Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Ordnung. Wir werden schon einen Termin finden.“ Er schaute an mir vorbei zu Pippa und Leah, die von dem Tablett einer nicht ganz so kleinen Meerjungfrau Hühnchenstreifen nahmen. „Die beiden sind schon zwei kleine Diven, was. Ich hab ja immer gedacht, Leah wäre eine Prinzessin. Aber Pippa – wow.“
Ich lachte. „Sie ist schon eine Nummer, was?“
„Sie ist ein wunderschönes kleines Mädchen.“
Ich fragte mich, ob er wusste, dass ich ihre leibliche Mutter war. Dann fragte ich mich, ob ich es ihm erzählen sollte oder ob das zu angeberisch klang. Devon hätte nichts dagegen. Steven schon.
„Oh ja, das ist sie“, sagte ich nur.
„Die Fotos, die du von ihr gemacht hast – wow. Einfach klasse.“
Ich lächelte. „Danke.“
„Wie lange fotografierst du schon?“
Für den Rest der Party unterhielten wir uns über Fotografie und Kunst, über Kinder und Arbeit. Über das Leben in Zentralpennsylvania und wie seltsam es einem hier manchmal vorkam, wenn man von woanders herzog. Chad war zwar in der Nähe aufgewachsen, aber er hatte einige Jahre in Kalifornien verbracht. Und ich stammte aus einem Vorort von Philadelphia.
„Das ist eine hübsche Kette“, bemerkte er nach einer Weile. Wir beobachteten, wie die Kinder sich zusammenrotteten, um eine Piñata zu zerschlagen.
Ich hob meine Kamera und stellte sie scharf. „Danke. Meine Mutter hat sie mir geschenkt.“
„Bist du Jüdin?“
Zielen, klicken. Ich hielt die Kamera vor mein Gesicht. „Ähm …“
Er lachte. „Meine Schwester ist Jüdin. Darum frag ich.“
Ich machte eine Aufnahme von einem kleinen Jungen mit Fliege, der so hart er nur konnte gegen die wie ein Seestern geformte Piñata schlug. Nicht mal eine Delle. Ich schaute Chad von der Seite an.
„Deine Schwester ist Jüdin, aber du bist kein Jude?“
„Sie ist vor ihrer Hochzeit konvertiert.“
„Ach so.“
„Sorry, es geht mich ja nichts an. Es ist nur ungewöhnlich. Ich meine die Kette. Also, sie ist sehr schön.“
Ich berührte den Anhänger und unterbrach meine Fotosession für einen Augenblick. „Danke schön. Es war eines dieser Geschenke, bei denen ich irgendwie erst dachte, was zum Teufel soll das? Ich trage sie aber trotzdem.“
„Ich besitze ein paar Pullover, bei denen es mir genauso ging.“
Wir lachten. Ich machte noch mehr Fotos von den Kids und Devon, der inzwischen von der hartnäckig heil bleibenden Piñata so genervt war, dass er aus der Rückseite einfach ein paar Bänder zog und jedem Kind eines gab. Sie mussten alle gleichzeitig daran reißen, und schon regnete es Süßigkeiten. Ich fand ja, sie hätten inzwischen schon genug Zucker intus, aber was soll’s. Ich war ja nicht diejenige, die heute Abend versuchen musste, die aufgedrehten Kids von der Zimmerdecke zu pflücken.
„Dann ist deine Mutter Jüdin, aber du bist es nicht?“
Ich wandte mich von der süßen Völlerei ab. „Lange Geschichte. Aber ja, irgendwie ist das wohl so. Keine Ahnung.“
„Ich bin aufdringlich“, sagte Chad. Es klang nicht entschuldigend. „Tut mir leid. Ich vermute einfach, es liegt daran, dass ich in letzter Zeit viel darüber nachgedacht habe, wegen Leah. Wir wollen ihr alle Glaubensrichtungen und Kulturformen offenlassen, verstehst du? Von uns war keiner bisher besonders religiös. Aber ich hätte schon gern, dass sie an etwas anderes glaubt als den Weihnachtsmann und den Osterhasen. Und Luke ist ein optimistischer Agnostiker, was die Sache auch nicht leichter macht.“
„Was ist das?“
„Jemand, der nicht sicher ist, ob es einen Gott gibt. Er hofft es einfach.“
Wir lachten wieder. Ich grübelte über das Gesagte nach und dachte, dass Freundschaften doch manchmal aus überraschenden Gründen an völlig unerwarteten Orten entstehen. „Mein Dad ist ein streng gläubiger Katholik. Meine Mom wurde irgendwann orthodoxe Jüdin. Als ich klein war, waren sie gar nichts. Sie haben es mir überlassen, zu entscheiden, woran ich glauben wollte. Und jetzt … Also, wenn man es genau nimmt, kann ich mich nicht entscheiden, woran ich glaube.“
„Wirklich?“ Chad runzelte die Stirn. „Siehst du, dieses Offenlassen, das wollte ich Luke auch beibringen, aber er ließ sich nicht überzeugen.“
Wir schauten zu seinem Lebensgefährten rüber. Luke war ein attraktiver schwarzer Mann mit einem glatt rasierten Schädel und einem lauten, ansteckenden Lachen. Ich schaute Chad an. „Willst du meine Meinung hören? Was ich dir mit meiner Erfahrung raten würde?“
Er
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