Namibia
kaum vorhandene Einheitsgefühl der Damara beträchtlich stärkte. Die Damara hatten nun erstmals einen gemeinsamen „Repräsentanten“, der für ihre Belange eintreten konnte. Diese Entwicklung setzte sich 1974 mit der Gründung einer eigenen politischen Partei fort.
Das soziale Gefüge der Damara basiert traditionell auf der Großfamilie, die grundlegende Einheit einer Dorfgesellschaft ist. Der Mann als Familien- und Dorfoberhaupt stand an der Spitze seiner Großfamilie und besaß die oberste Autorität. Zu seiner Großsippe gehörten seine Frau oder Frauen (Vielehen waren unter den Damara durchaus üblich), die noch nicht verheirateten Kinder sowie die Familien der bereits verheirateten Söhne. Die Hütten, in denen die Damara wohnten, bildeten einen Kreis um einen großen „Dorfbaum“ herum. Dieser Dorfbaum stellte das Zentrum der Dorfgemeinschaft dar, die Eingangstüren aller Hütten wiesen in seine Richtung. Das Dorfoberhaupt wohnte in regelmäßiger Reihenfolge entweder bei der „Großfrau“ oder bei einer seiner „Nebenfrauen“.
Der traditionelle Aufbau innerhalb einer Damara-Dorfgemeinschaft hat sich im letzten Jahrhundert grundlegend verändert. Die Hütten werden nur noch selten in ihrer vormals typischen „Rundform“ angebaut, sondern liegen meist in einer langen Reihe nebeneinander.
Auch das Leben in Großfamilien gibt es nicht mehr häufig bei den Damara. Dies ist vor allem eine Folge wirtschaftlicher Veränderungen, da viele Männer aus Arbeitsgründen ihren Wohnort wechseln mussten und nur ihre Frauen und Kinder, nicht aber die gesamte „Sippschaft“ mitnehmen konnten.
So wie die San und die Nama waren auch die Damara ursprünglich ein Volk der Jäger und Sammler. Mit zunehmender Sesshaftigkeit bildete Kleinviehhaltung die Hauptquelle für ihren Lebensunterhalt . Als Wild und
Veldkost
gegen Ende des 19. Jhs. knapper wurden, versuchten die Damara sich zusätzlich in der Landwirtschaft und bauten beispielsweise Tabak, Weizen und unterschiedliche Gemüsesorten an. Wenig später fanden viele Damara in städtischen Zentren, in Minen oder auf Farmen Arbeit.
Die traditionelle Religion der Damara ist in der Zeit der Unterdrückung durch die anderen Völker stark in den Hintergrund gerückt. Als die Damara unabhängiger wurden, schlossen sichdie meisten von ihnen unter dem Einfluss europäischer Missionare dem Christentum an.
In ihrem ursprünglichen Glauben spielten Ahnengeister eine wichtige Rolle. Die Damara glaubten, dass die Geister von Verstorbenen zurückkehren konnten, um die Lebenden in ihre Totenwelt zu entführen. Deshalb setzten sie viel daran, die Totengeister an ihrer Rückkehr zu hindern: Die Toten wurden in einer Hock-Position mit Riemen zusammengebunden und möglichst weit vom Dorf entfernt begraben. Die Gräber wurden anschließend mit großen schweren Steinen bedeckt. Damit der als Geist zurückkehrende Tote die gesamte Dorfgemeinschaft gar nicht erst wiederfand, wurde oftmals sogar das ganze Dorf verlegt.
Die höchste Gottheit in der traditionellen Religion der Damara hieß Gamab. Gamab wurde von den Damara sowohl als Gott des Lebens als auch als Gott des Todes angesehen. Als Gott des Lebens herrschte er über die gesamte Natur und war damit für das Wohlergehen der Damara verantwortlich. Gleichzeitig war Gamab als Gott des Todes auch derjenige, der die Menschen zu sich holte, indem er von seinem Himmelsort aus einen seiner „Todespfeile“ abschickte.
Fühlte sich ein Damara von Gamabs Todespfeil getroffen, gab er seinen Lebenswillen auf und ergab sich seinem Schicksal. Auch von seinen Verwandten wurde er komplett aufgegeben. Die Damara fürchteten, dass Gamab es als Widerstand deuten würde, wenn sie um einen Sterbenden trauern oder versuchen würden, ihm zu helfen. Deshalb zeigten sie bei Krankheiten oder beim Tod selbst engster Familienangehöriger kaum eine Gefühlsregung – nur demonstrative Gleichgültigkeit.
Nach dem Tod leben die Seelen der Verstorbenen, egal ob gut oder böse, im Himmel weiter, den die Damara „Gamabs Dorf“ nennen. Das Leben in Gamabs Dorf ist dem Leben der Damara auf der Erde sehr ähnlich. Einziger Unterschied ist, dass in Gamabs Dorf alles viel einfacher und besser ist: Das Jagen ist immer von Erfolg gekrönt, und die
Veldkost
ist üppig und vielfältig. In der Mitte von Gamabs Dorf brennt das Heilige Feuer, um das sich Gamab, der Dorfälteste, und die anderen Ältesten versammeln. Sie alle ernähren sich bevorzugt von Menschenfleisch.
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