Naechtliches Schweigen
unter den bunten Lichtern. Drogen und Geldscheine wurden so beiläufig ausgetauscht wie Telefonnummern.
Er war derartige Etablissements nicht gewohnt und hegte ganz sicher keine Vorliebe dafür. Leise fluchend quetschte er sich an einen kleinen Ecktisch und bestellte einen Scotch.
»Für ein Gespräch unter vier Augen hättest du dir einen geeigneteren Ort aussuchen können.«
Sein Gesprächspartner grinste und kippte seinen Whisky hinunter. »Vertrauliches bespricht man am besten in der Öffentlichkeit .« Mit einem goldenen Feuerzeug zündete er sich eine Zigarette an. »Das Gerücht will wissen, dass Jane geplaudert hat.«
»Ich weiß von dem Brief.«
»So, und du hast es nicht für nötig gehalten, das zu erwähnen?«
»Richtig.«
»Muss ich dich daran erinnern, dass das, was dich betrifft, auch mich angeht?«
»Der Brief hat nur mit Jane zu tun, nicht mit uns.« Er wartete, bis die Kellnerin seinen Drink vor ihn hingestellt hatte, dann nahm er den Faden wieder auf. »Aber es gibt etwas, das viel ernstere Auswirkungen haben könnte. Emma hat beunruhigende Träume.«
Der andere Mann lachte bloß und stieß eine Rauchwolke aus. »Was gehen mich Emmas Träume an?«
»Eine Menge. Denn die betreffen uns beide. Sie ist in therapeutischer Behandlung, und zwar bei der Psychologin, die auch Stevie Nimmons konsultiert hatte.« Nach einem Schluck von seinem Scotch entschied er, dass man mit dem Gebräu die halbe Menschheit vergiften könnte. »Es sieht so aus, als ob sie ihr Erinnerungsvermögen wiedergewinnt.«
In dem Gesicht des zweiten Mannes zeigte sich ein Anflug von Angst, der aber rasch bloßer Wut Platz machte. »Ich wollte sie schon vor Jahren aus dem Weg räumen.«
»Damals war das nicht nötig.« Sein Gesprächspartner zuckte die Achseln. »Aber jetzt sieht die Sache anders aus.«
»Ich habe nicht die Absicht, mir zum jetzigen Zeitpunkt noch die Hände schmutzig zu machen, alter Freund. Kümmere du dich mal schön selbst darum.«
»Ich habe schon Jane zum Schweigen gebracht.« Seine Stimme klang immer noch ruhig. »Wir müssen Emma im Auge behalten. Wenn sie uns gefährlich werden kann, bist du an der Reihe.«
»Gut. Aber ich tue es nicht, weil du es so willst, sondern weil ich mit Emma noch eine Rechnung offen habe.« »Mr. Blackpool, würden sie mir wohl ein Autogramm geben?«
Er legte sein Feuerzeug auf den Tisch und lächelte die gutgebaute, rothaarige junge Frau an. »Natürlich, Süße. Ist mir ein Vergnügen.«
36
»Michael möchte mich heiraten.«
Katherine hob kaum merklich eine Augenbraue. »Und wie denkst du darüber?«
Ob dieser Standardbemerkung eines Therapeuten musste Emma beinahe lachen. »Ich bin nicht allzu überrascht. Seit einiger Zeit weiß ich schon, dass er nur auf eine passende Gelegenheit gewartet hat, um mich zu fragen. Und wenn ich mit ihm zusammen bin, dann kann ich fast glauben, dass es gutgeht. Ein eigenes Heim und eine Familie, das habe ich mir schon immer gewünscht.«
»Liebst du ihn?«
»Ja.« In diesem Punkt gab es keinen Zweifel. »Ja, ich liebe ihn.«
Die Antwort kam ohne Zögern, registrierte Katherine. »Aber du hast hinsichtlich einer Heirat deine Bedenken?«
»Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass ich gute Erfahrungen mit der Ehe gemacht habe.«
»Läßt sich denn Michael mit Drew vergleichen?«
»In welcher Hinsicht?«
Katherine sah sie nur schweigend an.
»Beide sind attraktive, Willensstarke Männer.«
»Nichts weiter?«
Emma ging ruhelos im Zimmer auf und ab. Das Haus war still und leer. Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass sie jeden Nachmittag gegen drei mit Katherine alleine gelassen wurde. Eigentlich hatte sie gar nicht über Michael, sondern über ihre Alpträume sprechen wollen, doch ihre Gedanken kreisten ständig um ihn.
»Nein, nichts weiter. Sogar ehe ich herausfand, dass Drew gewalttätig war, hätte ich keine Gemeinsamkeiten feststellen können. Drew war achtlos im Umgang mit anderen Menschen, er war unfähig, jemandem echte Zuneigung entgegenzubringen. Wenn er wollte, konnte er ausgesprochen aufmerksam und charmant sein, aber das geschah nur aus Berechnung. Er erwartete immer eine Gegenleistung.«
»Und Michael?«
»Er zeigt echtes Interesse an anderen Menschen, zum Beispiel liebt er seine Familie... und mich. Er engagiert sich für andere, deshalb ist er auch in seinem Job so gut. Treue ist für ihn kein Fremdwort, verstehst du? Ich hätte nie geglaubt, dass ich noch einmal mit einem Mann Zusammensein wollte. Mit
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