Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
übel.
„Ich nehme sie.“
„Sehr schön, sehr schön. Ich hole Ihnen eine aus dem Lager“, sagte Lyle. „Und für dich, Olivia? Möchtest du heute was kaufen? Die D3 vielleicht?“
Er wusste von meiner Schwäche für die D3. Er wusste auch, dass ich sie mir vermutlich nie würde leisten können. Trotzdem fragte er jedes Mal.
„Führe mich nicht in Versuchung, Lyle.“
„Was ist die D3?“, fragte Alex, während Lyle im Lager verschwand, um ihm eine originalverpackte Kamera zu holen.
„Komm, ich zeig sie dir.“ Ich führte ihn zur Vitrine. „Die ist herrlich, oder?“
Er schwieg lange genug, um zu erkennen zu geben, dass er den Unterschied zwischen meiner Traumkamera und jeder beliebigen anderen nicht sah, antwortete aber brav: „Klar.“
Ich lachte. „Es ist eine tolle Kamera. Das Beste, was es gibt. Allerdings ist sie für mich zu teuer.“
„Ach so. Es ist also so etwas, wofür man seinen Erstgeborenen verkaufen würde?“
Ich zögerte und dachte an meine Erstgeborene. „Nein, das nicht. Aber vielleicht könnte ich eine Niere dafür verkaufen.“
Alex beugte sich vor und schaute in die Vitrine. „Wie viel kostet sie?“
„Zu viel“, sagte ich. Lyle kam zurück.
Alex bezahlte für seine Kamera und kaufte noch eine Menge Zubehör dazu: eine Hülle, einen zweiten Akku, ein Ladegerät fürs Auto, eine Speicherkarte. Er stattete die Kamera aus wie ein Showpony, und während ich ihm dabei zusah, konnte ich nicht mal neidisch werden, weil er das Geld einfach so ausgab, als wär’s für ihn gar nichts. Seine Freude über das neue Spielzeug war ansteckend. Er machte die ersten Fotos, sobald wir den Laden verließen.
Er ließ mich vor dem Auto posieren. Er schmiegte sich an mich, hielt die Kamera auf Armeslänge weg, um ein Foto von uns beiden zu machen, und lachte, weil sein Kopf halb abgeschnitten wurde. Er fotografierte mich, wie ich hinter dem Lenkrad saß, und sich, wie er auf dem Beifahrersitz saß, und dann machte er noch versehentlich eins von seinem Schritt.
„Wieder eins für den Kühlschrank“, sagte ich, als er es mir zeigte.
Als wir zu Hause ankamen, hatte Alex bereits so um die fünfzig Fotos geschossen – von mir, vom Auto, von der Umgebung. Von sich selbst. Die meisten waren unscharf, und nur ein paar waren annähernd brauchbar, aber er hatte viel Spaß dabei. Er drängte mich in die Ecke neben dem Auto, und diesmal machte er ein Foto von uns, bei dem beide Köpfe abgeschnitten waren.
„Vielleicht sollte ich das doch lieber dir überlassen“, meinte er selbstkritisch.
„Du wirst bestimmt bald besser.“
Hand in Hand gingen wir zur Hintertür, wo ein Plastikbehälter stand, der vorher noch nicht da gestanden hatte. Ich erkannte den Behälter sofort, weil ich dabei gewesen war, als Patrick ihn bei Costco gekauft hatte. Ich ließ Alex’ Hand los und bückte mich.
„Was zum Teufel …“
Ich klappte den Deckel auf. Ein Paar Handschuhe, ein Schal. Mein kleines Täschchen mit den Ohrstöpseln. Mein Schlafshirt. Das Brettspiel Balderdash, das ich für die Silvesterparty mitgebracht hatte. Nichts, ohne das ich nicht hätte auskommen können. Ich schob eine Keksschachtel beiseite, und mein Herz stockte.
Patrick hatte auch das Foto zurückgebracht, das ich von ihm und Teddy gemacht hatte. Das war schlimm. Schlimmer als schlimm. Selbst wenn wir uns wieder vertrugen und diesen Streit hinter uns ließen, hatte er das Geschenk, das ich so sorgfältig ausgesucht hatte, damit ruiniert. Ich konnte es ihm nie zurück-geben,und ich konnte es niemals behalten. Es würde uns immer an diesen Streit erinnern. Es wäre besser gewesen, wenn er es einfach weggeworfen hätte.
Alex drückte meine Schulter. „Alles in Ordnung?“
Ich schüttelte den Kopf.
Er seufzte und schloss mich in die Arme. „Er ist ein Arschloch. Lass nicht zu, dass er dir das antut.“
Kein liebes Wort und kein Kuss konnte mich über das hinwegtrösten, was ich gerade fühlte. Ich nahm den Plastikbehälter und warf ihn in den großen Müllcontainer. Entschlossen klappte ich den Container zu. Alex beobachtete mich stumm.
„Lass uns reingehen“, sagte ich.
Thema erledigt.
12. KAPITEL
Ich hatte es noch nie erlebt, dass Patrick und ich nach einem Streit länger als ein oder zwei Tage nicht miteinander redeten. Wir waren eigentlich ständig in Kontakt. Selbst wenn er in den Urlaub fuhr, rief er an oder schickte mir SMS, und wenn ich die Stadt verließ, fand ich immer Zeit, mich bei ihm zu melden. Jetzt hatte
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