NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)
immer vermeiden, wenn man erbitterten, verblendeten Feinden gegenübersteht. So wie du selbst einer bist. Schlau. Intelligent. Aber verblendet.«
Sol wird sich bewusst, dass Sorrce recht hat. Sie wollten ihn dazu bringen, diese Ungetüme zu schützen. Diese Apparate zu retten. Nur, um noch mehr forschen zu können. Nur, um noch bessere Waffen erschaffen zu können. NAM-Waffen. NAM-Krieger. Tödliche und gewissenlose Maschinenmenschen.
»Siehst du nun, dass ich es mit den Menschen gut meine?«, fragt Sorrce. »Wir müssen deine Firma aufhalten – wir müssen die Menschheit selbst aufhalten und die Geißel, die sie sich in dieser Zeit erschafft, vernichten.«
Er streckt seine dürre Hand aus und verharrt vor der stummen, schwarzen Kälte der Integrationsmaschinerie. Es ist, als wage er es nicht, sie zu berühren. Die blauen Lichter spielen mit den Umrissen seiner Haut, tanzen auf seinen Wunden und lassen ihn fremd erscheinen.
»Wirst du mir dabei helfen?«, fragt er.
Sol wankt und schwankt, obwohl er sich nicht rühren kann. Er antwortet nicht, aber er will etwas fragen. Er sieht in sein Innerstes und fühlt sich alt. Oder tot. Die Stimme, die durch den Knoten gegangen ist, fragt ihn nach seiner Hilfe. Sie fragt ihn, ob er sich selbst aufgeben will. Ob er die Seiten wechseln kann. Für die Hoffnung. Für die Menschheit.
Ist das der wahre Grund?
»Was war das für ein Logo?«, fragt er plötzlich. »Dieses Bild, diese Meldung. Ein geschwungener Schriftzug. Grüne Säulen. Was war das?«
Sorrce zeigt keine Regung.
Das war Trans-Humaine, du Hund,
flucht Sol innerlich.
Gib es zu! Du wartest nur darauf, dass sie die Com-Leitungen knacken und zu dir durchdringen. Du bist kein Messias, du bist gekauft!
Die Eisenaugen sagen nichts. Sie verraten nichts. Aber sie schweigen zu lange. Und Sorrce verteidigt sich nicht.
Ich soll dir helfen! Ich soll meine Leute verraten und dir die Positionen der Forschungsstationen nennen!
»Wo ist Sara? Was hast du mit ihr gemacht? Und wo sind Nicci und Vince?«
Sorrce berührt die Haut der Jungfrau. Es knistert, und das Knistern übertönt das Gebrüll des Gefangenen, der zu schreien beginnt:
»Wo ist sie? Wo ist sie? Du kranker Hund, du dreckiger Verräter, wo ist sie?«
Er schreit und schreit und er will eine Antwort. Sorrce hört ihn und entscheidet: Er bekommt die Wahrheit, er bekommt eine Antwort. Es ist nicht die, die er gerne hören würde, aber es ist eine Antwort.
Der elende Wurm, der zu seinen Füßen kriecht, sich nur dann bewegt, wenn er es will und nur dann sprechen darf, wenn er es erlaubt – er lehnt seine Bitte ab. Was würde ihm die Wahrheit noch nützen? Wie kann ihm das noch helfen?
So viele Fragen schwirren durch sein gefoltertes Hirn, und tatsächlich glaubt er, es würde irgendetwas ändern, wenn er nur die Antworten wüsste. Sorrce entscheidet sich, ihm die Fragen
vollständig
zu beantworten. Es kostet ihn nicht viel. Mit einem Fingerschnippen schalten sich die Wand-Displays ein, stabilisieren ihre flatterhaften Bilder und geben die Wahrheit preis. Sorrce beobachtet Sols Ausdruck. Seine fahlen Züge. Seine eingefallenen Augen, die entsetzt hervorzutreten scheinen. Er kann diesen Augen emotional nichts abgewinnen, obwohl sie den Schock in seiner Gesamtheit zeigen, als der Gefangene das Logo von Trans-Humaine, die Zelle von Sara Cobrique und die sauber sezierten Körper von Vince Volt und Nicci Tessini erblickt. Es hat sich nicht gelohnt. Der Gefangene ist nicht mehr zu gebrauchen.
Dennoch lächelt Sorrce, denn er sieht eine kleine Anzeige, die ihm klarmacht, dass der Angriff auf die Schutzalgorithmen des NAM-Com endlich erfolgreich gewesen ist, und die Positionen der drei Forschungsstationen in weniger als 100 Millisekunden durch die Leitungen von Trans-Humaine gejagt werden können. Was soll's, der Wurm kann geopfert werden. Vielleicht wird er als Prüfling noch nützlich sein. Vielleicht kann man hinterher seine Daten noch verwenden. Das Warten hat ein Ende.
»Auf Wiedersehen, Sol«, sagt er sanft.
Und er gleitet zurück in die Schatten, während unsichtbare Impulse in den Anzug schießen, die Aktuatoren stimulieren und den Gefangenen in die Arme der eisernen Jungfrau treiben, die ein grausiges Werk beginnt.
Als die Kontakte schließen, wird es dunkel in Knoten 2. Nur die Apparatur leuchtet und flackert, ohne den Prozess zu offenbaren, der in ihrem Bauch stattfindet. Die Augen, die auf sie schauen, gehören unwichtigen Betrachtern. Sie sind neu hier
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