Nahkampf der Giganten
ich versichere Ihnen, es wird keine Franzosen dort geben.« Grausam glitzerten seine Augen. »Die spanische Garnison weiß ganz genau, daß sie es mit
mir
zu tun kriegt, wenn sie so dumm ist und sich diesen französischen Kuhbauern ergibt!«
Eine Stimme unterbrach Bolithos düsteres Grübeln: »Land! Land in Luv voraus!«
Nervös fuhr er herum. »Fallen Sie einen Strich ab, Mr. Gossett!« Und zu Quarme: »Lassen Sie ›Klar Schiff zum Gefecht‹ anschlagen, bitte, aber lassen Sie noch nicht laden oder ausrennen.«
Wieder schrillten die Pfeifen, und als sich die dunklen Decks mit wimmelnden Gestalten füllten, fragte Quarme gelassen: »Wollen Sie dem Admiral Bescheid sagen, Sir?«
Unter Deck erhob sich ein mächtiges Getrampel und Gescharre: Trennwände wurden umgelegt, allerlei herumstehendes Geschirr unter die Wasserlinie geschafft, damit die Geschützbedienungen nicht behindert wurden.
»Sir William wird es wohl schon gemerkt haben, Mr. Quarme«, entgegnete Bolitho trocken.
Er hatte kaum ausgeredet, da spritzte ein Midshipman von der Kampanje herbei und stammelte ganz außer Atem: »Empfehlung vom Admiral, Sir, und… und…« Er stockte, weil ihn alle gespannt anblickten.
»Also mein Junge, was hat er nun gesagt?« fragte Bolitho.
Der arme Midshipman stammelte: »Er hat gesagt: ›Was, zum Deibel, soll der Quatsch‹?«
Bolitho hielt seine Stimme unter Kontrolle. »Richten Sie Sir William meinen Respekt aus und informieren Sie ihn, daß ich soeben ›Klar Schiff zum Gefecht‹ habe anschlagen lassen.« Und mit einem kalten Blick auf Quarme: »Aber wie ich sehe, dauert das bereits über zehn Minuten.« Er sah, wie Quarme erstarrte, und fuhr gleichmütig fort: »Geben Sie mir mein Glas.« Dann zog er sich in die Besanwanten hinauf und enterte auf, die erstaunten Blicke der anderen in seinem Rücken. Langsam quälte er sich zur Besansaling empor und spürte dabei die klammen, schwankenden Webeleinen durch die Schuhsohlen; zu seinem eigenen Ärger war sein Griff fester als nötig, beinahe ein krampfhaftes Anklammern. Große Höhen waren ihm zuwider, und zwar seit er zum erstenmal, als zwölfjähriger Midshipman, aufgeentert hatte. Auch jetzt tat er es nur aus Wut und Stolz, das wußte er recht gut, und dieses Wissen ärgerte ihn um so mehr.
Er hakte ein Bein um die hölzerne Spiere und zog das Teleskop aus. Tief unter ihm lag das Deck in bleichem Dämmerlicht, aber es war schon hell genug, um Einzelheiten auszumachen: die schwarzen Verschlüsse der Kanonen unter den Decksgängen; am Vormast das Karree von Hauptmann Ashbys Seesoldaten; fast schwärzlich schimmerten die scharlachroten Uniformen in dem seltsamen Licht; und achtern, bei der Heckreling, konnte er den schwachen Lichtschimmer aus dem Oberlicht erkennen. Sir William mußte inzwischen hellwach sein. Er würde knurren und schimpfen, weil er keine Meldung bekommen hatte; aber Bolitho hatte inzwischen gelernt, daß der Admiral sehr schnell mit Vorwürfen bei der Hand sein würde, wenn er als Kommandant irgendetwas übersah. Doch all das vergaß er, während er sein Glas aufstützte und mit elastischen Muskeln das Schwanken und Vibrieren des Mastes auffing. Da lag die Insel, unverkennbar. Sie näherten sich ihr von Südosten, dicht am Wind und auf Steuerbordbug, so daß sich die drei Berge überschnitten und gegen den stumpfgrauen Himmel so aussahen wie ein riesiger, zerknautschter Dreispitz.
Vom Hauptdeck her scholl ein metallisches Klirren zu ihm empor, gefolgt von dem wütenden Schimpfen eines Unteroffiziers, den er nicht sehen konnte. Bolitho schob sein Glas zusammen und enterte rasch ab. In der Eile vergaß er sogar seine Höhenangst.
»Sorgen Sie dafür, daß die Männer still sind, Mr. Quarme! Wir sind weniger als drei Meilen von der Insel entfernt. Wenn die drüben tatsächlich noch schlafen, dann möchte ich nicht, daß sie vorzeitig aufwachen.«
»Das war
ich,
Bolitho! Auch ich wollte noch ein bißchen schlafen!«
Bolitho fuhr herum und erblickte den Admiral, der wie ein bleiches Gespenst unter der Kampanjetür stand. Er hatte nur einen Rock über sein langes weißes Nachthemd geworfen, und auf seinem Schädel saß wie der Löschtrichter auf einer Kerze noch die rote Nachtmütze. Es gelang Bolitho, in dienstlichem Ton zu antworten: »Ich muß um Entschuldigung bitten, Sir. Aber es schien mir klüger, auf alles vorbereitet zu sein.«
Der Admiral glotzte ihn böse an. »Das sagen
Sie
!«
Hinter ihm tauchte Gimlett auf, nervös ein Tablett
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