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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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Khagan!«, singsangten die Chasaren im Chor.
    »Nu«, antwortete aus den kulinarischen Ausdünstungen der Khagan mit grollender und zugleich weicher Stimme, wie Donner, der noch leise hinter einem erkalteten Gewitter grollt.
    »Urus Jegor. Bilion manat. Regisseurysy Mamajew kirdyk.«
    »Nu.«
    »>Kafkas Picktschurs.<« »Aha.«
    »Nu?«
    »Nu, nu. Aha.«
    Die Chasaren nickten, verbeugten sich und zogen den Gast am Ärmel zum Ausgang. Die Audienz beim Herrscher über Delta, Gebirgsrücken und das halbe Kaspische Meer war beendet. Jegor wurde in den ersten Stock geführt, in eine asketische Kammer mit einer Matte aus Schafsfell, die heftig nach sauer gewordener Hammelfleischsuppe roch.
    »Schlafen Bett«, riet der Dickste.
    »Wo ist Mamajew? Wo ist Kafka's Pictures?«, verlangte Jegor. »Schlafen. Dann mitkommen. Wenn Nacht. Jetzt schlafen.«
     

41
    Jegor legte sich hin und schlief ein. Und da er eine Falle erwartet hatte, im Voraus mit der Bösartigkeit des Schicksals gerechnet, wunderte er sich nicht, als er auf einem OP-Tisch erwachte, nackt, ausgestreckt, mit Gummiriemen fixiert, mitten in einem großen fensterlosen, aber, wie im Krankenhaus üblich, hell erleuchteten Raum. Um ihn herum stand medizinisches Inventar, Tische und Schränke voll mit Scheren, Messern, Zangen, Klemmen, Nadeln und Spritzen. Auch Fläschchen und Kolben mit farbenfrohen Flüssigkeiten waren vorhanden. Zwischen den Skalpellen blitzten stählern und steril auch einige kleine Berettas, die die allgemeine chirurgische Harmonie ein wenig störten und bedeuteten, dass dies hier doch kein Krankenhaus war. Er verzog das Gesicht gegen das Scheinwerferlicht, von allen Seiten glotzten glupschäugige Kameras auf seinen nackten Körper.
    »Guten Morgen, Jegor Kirillowitsch«, kam eine muntere Stimme plötzlich hereingelaufen. »Ich bin der Regisseur Mamajew. Herzlich willkommen bei >Kafka's Pictures    Über Jegor beugte sich eine tadellos perfekte Gestalt, ein jugendlich wirkender Mann mit den klassischen Gesichtszügen eines verdienten Schauspielers, der, etwas in die Jahre gekommen, noch immer den Dorian Grey und den Tschazki an Gouvernement- und Regionalbühnen gibt.
    Zwischen den schlanken Fingern seiner rechten Hand klapperte eine chromglänzende kleine Zange.
    »Also, warum haben Sie mich gesucht, erzählen Sie.« Mamajew lächelte lebensbejahend. »Und dann erzähle ich Ihnen, warum ich mich so freue, Sie heute bei mir zu empfangen. Sehr freue, sehr ...«
    »Wo ist Plaksa? Lebt sie? Oder hast du sie umgebracht?«, wollte Jegor knurren, doch seine Stimme versagte plötzlich, und es wurde nur ein Grunzen.
    »Sind wir per Du? Haben wir etwa Bruderschaft getrunken? Nun, das ist Ihre Sache. Ich bleibe doch lieber beim Sie, ich kann nicht anders. Alte Schule.« Der Regisseur lachte beinahe lauthals. »Aber was kümmert Sie Plaksa? Und was kümmern Sie Plaksa? Was spielt es für eine Rolle, schließlich lieben Sie sie nicht, und sie liebt Sie auch nicht.«
    »Es spielt eine Rolle.«
    »Vielleicht weiß ich ja gar nicht, was mit ihr ist. Sie haben einen Film gesehen, in dem sie mitspielt, haben alles stehen und liegen lassen und sind Hals über Kopf hergeeilt. Dabei ist es hier nicht ungefährlich. Das hier ist kein Film, das hier ist echt. Wie kommen Sie darauf, dass sie ... nun ... dass sie zu Schaden gekommen sein könnte?«, räsonierte Mamajew, optimistisch mit den Augen funkelnd.
    »Die Szene von ihrem Leiden und ihr Tod - das war zu naturalistisch«, presste Jegor eine idiotische Erklärung hervor. »Das war nicht gespielt.«
    »Spezialeffekte! Sie haben veraltete Vorstellungen vom Genre. Mit Computeranimation geht alles, die Schauspieler werden von Jahr zu Jahr weniger benötigt, bald werden wir ganz ohne sie auskommen.«
    »Sie hatte Schmerzen. Das war zu sehen. Und ihr Gesicht. Mit einem solchen Gesicht... So stirbt man.«
    »Da will ich nicht mit Ihnen streiten. Davon verstehen Sie mehr. Sie wissen, wie Menschen sterben«, triumphierte der Künstler. »Sie haben ja schon viele getötet, Sie kennen sich aus. Also gut, mögliche Versionen. Die erste: Es war ein Film und weiter nichts. Ihre Plaksa liegt gerade mit ihrem nächsten Producer irgendwo auf Sardinien am Strand und lässt es sich gut gehen. Aber diese Version befriedigt Sie nicht. Warum wären Sie sonst hier? Sie wollen eine Tragödie. Bitte

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