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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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in dem sie nur Zuschauerin war. Allerdings eine Zuschauerin, die im besten Fall Schatten sah.
    Endlich schienen die Schatten sich zu lichten. Auf einmal konnte Vanessa die Sonnenstrahlen erkennen, die zu der Aussparung hereinfielen, die hier als Tür diente, und sie konnte sich auch wieder bewegen.
    Als sie sich umschaute, bemerkte sie, dass sie allein war. Weder die alte Frau noch Tuhafeni waren da, die Hütte war leer.
    Sie richtete sich leicht auf. Kein Schwindel mehr. Ein paar Mal kniff sie ihre Augen zusammen und öffnete sie wieder. Es ging problemlos. Ein leichter Schmerz pochte noch in ihrem Hinterkopf, das war alles.
    Sie wollte aufstehen, da bemerkte sie, dass sie unter den Decken nackt war. Ihr fuhr ein Schreck durch die Glieder. Sie wusste, dass es höchst unwahrscheinlich war, aber plötzlich erinnerte sie sich an Filme, in denen nackte Jungfrauen irgendwelchen Göttern geopfert wurden.
    Nun ja, Jungfrau war sie zwar nicht mehr, aber vielleicht sah man das heute nicht mehr so eng.
    In diesem Moment zeigte sich ein Schatten vor der Tür. Unwillkürlich zog Vanessa die Decke hoch. Ihr Herz schlug bis zum Hals.
    Als sie die Person erkannte, die eintrat, freute sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben, sie zu sehen. »Isolde.« Ihr entfloh ein erleichterter Seufzer.
    Isolde kam durch die niedrige Aussparung herein und trat zu ihr an die Matte. »Ein Glück, dass du hier bist. Wir haben uns furchtbare Sorgen gemacht.« Sie ließ ihren Blick über Vanessa schweifen. »Geht es dir gut?«
    Vanessa zögerte kurz, dann antwortete sie erstaunt: »Ja, es geht mir gut. Glaube ich.«
    »Ich denke schon. Vaanda kennt sich hervorragend mit ihren Kräutern aus.« Isolde lächelte leicht. »Ich hätte dich vielleicht sogar selbst hergebracht, aber Kian ist total dagegen. Er will den Glauben an Witchcraft nicht noch unterstützen.«
    »Ist das so was wie Voodoo?«, fragte Vanessa verwirrt.
    Isolde lachte. »Manche versuchen, ihm so einen Anschein zu geben, aber ich würde sagen, es ist einfach nur altes Wissen, das uns unerklärlich erscheint. Und der Glaube daran, dass es wirkt.« Sie streckte ihren Arm aus. »Es ist wohl am besten, wenn ich dich jetzt wieder nach Hause bringe.«
    Vanessa blickte verlegen an sich herunter. »Siehst du hier irgendwo meine Kleider?«
    Isolde schaute sich um, ging in eine Ecke und holte ein Bündel. »Hier«, sagte sie. »Zieh dich an und komm dann nach draußen. Ich warte.«
    Kurz darauf saß Vanessa neben Isolde im Bakkie, und sie rumpelten zum Farmhaus zurück. Im Rückspiegel wurde das Dorf mit den Hütten immer kleiner.
    »Wir hätten gleich darauf kommen können, dass du in der Werft bist«, sagte Isolde. »Als du plötzlich verschwunden warst, konnten wir es uns zuerst nicht erklären. In deinem Zustand . . . Aber manchmal machen Leute mit einem Sonnenstich die komischsten Dinge.«
    »Was . . .« Vanessa drehte sich im Sitz und schaute noch einmal zu den Hütten zurück. »Was war das? Was ist passiert? Ich habe kaum etwas mitbekommen.«
    »Vaanda hat dich besser behandelt, als es wahrscheinlich jeder Arzt hätte tun können«, erklärte Isolde. »Sie tut das für alle ihre Leute. Ich bin auch nicht ganz sicher, was sie da macht. Aber es wirkt. Dich zum Krankenhaus zu bringen, hätte Stunden gedauert. Also haben sie wohl beschlossen, dass du hier besser aufgehoben bist. Kian war fuchsteufelswild, als er es erfahren hat. Einen ganzen Tag lang wussten wir nicht, wo du warst. Er ist wie ein Verrückter durch den Busch gefahren, noch lange, nachdem es dunkel war.«
    »Er hat mich gesucht?«, fragte Vanessa.
    »Was meinst du, was passiert, wenn uns ein Gast abhanden kommt und vielleicht sogar im Busch verdurstet, weil er kein Wasser dabei hat?« Isolde schaute sie an. »Das wäre eine Katastrophe.«
    Oh ja, ein Gast. Sie war ein Gast. Es hatte nichts mit ihr persönlich zu tun. Kian hätte nur den größten Ärger gekriegt. Das wollte er vermeiden. Er hätte nach jedem Gast gesucht, nicht nur nach Vanessa.
    Es ging nicht um sie, nur um den Ruf seiner Farm.

10
    V anessa konnte kaum glauben, dass sie lediglich vierundzwanzig Stunden in der Werft, dem Teil der Farm, in dem die schwarzen Arbeiter lebten, verbracht hatte. Es war wie ein Traum, an den sie sich nur lückenhaft erinnerte, der aber eine viel größere Zeitspanne zu umfassen schien.
    Alles hatte sich verändert. Schon als sie in diesem Land angekommen war, hatte sie eine gewisse Verbundenheit gespürt, nun schien sie sich noch

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