Naechtliche Versuchung - Roman
richtigen Moment eintreffen würde.
Auch Amanda hörte, wie sich die Ambulanz näherte. Seltsamerweise hielt der Wagen direkt vor der Fabrik. Nach einer kurzen Pause öffneten sich die beiden Torflügel, und die Ambulanz fuhr in den Hof.
»Darauf haben Sie gewartet?«, fragte Amanda, und der dunkle Jäger nickte.
Sobald der Wagen eine schattige Stelle erreicht hatte, blieb er stehen, und ein hoch gewachsener Afroamerikaner stieg aus. Als er das gerötete Gesicht des dunklen Jägers sah, stieß er einen leisen Pfiff aus. »O Mann, du siehst wie die Hölle aus. Darf ich fragen, was die Handschellen bedeuten?«
Kyrian führte Amanda zu der Ambulanz. »Nein - es sei denn, du willst sterben.«
»Okay«, antwortete der Fahrer und grinste gutmütig. »Natürlich verstehe ich den Wink mit dem Zaunpfahl. Aber da gibt’s ein Problem. Mit diesen Dingern kannst du dich nicht unauffällig in einem Leichensack verstecken. Das werden die Leute merken.«
»Ja, daran habe ich gedacht. Wenn jemand Fragen stellt, behauptest du einfach, ich sei bei einer wilden Sex-Eskapade an einem Herzinfarkt gestorben.«
Bei einer Sex-Eskapade? Genau dieses Wort hatte Selena am Vortag benutzt. Unwillkürlich erschauerte Amanda, als sie sich daran erinnerte. »Wie, bitte?«
Wieder einmal funkelten die Augen des dunklen Jägers. Offensichtlich genoss er ihre Verlegenheit in vollen Zügen. »Und meine Partnerin kann den Schlüssel nicht mehr finden.«
Tate brach in schallendes Gelächter aus.
»Nein, das sagen Sie besser nicht, Mister!«, zischte Amanda.
Der dunkle Jäger schenkte ihr wieder das dämonische Grinsen, das jenes unerwünschte Prickeln in ihrem ganzen Körper erzeugte. »Sehen Sie’s doch positiv. Wenn sich das herumspricht, werden die Männer bei Ihnen Schlange stehen und um Dates betteln.«
»Das finde ich gar nicht komisch.«
Gleichmütig zuckte er die Achseln. »Die einzige Möglichkeit, hier rauszukommen.«
»Ja, vielleicht für Sie. Ich kann einfach gehen und Sie mitschleppen.«
»Versuchen Sie’s.«
Das tat sie und merkte schon bald, dass sich große, gefährliche Vampire nur bewegten, wenn sie es wollten.
»Okay«, murmelte sie und rieb ihr Handgelenk, in das der Stahlreifen schnitt. »Dann steigen wir eben in die Ambulanz.«
Als sie die geöffnete Heckklappe erreichten, hob er Amanda so mühelos hoch, dass sie verblüfft nach Atem rang. Im Innern des Wagens kroch sie nach links, um dem dunklen Jäger Platz zu machen.
Doch er setzte sich nicht zu ihr. Stattdessen schlüpfte er in einen schwarzen Leichensack und streckte sich auf der Bahre aus.
Wortlos zog Tate den Reißverschluss zu.
»Macht ihr zwei das oft?«, fragte sie.
Der Farbige grinste sie freundschaftlich an. »Ab und zu.«
Misstrauisch beobachtete sie, wie Tate den Sack zurechtrückte, sodass die Hand des dunklen Jägers drinnen und ihre eigene draußen blieb. Seltsam, wie bereitwillig dieser Mann einem Vampir half.
»Wie haben Sie ihn kennengelernt?«, fragte sie ihn.
»Ich habe gerade einer Leiche das Blut ausgesaugt, als er mich fand«, erklärte der dunkle Jäger durch die schwarze Hülle hindurch.
Lachend richtete Tate sich auf. »Eines Nachts hatte ich
Bereitschaftsdienst und fuhr los, um eine Leiche zu holen, die gar nicht tot war. Hätte mich dieser Typ nicht gerettet, würde ich jetzt in diesem Sack liegen.«
»Halt den Mund, Tate«, stieß der dunkle Jäger hervor, »und fahr los!«
»Schon gut«, antwortete Tate, nicht im Geringsten beleidigt, obwohl er so arrogant behandelt wurde.
»Sie könnten wirklich höflicher zu ihm sein«, meinte Amanda, während Tate ins Fahrerhaus stieg und den Motor startete. »Wo er doch so nett ist und Ihnen hilft.«
Nun drang ein ungeduldiger Seufzer aus der schwarzen Plastikhülle. »Müssten Sie diesen großartigen Rat nicht selber befolgen?«
Amanda öffnete den Mund, um zu protestieren, und schloss ihn wieder. Natürlich hatte er Recht. Seit dieses Desaster begonnen hatte, war sie nicht besonders höflich gewesen. »Okay, vielleicht sollten wir versuchen, das Beste draus zu machen.«
Falls er einen Kommentar dazu abgab, hörte sie es nicht, weil die Sirene wieder zu heulen anfing. Im Rekordtempo steuerte Tate das Krankenhaus an. Amanda wurde unsanft durchgerüttelt und musste die unangenehmste Fahrt ihres Lebens ertragen.
Bei der Ankunft fühlte sie sich wie ein Hemd, das im Trockner einer Waschmaschine umhergeschleudert worden war.
Tate bremste am Hintereingang der Klinik, unter einer
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