Naechtliches Schweigen
er stehen. »Du hast ja einen Hund«, stellte sie entzückt fest und beugte sich zu ihm hinunter, um seinen Kopf zu streicheln. »Du bist aber ein Prachtkerl!« Conroy, der ihr da voll und ganz zustimmte, setzte sich vor sie hin und gestattete ihr, ihn hinter den Ohren zu kraulen. »So ein schöner Hund!«
Niemand hatte ihn je zuvor als schönen Hund bezeichnet. Conroy schielte unter seiner Wolle verliebt zu ihr hoch, dann drehte er den Kopf und feixte zu Michael hinüber.
»Jetzt haben wir die Bescherung.« Michael streckte ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. »Von nun an wird er regelmäßig Komplimente erwarten.«
»Ich wollte schon immer einen Hund haben.« Conroy rieb seinen Kopf an Emmas Hose, ein Bild hündischer Ergebenheit.
»Fünfzig Dollar, wenn du den hier gleich mitnimmst.« Michael zog die lachende Emma ins Haus.
»Schön hast du's hier.« Langsam schlenderte sie durch den Raum. Das Tapsen der Hundepfoten hinter ihr hatte etwas Beruhigendes.
Der große graue Sessel wirkte so gemütlich, als ob man darin schlafen könne. Die lange Couch lud förmlich zu einem Mittagsschläfchen ein. Auf dem Boden lag eine rot und grau gestreifte indianische Decke, die als Teppich diente - und als Unterlage für Conroy. Durch die halb heruntergelassenen Jalousien drang streifiges Sonnenlicht in den Raum.
»Ich hatte mir eher ein schickes Apartment am Strand vorgestellt. Ach, Mariannes Beine.« Erfreut betrachtete Emma das gerahmte Foto über der Couch.
»Das habe ich bei deiner Ausstellungseröffnung gekauft.«
Emma zog eine Augenbraue in die Höhe. »Warum?«
»Warum ich es gekauft habe?« Michael runzelte nachdenklich die Stirn. »Weil es mir gefallen hat. Bitte erwarte jetzt nicht irgendwelche tiefsinnigen Bemerkungen über Beleuchtungseffekte und so weiter. Ich halte es einfach für eine großartige Aufnahme.«
»Deswegen hättest du es nicht gleich kaufen müssen. Ich kenne doch Runyuns unverschämte Preise. Außerdem schulde ich dir weit mehr als nur ein Bild.«
»Du hast mir ja schon einmal eins geschenkt.«
Sie erinnerte sich an das Foto, das sie von ihm und ihrem Vater gemacht hatte. »Damals war ich noch kein Profi.«
»Ein früher McAvoy bringt bestimmt ein hübsches Sümmchen, falls ich mich mal entschließe, das Bild zu verkaufen.« Michael berührte sie leicht am Arm und wunderte sich, dass sie instinktiv zurückfuhr. Vermutlich war das eine ganz natürliche Reaktion, so kurz nach dem Scheitern ihrer Ehe. »Laß uns in die Küche gehen. Ich habe gerade angefangen, das Essen zu machen.«
Der Hund folgte ihnen und legte anbetend den Kopf auf Emmas Fuß, als sie sich am Tisch niederließ. Michael schenkte zwei Gläser Wein ein und stellte das Radio an. Nat King Coles seidenweiche Stimme füllte den Raum, während Emma abwesend Conroys Kopf mit dem anderen Fuß streichelte.
»Wie lange wohnst du schon hier?«
»Fast vier Jahre.« Michael genoss ihre Anwesenheit. Sonst hatte er nur selten Gesellschaft, wenn man von Conroy einmal absah. Unsicher musterte er den auf der Anrichte wartenden Gemüseberg und wünschte, er hätte sich von seiner Nachbarin ein Salatrezept geben lassen. Dann griff er nach einem großen Messer - gleichfalls eine Leihgabe - und begann, den Kopfsalat kleinzuschneiden.
»Was soll das denn werden?« erkundigte Emma sich.
»Ich mache Salat.« Da sie ihn verwundert ansah, hielt er inne. »Magst du keinen Salat?«
»Doch, doch.« Emma stand auf, um die Zutaten genauer in Augenschein zu nehmen. Vier dicke Tomaten, sechs Paprikaschoten, Lauch, Pilze, ein kleiner Kürbis, ein ganzer Blumenkohl und ein Bund Möhren. »Meinst du, das reicht?«
»Ich mache immer große Mengen«, schwindelte Michael. »Conroy ist ganz wild auf Salat.«
»Ah ja.« Emma nahm ihm lächelnd das Messer aus der Hand. »Ich schlage vor, du kümmerst dich um die Steaks und ich mich um den Salat.«
»Du kannst kochen?«
»Ja.« Lachend entfernte sie die äußeren Salatblätter. »Du nicht?«
»Nicht besonders gut.« Sie duftete verführerisch nach einem leichten, blumigen Parfüm. Am liebsten hätte er sein Gesicht an ihrem Hals vergraben, doch als er ihr vorsichtig das Haar zurückstrich, hob sie den Kopf und sah ihn misstrauisch an. »Ich hätte nie gedacht, dass du kochen kannst«, sagte er schnell.
»Es macht mir Spaß.«
Er stand so nah bei ihr, dass ihre Körper sich beinahe berührten, trotzdem jagte ihr seine Nähe keine Angst ein. Während sie eine Paprikaschote säuberte, wurde ihr klar,
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