchstreifte. »Musst du schon heute Nacht gegen Desiderius kämpfen?«
»Ich habe keine Wahl.«
Das musste sie verhindern. Beschwörend spähte sie über
Kyrians Schulter hinweg und schaute seinen Boss an. »Acheron!«
»Diese Entscheidung liegt bei ihm«, entgegnete Acheron und zuckte nonchalant die Achseln.
»Aber er ist verwundet.«
»Und ein dunkle Jäger. Er kennt seine Stärken und Schwächen.«
Am liebsten hätte sie alle beide erwürgt. »Lassen Sie ihn einfach sterben …«
»Mit Acheron hat das nichts zu tun«, fiel Kyrian ihr ins Wort. »Natürlich hat er Recht, es ist meine Entscheidung.«
»Eine ziemlich dumme Entscheidung.«
»So etwas Ähnliches hat Tabitha auch von dir behauptet.«
Erbost starrte sie ihn an. Und er starrte zurück, bis sie wegschaute.
Dann wandte er sich wieder zu Acheron. »Pass auf sie auf.«
»Ist das ein Befehl?«, fragte Acheron ungläubig.
»Sei kein Arschloch!«
Spöttisch zog Acheron die Brauen hoch. »Ich bin Ash - kein Arsch.«
In Kyrians Kinn zuckte ein Nerv. »Und nun muss ich eine Verabredung einhalten. Bis später.«
Mit langen Schritten verließ er das Zimmer. Amanda blieb wie angewurzelt stehen. In wachsendem Entsetzen hörte sie sie das Garagentor klirren, einen Automotor starten.
Was für ein gottverdammter, eigensinniger Mann!
»Offenbar hat er sich geirrt, Acheron. Sie sind kein Arschloch. Das ist er selber!«
Während er in Gelächter ausbrach, presste sie beide Hände an die Schläfen und überlegte, was sie tun sollte. Aber in ihrem Herzen wusste sie es bereits - Kyrian würde sterben. So oder so.
Wenn sie ihn tötete, hatte er wenigstens eine Chance. »Geben Sie mir das Medaillon.«
Sofort überreichte er ihr die Kassette. »Sind Sie sicher?«
»Kein bisschen.«
Sie griff nach dem Kästchen, aber er hielt es fest. »Was immer Sie tun, besinnen Sie sich nicht anders, sobald das Medaillon in Ihrer Hand liegt. Sonst würden Sie Kyrian das grausamste aller Leiden zufügen. Es wäre mir lieber, er stirbt im Kampf gegen Desiderius als von der Hand einer Frau, die ihn liebt. Schon wieder …«
»Niemals würde ich ihn verletzen.« Amandas Hand bebte unter seiner.
»Nichts für ungut, aber als ich diesen Satz zum letzten Mal hörte, ließ die Frau das Medaillon zu Boden fallen. Zehn Sekunden nachdem sie es ergriffen hatte. Enttäuschen Sie mich nicht!«
»Das werde ich nicht tun.«
Immer noch skeptisch, nickte er und überließ ihr die Kassette. »Vergessen Sie nicht - sobald sein Herz durchstochen ist, müssen Sie das Medaillon in die Hand nehmen und festhalten, bis er gestorben ist. Dann pressen Sie es auf sein Brandmal.«
»Und wie erkenne ich den richtigen Zeitpunkt?«
»Den werden Sie sofort feststellen. Vertrauen Sie mir.«
Amanda verstaute das Kästchen in ihrer Handtasche, neben der Schachtel mit der Barbie, die Liza ihr geschenkt
hatte. Seit der Attacke auf Tabitha trug sie die Puppe bei sich. Vielleicht war das albern. Aber die Barbie spendete ihr einen gewissen Trost. Außerdem zog sie die Dolche in den kleinen Beinen einer Schusswaffe vor.
Bevor sie die Tasche schließen konnte, läutete ihr Handy, und sie holte es hervor.
»Bist du das, Mandy?«
Irritiert runzelte sie die Stirn, als Cliffs näselnde Stimme in ihr Ohr drang. »Ich dachte …«
»Hör mal«, unterbrach er sie, »etwas Schreckliches ist passiert.«
Nun begann er zu schluchzen. Obwohl die Beziehung beendet war, tat er ihr leid. Mochte er auch ein Idiot sein - vor knapp zwei Wochen hatte sie noch geplant, ihn zu heiraten. »Was ist los?«
»Meine Mutter«, würgte er hervor. »Klar, du bist sauer auf mich - aber ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Würdest du zu mir kommen? Ich will nicht allein sein.«
Von einer seltsamen Übelkeit erfasst, zögerte sie. Würde sie es ertragen, Cliff wiederzusehen? Aber wäre es nicht selbstsüchtig, seinen Wunsch abzuschlagen? Er brauchte sie. Also würde sie ihn für ein paar Minuten besuchen und dann hierher zurückkehren, um auf Kyrian zu warten. »Also gut, ich fahre zu dir.«
»Danke.«
Fragend hob Acheron die Brauen. »Stimmt was nicht?«
»Ein Freund braucht meine Hilfe«, erklärte sie, und er nickte.
»Kümmern Sie sich um ihn. Inzwischen suche ich Ihre
Schwester und passe auf sie auf.« Acheron schlüpfte in ein schwarzes T-Shirt.
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