Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
Vom Netzwerk:
Magnaten, werden wir wie die Sonne«, lärmte Jegor.
    »Im Augenblick geht unsere Arbeit in drei Richtungen. Die erste ist fast legal: Wir überführen die gesamten anständigen technischen Ausrüstungen plus Belegschaft in Kooperativen, produzieren auf diesem privaten Sektor Bücher, darunter Lehrbücher, und verkaufen sie. Unser berühmtes Leseland wird sich demnächst auf alles stürzen. Die einen auf Nietzsche und Platonow plus Nabokov, andere auf Hammett, Chase und King. Auch hausgemachte Bestseller werden bald auftauchen. Das wird ein großes Geschäft.
    Die zweite Richtung ist komplett illegal, der Bücherschwarzmarkt. Schwarzauflagen, nichtlizensierte Lehrbücher, Veröffentlichungen ohne Autorenrechte. Intellektuelle Piraterie gewissermaßen. Und direktes Racketeering, die gewaltsame Kontrolle über Druckereien, Buchläden und so weiter und so fort...«
    »Kommen Sie, küssen wir uns, Igor, küssen wir uns, wahrlich«, rief Jegor, wusste jedoch zum Glück nicht, wie man einen Mann küsst, und ließ es darum bleiben.
    »Die dritte Richtung ist weder - noch. Legal, aber nicht ganz, und ein wenig unmoralisch. Ich bin nicht sicher, ob daraus etwas wird, aber versuchen muss man es. Literarische Fälschungen und Streiche. Verloren gegangene und angeblich entdeckte Fortsetzungen von König Lear. Eine Sensation. Es muss sie nur jemand verfassen, auf Altenglisch und Neurussisch. Ein erfundener Nostradamus. Ein Evangelium von ... ich weiß nicht ... von Annas und Kaiphas. Intellektuelle Provokationen für hochgebildete Trottel. Pseudowissenschaftliche Theorien. Friedrich Engels war eine Frau und die Geliebte der Frau von Karl Marx. Und ähnlicher Blödsinn. Bringt vielleicht keine hohen Auflagen, aber wer weiß. Jedenfalls eine Boutique falscher Perlen.
    Außerdem wird es, denke ich, bald viele Reiche und Politikaster geben - und einige von ihnen werden als Intellektuelle und Kreative mit großem Talent gelten wollen. Sie werden sich junge Frauen zulegen, die unbedingt singen und Filmstars werden wollen. Und da sind wir zur Stelle, mit Songs und Drehbüchern. Oder der Natschalnik, der gern auch noch als Dichter in die Geschichte eingehen möchte, als Dramatiker, als Beaumarchais oder Gribojedow neuen Typus. Und wir haben eine ganze Meute begabter, aber bettelarmer und aus Gründen des Alkoholismus wenig ehrgeiziger Dichter- und Schreiberlinge an der Hand. Wir kaufen ihnen ihre überlagerte Ware ab, Verse und Stücke, die niemand braucht, nicht einmal sie selber. Billig natürlich, zu Spottpreisen. Und verkaufen sie an den Natschalnik, den Bankier oder seine Alte zu Preisen, von denen selbst Alexej Tolstoi oder Jewtuschenko nicht zu träumen wagten. Und obendrein verlegen wir sie unter ihrem Namen und auf ihre Kosten. Schön teuer. Und Dichter, das ist man ja das ganze Leben. Deshalb wird dieser Bankier sich ständig als Dichter gerieren und fremde Gedichte für seine eigenen ausgeben müssen. Also wird er Stammkunde. Wie ein Drogensüchtiger. Den Aufbau dieses dritten, interessantesten Geschäftszweigs, möchte ich Ihnen, Jegor ...« »Einverstanden!«
    »... anvertrauen. Wenn Sie einverstanden sind, müssen Sie als Erstes ...«
    »Was, was soll ich tun?«
    »... Fjodor Iwanowitsch töten.«
    »Kein Problem.«
    »Jetzt gleich. Zur Bekräftigung sozusagen, und als Initiation ...«
    »Gut. Aber ich brauche eine Schusswaffe. Erwürgen oder erstechen, das kann ich nicht.«
    »Hier ist eine Pistole. Fjodor Iwanowitsch, Fjodor Iwanowitsch, kannst du mal kurz kommen ...«
    Der Alte kam mit einem Tablett herein. Das Teeservice zersprang als Erstes, dann das Herz. Eine Tasse blieb heil, und in sie strömte aus dem durchlöcherten Fjodor Iwanowitsch, wie aus einem Samowar, düsterrotes Blut. Seltsamerweise fiel der Opa nicht gleich um, sondern blieb stehen, lange, lange, bestimmt eine ganze Sekunde oder gar anderthalb. Und die ganze Zeit tönte, anhaltend wie das Grauen, der Schuss. Dann kippte er um, entseelt, nur noch ein Lumpenhaufen, und so lag er da, als kleiner Haufen, nicht auf dem ganzen Parkett ausgebreitet, sondern irgendwie bescheiden, zusammengefaltet.
    Jegor verfeuerte das gesamte Magazin des Makarow'schen Tötungsgeräts. Die übrigen Kugeln flogen durch das ganze Zimmer, denn Jegor schoss nicht mehr auf Fjodor Iwanowitsch, sondern auf den erstaunten Schatten seiner eigenen Wehmut.
     

10
    Eine Etage höher, in Wohnung Nummer fünfzig, einer unguten Wohnung, aus der die Miliz alle halbe Jahre ganze Familien von

Weitere Kostenlose Bücher