Naechtliche Versuchung - Roman
Markise, die seinem Freund Schatten spenden würde.
Dann zog er ganz vorsichtig die Bahre aus dem Wagen, um Amandas Arm zu schonen, und sie kletterte hinaus.
Bevor sie das Krankenhaus betrat, hielt sie ihren Parka vor
der Brust zusammen, um die Blutflecken an ihrem Pullover zu verdecken.
Stumm und reglos lag der dunkle Jäger auf der Bahre, die sein Freund durch verschiedene, von geschäftigen Leuten bevölkerte Räume schob. Amanda ging daneben her und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Bald würde jemand die protzigen Handschellen sehen. Mussten sie denn so hell im Neonlicht funkeln? Hätte Desiderius nicht nette, unauffällige Dinger im Polizeiformat finden können?
Aber nein, diese Handschellen mussten zehn Zentimeter dick sein, mit einem unheimlichen griechischen Muster ziseliert. Wenn das jemand sah, glaubte er sicher, das Zeug würde aus einem von Tabithas grässlichen Sex-Katalogen stammen. Grauenhaft! Noch nie hatte Amanda einen Frede rick’s of Hollywood-Laden betreten. Sie war sogar beim Anblick eines Schaufensters mit Victoria’s Secret-Dessous errötet.
Natürlich starrte jeder, der ihnen entgegenkam, die Handschellen an.
»So was habe ich seit mindestens sechs Monaten nicht mehr gesehen«, bemerkte ein Krankenpfleger.
»Ich hab schon von so was gehört«, erklärte ein anderer. »Wie alt war der arme Kerl?«
»Keine Ahnung. Aber so, wie das Häschen aussieht … Da würde ich auch einiges riskieren.«
Das schallende Gelächter der beiden trieb das Blut in Amandas Wangen.
»Hallo, Tate!«, rief ein junger Arzt, als sie sich den Aufzügen näherten. »Sollte ich vielleicht fragen, was das bedeutet?«
Tate schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Mit was für einer Scheiße ich mich dauernd abplage, wissen Sie ohnehin.«
Da lachte auch der Doktor, und Amanda schlug eine Hand vors Gesicht.
Sobald sich die Lifttüren hinter ihnen geschlossen hatten, wisperte sie: »He, dunkler Jäger, dafür bringe ich Sie um. Das schwöre ich.«
»Ach, Schätzchen«, seufzte eine ältere Krankenschwester und tätschelte Amandas Arm. »Offenbar haben Sie das schon getan. Das ist meinem Harvey und mir auch passiert. Der Ärmste, er fehlt mir so …«
Beinahe erstickte Tate an einem Lachkrampf, und Amanda betete stöhnend um ein Ende dieser Tortur.
In der Leichenhalle angekommen, folgte sie ihm zum anderen Ende des Raums, in ein düsteres Labor.
Sobald Tate die Stahltür hinter sich geschlossen hatte, öffnete der dunkle Jäger den Reißverschluss des Leichensacks, schlüpfte heraus und stieg von der Bahre herab. »Danke«, sagte er zu seinem Freund.
»Kein Problem.« Tate ging zu einem kleinen Schrank neben der Tür und inspizierte den Inhalt einer Schublade. »Zieh deinen Mantel und das T-Shirt aus. Mal sehen, was mit dir passiert ist.«
»Nicht nötig, das wird verheilen.«
Tate spannte die Kinnmuskeln an. »Und wenn du dir eine Infektion holst?«
Lachend schüttelte Kyrian den Kopf. »Untote sterben nicht an Infektionen. Glaub mir, ich bin gegen alle Krankheiten immun.«
»Okay, vielleicht würdest du nicht dran sterben. Aber
eine Behandlung wird nicht schaden und den Heilungsprozess beschleunigen.« Der Blick, den Tate dem dunklen Jäger zuwarf, duldete keinen Widerspruch. »Wie auch immer, ich akzeptiere kein Nein. Zeig mir die Wunde.«
Kyrian öffnete den Mund, um erneut zu protestieren. Aber er kannte den Eigensinn des Mannes, wollte keine Zeit verschwenden und gehorchte. Wegen der Handschellen konnte er den Mantel und das T-Shirt nicht vollständig ausziehen. Erbost seufzte er und ließ die Sachen an seinem Unterarm hängen. Einen Ellbogen auf die Bahre gestützt, wartete er, bis Tate die erforderlichen Utensilien zusammengesucht hatte. Dabei hörte er Amandas Herz pochen und spürte ihre beschleunigten Atemzüge, als sie seine nackte Brust musterte. O ja, sie begehrte ihn, und ihre heiße Sehnsucht bedrohte seine Selbstkontrolle.
Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen und wünschte, seine Jeans wäre etwas weiter geschnitten, weil sich der schwarze Stoff schmerzhaft an seine Erektion presste.
Verdammt, er hatte ganz vergessen, wie schrecklich ihn sein Körper nerven konnte, wenn eine attraktive Frau auftauchte.
Und sie war wirklich attraktiv - mit einem bezaubernden Elfengesicht und großen blauen Augen.
Schon immer hatte er für blaue Augen geschwärmt.
Obwohl er sie gar nicht anschaute, wusste er, dass sie über ihre vollen Lippen leckte, und seine Kehle wurde trocken,
Weitere Kostenlose Bücher