Namibische Nächte (German Edition)
war sie im Wasser, schrie sie auf. Der Pool war nicht geheizt. Die Kälte hatte sie wie ein Schock getroffen. Das nächste Mal sollte sie die Wassertemperatur vielleicht mit dem Fuß prüfen.
Aber dafür war es jetzt zu spät. Später am Tag war der Pool wahrscheinlich von der Sonne aufgeheizt, aber jetzt, gerade nach dem Frühstück, hatte das Wasser eine nicht sehr menschenfreundliche Temperatur.
Aber wenn sie schon einmal drin war . . . Sie schwamm ein wenig hin und her. Auf einmal sah sie einen Schatten am Poolrand.
»Tuhafeni.« Sie lächelte leicht. »Solltest du nicht in der Schule sein?«
»Die Lehrerin ist krank«, wiederholte Tuhafeni. Sie starrte auf Vanessa im Wasser.
Vanessa breitete die Arme aus. »Willst du reinkommen?«
Tuhafeni schüttelte heftig den Kopf. »Kalt.«
Vanessa lachte. »Das hättest du mir vorher sagen sollen!« Sie schwamm zum Rand und stemmte sich hoch, um den Pool zu verlassen. Schnell rubbelte sie sich mit dem Handtuch ab, aber die Kälte des Wassers verflüchtigte sich, sobald die Sonne ihre Haut wieder traf. Es war nur eine Abkühlung für kurze Zeit.
»Die Lehrerin ist also wirklich krank?«, fragte sie Tuhafeni. »Das hast du nicht nur so gesagt?«
Tuhafeni verstand anscheinend die Frage nicht.
»Die Frau vorhin«, versuchte Vanessa es besser zu erklären. »Sie hat dich nicht in die Schule geschickt?«
»Maria hat mir überhaupt nichts zu sagen«, erwiderte Tuhafeni trotzig. »Sie will nicht, dass ich am Haus bin.«
Vanessa runzelte die Stirn. »Warum das denn nicht?«
»Weil meine Mutter krank war«, erklärte Tuhafeni. »Sie denkt, ich bin auch krank.«
»Du siehst aber ganz gesund aus«, stellte Vanessa fest. »Fühlst du dich denn krank?«
Tuhafeni schüttelte den Kopf.
»Na, dann kann es ja nicht so schlimm sein.« Vanessa schob die Liege etwas mehr in den Schatten, nahm ihr Buch und legte sich hin. »Ich werde ein bisschen die Sonne genießen. Wenn du willst, kannst du ja hierbleiben.«
Tuhafeni lächelte zum ersten Mal, seit Vanessa sie gesehen hatte. »Weiße sind verrückt«, sagte sie. »Die Sonne ist immer da.«
»Du hast leicht reden. Du kennst den deutschen Winter nicht.« Vanessa lachte. »Aber du hast natürlich Recht. Für dich ist die Sonne immer da. Du kennst es wahrscheinlich gar nicht anders.«
Sie lächelte Tuhafeni zu, lehnte sich zurück und schlug ihr Buch auf. Tuhafeni zögerte eine Weile, dann kam sie zu Vanessa herüber und setzte sich neben sie auf den Boden.
Vanessa war nicht sehr erfahren mit Kindern. Sie wusste nicht, was sie mit einem Kind anfangen sollte, das einfach so dasaß. Musste sie mit ihm spielen?
Tuhafeni sah nicht so aus. Sie spielte ganz selbstvergessen mit einem Stöckchen und ein paar Kieselsteinen, die aus der Umrandung des Pools herausgefallen waren. Sie schien niemanden zu brauchen.
Vanessa seufzte erleichtert auf. Dann konnte sie sich ja ihrem Buch widmen.
Sie begann zu lesen, doch nach einer Weile verschwammen die Buchstaben vor ihren Augen, und sie schlief ein.
9
» B ist du wahnsinnig, hier in der Sonne zu schlafen?«
Gleichzeitig mit der Lautstärke eines Presslufthammers an ihren Ohren wurde Vanessa auch von einem brutalen Schütteln ihres ganzen Körpers geweckt.
Sie fühlte sich furchtbar müde, geradezu krank. Nur mit Mühe konnte sie die Augen öffnen. »Kian?« Ihre Lippen waren trocken. Sie klebten zusammen und rissen auf, als sie das Wort formen wollte. Irritiert stellte sie fest, dass sie vermutlich gar nichts gesagt hatte. Nur in ihrem Kopf war der Name entstanden.
Kian riss sie hoch. »Komm sofort weg hier! Du musst ins Haus!«
Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen, wollte Vanessa empört erwidern und sich losreißen, aber ein heftiger Schwindel befiel sie.
Starke Arme fingen sie auf.
»Hast du völlig den Verstand verloren?« Offensichtlich wütend hob er sie hoch und trug sie einfach so den Weg zum Haus hinüber.
Sie konnte nichts dagegen tun. Ihr wurde schlecht. Das Schaukeln, während Kian sie trug, drehte ihr den Magen um. »Ich . . . schlecht . . .«, hauchte sie. Zu mehr war sie nicht fähig.
»Wir sind schon da.« Kian betrat mit ihr das Haus und legte sie auf eine Couch in der Diele. »Isolde?« Während er den Namen rief, entfernte er sich von Vanessa, anscheinend, um Isolde zu suchen.
Na, großartig, dachte Vanessa. Mir geht’s schlecht, und Isolde wird sich ins Fäustchen lachen. Das hat mir gerade noch gefehlt.
In diesem Moment betrat Isolde gemeinsam mit Kian
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